Taurus- und Bodentruppen-Debatte X-Nutzer trollen Kanzler Scholz
28.02.2024, 11:39 Uhr Artikel anhören
Kanzler Olaf Scholz wird auf X von Nutzern korrigiert.
(Foto: dpa)
Kanzler Scholz will keine Taurus an die Ukraine liefern. Seine Begründung stößt jedoch auf scharfen Widerspruch von Experten. Auch auf X gibt es Gegenwind. Dabei kommen Community Notes zum Einsatz, die für Fake News gedacht sind. Nun werden damit Scholz' Posts markiert.
Erst geht es um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Dann bricht Frankreichs Präsident Emmanuel Macron noch eine Debatte über die Entsendung von westlichen Bodentruppen vom Zaun. Bundeskanzler Olaf Scholz lehnt beides klar ab - wobei das Nein zur Truppenentsendung auch bei anderen Politikern aus Regierung und Opposition sehr deutlich ist.
Der Kanzler zeigt sich mittlerweile sichtlich genervt von den anhaltenden Diskussionen. Dann sollte er besser nicht sein X-Profil besuchen. Denn auf der Plattform haben Nutzer einen weiteren Weg gefunden, den SPD-Politiker in Fragen des Krieges in der Ukraine unter Druck zu setzen.
Um Fake News entgegenzuwirken, gibt es auf X, dem ehemaligen Twitter, die Funktion der sogenannten Community Notes. Deren Ziel ist es laut X, "eine besser informierte Welt zu schaffen, indem sie Menschen auf X befähigen, gemeinsam Kontext zu potenziell irreführenden Beiträgen hinzuzufügen". Nutzer, die sich für die Funktion bewerben müssen, können also Posts, die sie für falsch halten, nicht nur kommentieren, sondern auch mit Anmerkungen versehen. Diese werden prominent direkt unter dem Beitrag angezeigt - und sind damit viel sichtbarer als einfache Kommentare. Sie werden sogar angezeigt, wenn Beiträge in Medien eingebettet werden.
Kritik an Scholz' Argumenten
Der Name "Community Notes" verweist dabei auf die Rolle der Gemeinschaft. Das heißt, ein Einzelner kann sie nicht einfach so veröffentlichen. Stattdessen werden die Kommentare zuvor von anderen Nutzern geprüft und gegebenenfalls als hilfreich eingestuft. Erst wenn sie genügend Zustimmung gefunden haben, werden sie publiziert. Eine ähnliche Funktion gab es bereits bei Twitter, und sie kam auch zum Einsatz, etwa bei Ex-US-Präsident Donald Trump.
Unter Beiträgen des offiziellen Profils des Bundeskanzlers, @bundeskanzler, ging es am Montag los, als Scholz auf der Chefredakteurskonferenz der Deutschen Presse-Agentur die Lieferung von Taurus sehr deutlich ablehnte. Er begründete das damit, dass dann auch Bundeswehrsoldaten in die Ukraine müssten und Deutschland Kriegspartei werden könnte. Zahlreiche Medien berichteten kritisch über diese Aussage, auch ntv.de. Denn Militärexperten und Fachpolitiker wiesen Scholz' Darstellung zurück.
Als auf @bundeskanzler die Argumentation wiederholt wurde - "Wir werden nicht zur Kriegspartei - weder direkt noch indirekt" - ergänzten Nutzer dies mit diesen kritischen Kommentaren. Da genug Teilnehmer der Community Notes dies als hilfreich einstuften, erschienen sie unter dem Beitrag. Dabei spielt es keine Rolle, ob Scholz' Argumente stimmen oder nicht. Die Community Notes basieren auf dem Prinzip der Schwarmintelligenz und können, wenn genug mitmachen, auch manipuliert sein.
"Olaf, schon wieder?"
Insgesamt dreimal wurden Scholz' Posts mit entsprechendem Kontext versehen, allesamt Beiträge mit Bezug zur Ukraine. Dabei ging es nicht nur um Taurus, sondern auch um die Debatte um Bodentruppen. Als Scholz darauf verwies, dass es diese aus europäischen und NATO-Ländern nicht geben werde, fügten Nutzer Berichte an, dass Macron das eben nicht ausgeschlossen habe. Ob die Community Notes unter Beiträgen des Kanzlers eine konzertierte Aktion von Befürwortern von mehr Waffenlieferungen sind, ist unklar.
Einige Nutzer machen sich aber bereits darüber lustig. Die Sicherheitsexpertin Jessica Berlin, die immer wieder mehr Hilfen für die Ukraine fordert, reagierte mit einem Foto aus dem U-Boot-Thriller "Jagd auf Roter Oktober". "Olaf, you got ANOTHER community note?" (Olaf, du hast SCHON WIEDER eine Community Note?) schrieb sie darüber.
Quelle: ntv.de