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Mehr Geld für längeres Arbeiten Ampel erkennt das Problem, aber reagiert teuer und mutlos

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Der Eintritt in die Rente bedeutet für Handwerksbetriebe oft den Verlust besonders erfahrener Mitarbeiter.

Der Eintritt in die Rente bedeutet für Handwerksbetriebe oft den Verlust besonders erfahrener Mitarbeiter.

(Foto: picture alliance / Wolfgang Maria Weber)

Die Rentenaufschub-Prämie kommt. Die Ampel möchte, dass sich Arbeit übers Rentenalter hinaus richtig lohnt für den Geldbeutel. Das klingt auf den ersten Blick gut, ist aber bestenfalls halbherzig. Die Bundesregierung müsste an die "Rente mit 63" - und greift stattdessen zu einem teuren Pflaster.

Die Boomer sind an allem schuld. Sie sitzen Studien zufolge nicht nur auf ihrem Ersparten. Sie wollen auch alle zeitig in Rente gehen - auf Kosten der weniger werdenden Beitragszahler in die Rentenkasse. Es ist aber ihr gutes Recht. Denn schon die Bundesregierung unter Angela Merkel hatte die "Rente mit 63" eingeführt. Ein Wahlgeschenk an die zahlenstärkste Wählergruppe. Wer 35 Jahre gearbeitet hat, kann mit leichten Abschlägen in den Ruhestand wechseln. Mallorca statt malochen.

Zur Begründung wurde auf die strapaziösen Berufe wie Pflegekräfte und Dachdecker verwiesen. Die stoßen im Alter natürlich an Belastbarkeitsgrenzen. Aber der deutsche Arbeitsmarkt besteht eben auch aus im Alter machbaren Bürojobs. Mittlerweile schwant der Bundesregierung, dass die Rente mit 63 nicht so eine richtig tolle Idee war. Gut gemeint sicherlich, aber komplett vorbei an den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes.

Ein ausgesprochen teures Pflaster

Denn natürlich machen auch ganz normale Angestellte von ihrem Rentenrecht Gebrauch. Weil sie die Grundrechenarten beherrschen. Aber Deutschland wäre nicht Deutschland, wenn die Bundesregierung nicht auf eine ganz spezielle Art reagieren würde: mit der Gießkanne. Das Kabinett hat deshalb die Rentenaufschub-Prämie beschlossen. Die ist eigentlich keine schlechte Idee. Wer länger arbeitet, bekommt die entgangene Rente als Sofort-Prämie ausgezahlt - und der Arbeitgeber legt auf den Lohn die Sozialabgaben obendrauf, die er an den Staat gezahlt hätte. Das ist ein Lohnplus von knapp 11 Prozent.

Wer Spaß an seiner Arbeit hat und länger arbeitet, wird belohnt. Das macht theoretisch Sinn. Auch wenn der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) den milliardenschweren Griff in die Rentenkassen entschieden ablehnt. Denn Zahlungen aus der Rentenkasse an Menschen mit Lohneinkommen überzeugen die Gewerkschafter nicht. So oder so gilt: Die Bundesregierung sendet mit der Rentenaufschub-Prämie ein widersprüchliches Signal aus. Sollen die Menschen nun länger oder kürzer arbeiten?

Ehrlich wäre ein Ende der "Rente mit 63"

Konsequent und ehrlich wäre sich einzugestehen, dass die "Rente mit 63" in Zeiten eines dramatischen demografischen Wandels unverantwortlich ist. Sie ist eine Bürde für die jüngeren Generationen. Der Arbeitgeberverband fordert angesichts des Fachkräftemangels das Aus für die "Rente mit 63". Ex-Kanzlerin Angela Merkel dachte vor allem von Wahl zu Wahl und scherte sich wenig um ihr politisches Erbe.

Aber auch die Ampel scheut den ehrlichen Schnitt. Stattdessen klebt sie mit der Rentenaufschub-Prämie ein notdürftiges und teures Pflaster auf die Wunde des Fachkräftemangels. Ein Aufbruchssignal für den Wirtschaftsstandort Deutschland, das alle drei Regierungsparteien versprochen hatten, sieht anders aus.

Quelle: ntv.de

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