Politik

Zschäpe den Vortritt gelassen Wohlleben sagt noch heute im NSU-Prozess aus

Wohlleben im Münchner Gerichtssaal.

Wohlleben im Münchner Gerichtssaal.

(Foto: dpa)

Ralf Wohlleben gilt als der wichtigste Helfer des NSU-Trios. Im Münchner NSU-Prozess schwieg er bisher zu allen Vorwürfen. Doch unmittelbar nach der Aussage von Beate Zschäpe will auch der ehemalige NPD-Funktionär aussagen.

Zweieinhalb Jahre sitzt Ralf Wohlleben nun schon im Münchner NSU-Prozess auf der Anklagebank. Während sich alle Blicke auf Beate Zschäpe richten, wird dem früheren NPD-Funktionär nur selten Aufmerksamkeit zuteil. Dabei sitzt er bereits seit dem 29. November 2011 in Untersuchungshaft - fast genauso lange wie Zschäpe. Nun will auch er sich zu den Vorwürfen einlassen - und zwar noch vor der Mittagspause.

Im NSU-Prozess ist er der Beihilfe zum Mord angeklagt. Er soll die Ceska-Pistole besorgt haben, mit der acht Migranten aus Fremdenhass getötet wurden. Außerdem soll er 1998 Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, die er seit Anfang der 1990er Jahre aus dem Winzerklub in Jena-Winzerla kennt, beim Untertauchen finanziell geholfen und ihnen auch später Geld zukommen lassen haben. Vor allem in den ersten Jahren der Illegalität koordinierte er wohl den Kontakt in den Untergrund, schickte über Kuriere Kleidung und Geld, das er bei Szenegrößen eingeworben hatte. Auch um juristische Unterstützung und mögliche Fluchtrouten soll er sich gekümmert haben.

Genau wie Zschäpe hat auch Wohlleben bisher geschwiegen, und genau wie sie will nun auch er plötzlich aussagen. Die Gründe, die ihn dazu bewogen haben, hat er in einer Erklärung erläutert, die seine Verteidigerin Nicole Schneiders, die als Szeneanwältin gilt, auf rechten Internetseiten platzierte. Unter dem Titel "Der Wahrheit eine Gasse" kündigte sie an, dass Wohlleben sein Schweigen brechen werde.

Letzte Versuche

Ihr Mandant müsse in einem "Akt der Notwehr" einige Dinge "klarstellen", um den "dreisten Lügen" einiger Mitangeklagter "seine Sicht der Geschehnisse entgegen zu stellen". Holger G. und Carsten S. hatten Wohlleben in ihren Aussagen schwer belastet. Vor allem S. hatte über Wohlleben im Prozess gesagt, der habe ihn beauftragt, in einem Szeneladen in Jena die Pistole vom Typ "Ceska" zu kaufen, mit der die mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt neun ihrer zehn Mordopfer erschossen haben sollen. Wohlleben habe S. auch das Geld für den Kauf der Waffe gegeben. Diese Aussage war allerdings schon 2013. Warum der bis heute in der rechtsextremen Szene bestens vernetzte Wohlleben so lange mit seiner Entgegnung wartete, bleibt sein Geheimnis.

Für ihn könnte ebenso zutreffen, was viele Prozessbeobachter auch bei Zschäpe vermuten: Im Prozess mehren sich die Zeichen, dass es zumindest für Wohlleben und Zschäpe auf lange Haftstrafen hinauslaufen könnte. Alle seine Anträge, wie die anderen NSU-Helfer aus Untersuchungshaft entlassen zu werden, scheiterten unter anderem mit dieser Begründung.

Und wenn die Urteile erstmal gefallen sind, interessiert sich möglicherweise niemand mehr dafür, was die Angeklagten noch zu sagen hätten. Das letzte was Wohlleben will, ist wohl den Eindruck hinterlassen, man habe ihn jetzt kleingekriegt. Seit Wohlleben in Haft sitzt, gibt es immer wieder Aktionen für "Wolle", wie er in der Szene genannt wird. Dabei fließt auch finanzielle Unterstützung an seine Familie. Deshalb wendet er sich auch vor allem an seine Gesinnungsgenossen. "Herr Wohlleben ist seinen Idealen und politischen Überzeugungen treu geblieben und wird dies auch in Zukunft bleiben. Seine Aussage ändert hieran nichts."

Anders als Zschäpe will Wohlleben seine Aussage selbst vortragen und Fragen aller Prozessbeteiligten beantworten.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen