Nach Raketeneinschlag Wütende Demonstranten fordern: "Nieder mit Israel"
18.10.2023, 00:29 Uhr Artikel anhören
In muslimisch geprägten Ländern ist klar: Israel trägt die Verantwortung für den Raketeneinschlag in einem Krankenhaus im Gazastreifen. In Jordanien, im Libanon, dem Iran und anderen Ländern gehen die Menschen zu Tausenden auf die Straßen. Die Krisendiplomatie wird noch schwieriger.
Nach einem Raketeneinschlag in einem Krankenhaus im Gazastreifen ist es in mehreren muslimisch geprägten Ländern zu spontanen Protesten gekommen. In Jordaniens Hauptstadt Amman versuchten Demonstranten zur israelischen Botschaft zu gelangen, wie die jordanische Nachrichtenagentur Petra am Dienstagabend meldete. Berichte über die Stürmung des Gebäudes wiesen jordanische Sicherheitskreise den Angaben nach zurück. Die Demonstranten seien aus dem Bereich entfernt worden. Videos in den sozialen Medien zeigten, wie sie "zur Botschaft" riefen.
Vor dem israelischen Konsulat in der türkischen Millionenmetropole Istanbul versammelten sich am Abend zahlreiche Demonstranten. Einige schwenkten palästinensische Flaggen und skandierten: "Nieder mit Israel!", wie eine Übertragung der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zeigte. Die Polizei war demnach mit einem Großaufgebot vor Ort, um das Konsulat im Stadtteil Levent zu schützen. In Tunesiens Hauptstadt Tunis protestierten Hunderte nach dem Vorfall vor der Botschaft Frankreichs, wie die Staatsagentur TAP meldete. Auch im irakischen Bagdad versammelten sich Augenzeugen zufolge Hunderte im Zentrum der Stadt.
In den südlichen Vororten von Beirut strömten Augenzeugen zufolge Hunderte Hisbollah-Anhänger auf die Straßen und forderten, Tel Aviv zu bombardieren. In Beirut setzte die Polizei laut Zeugenaussagen Tränengas gegen Demonstranten nahe der US-Botschaft ein. Die Hisbollah rief am späten Abend einen "Tag des beispiellosen Zorns" gegen Israel aus. Dieser richte sich auch gegen den für Mittwoch geplanten Solidaritätsbesuch von US-Präsident Joe Biden in Israel. Biden wolle das "kriminelle Regime unterstützen". Die libanesische Miliz erklärte, Worte der Verurteilung reichten nicht mehr aus. Sie forderte die Menschen in der arabischen und islamischen Welt auf, ihrer Empörung bei Protesten Ausdruck zu verleihen.
Im Iran rief eine Menge im Stadtzentrum Teherans "Nieder mit Israel", wie Videos der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA zeigen. Die Regierung erklärte den Mittwoch zum Trauertag. Irans Außenamtssprecher verurteilte den Angriff aufs Schärfste und machte den Erzfeind Israel verantwortlich. Weit nach Mitternacht zogen Menschenmassen vor die britische Botschaft und schwenkten palästinensische Flaggen. Auch vor der französischen Vertretung gab es Proteste. Die USA und Israel unterhalten keine diplomatischen Beziehungen zu Teheran und haben deshalb keine Botschaften im Iran.
Rückschlag für diplomatische Bemühungen
Elf Tage nach dem verheerenden Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel will Biden unter anderem ein Gespräch mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu führen. Anschließend standen eigentlich auch Gespräche mit Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi, Palästinenserpräsident Mahmut Abbas und dem jordanischen König Abdullah II. an. Letzterer hat seine Teilnahme aber nach dem Raketeneinschlag im Krankenhaus abgesagt. Biden will nun mit Abbas und al-Sisi telefonieren.
Abbas hatte nach Angaben seines Beraters einen Besuch in Jordanien frühzeitig abgebrochen, um ein Krisentreffen in Ramallah einzuberufen. Die Entscheidung sei "eine Reaktion auf die Gräueltaten, die das palästinensische Volk heute Abend nach dem verbrecherischen Bombenangriff auf das Baptistenkrankenhaus in Gaza heimgesucht haben". Auch Saudi-Arabien macht Israel für den Angriff verantwortlich. In einer Erklärung des saudischen Außenministeriums verurteilte Riad das "abscheuliche Verbrechen" aufs Schärfste. Die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar sehen die Schuld bei Israel. Katar sprach von einem "brutalen Massaker" und einem "abscheulichen Verbrechen gegen wehrlose Zivilisten".
Durch den Einschlag in dem Krankenhaus im Gazastreifen sollen nach Angaben des dortigen Gesundheitsministeriums mindestens 500 Menschen getötet oder verletzt worden sein. Palästinensischen Angaben zufolge ging dieser von israelischen Bombardements aus. Israel weist das zurück. Das israelische Militär machte den Islamischen Dschihad im Gazastreifen verantwortlich. Informationen deuten demnach auf einen fehlgeschlagenen Raketenabschuss der militanten Palästinenserorganisation hin.
Quelle: ntv.de, ino/dpa