Reise

Aus Lübeck in alle Welt So sieht Deutschland aus

Ob Allgäu, Schwarzwald oder Usedom: Egal, woher die Urlaubsgrüße kommen, die Karte stammt mit großer Wahrscheinlichkeit aus Lübeck. Dort residiert Deutschlands Marktführer bei der Produktion und dem Verkauf von Ansichtskarten.

Deutschlands Marktführer: Ein Mitarbeiter verpackt beim Schöning-Verlag in Lübeck Postkarten.

Deutschlands Marktführer: Ein Mitarbeiter verpackt beim Schöning-Verlag in Lübeck Postkarten.

(Foto: dpa)

In einem unscheinbaren Bau in einem Gewerbegebiet am Lübecker Stadtrand ist Deutschlands Urlaubswelt zu Hause. Im Lager des Schöning Verlags stapeln sich rund 20 Millionen Ansichtskarten, fein säuberlich nach Motiven geordnet. Ob Reetdachhäuser auf Sylt, das Brandenburger Tor in Berlin oder der Münchner Viktualienmarkt - Geschäftsführer Boris Hesse weiß genau, was die Touristen wollen. "Sie wollen den Daheimgebliebenen zeigen, wie schön es an ihrem Urlaubsort ist. Dadurch prägen wir als Marktführer mit unseren Ansichtskarten ganz wesentlich das Bild von Deutschland", sagt er.

Rund 1600 Orte von Aachen bis Zwickau, von Sylt bis Garmisch finden sich in der Bilddatenbank des Verlages. Ein Dutzend freier Fotografen ist ständig in Deutschland unterwegs, um neue Motive zu fotografieren oder bewährte zu aktualisieren. "Die Kunden wollen das Motiv auf den Karten wiedererkennen. Wenn also zum Beispiel die Grünanlage rund um das Lübecker Holstentor umgestaltet würde, bräuchten wir neue Aufnahmen. Unsere Strategie ist es, das Offensichtliche zu zeigen, wie es auch der Tourist sieht", sagt Hesse.

Palette mit Postkartenbögen.

Palette mit Postkartenbögen.

(Foto: dpa)

Bevor es in die Bilddatenbank wandert, wird jedes Foto am Computer bearbeitet. Dabei verschwinden störende Verkehrsschilder oder Müllsäcke, ein paar bunte Blumen oder dekorative Schönwetterwolken kommen hinzu und bei Bedarf wird auch das Blau des Himmels ein wenig vertieft. "Wir stehen dazu, Deutschland so schön wie möglich zu zeigen", sagt Hesse.

Russen lieben es edel, Japaner kitschig

Fast 100 Jahre alt ist der Schöning Verlag inzwischen. Seit Ende 2008 steht Boris Hesse an der Spitze des Unternehmens. "Früher habe ich das Geschäft mit Ansichtskarten belächelt, inzwischen weiß ich, dass das eine sehr lebendige und auch spannende Sache ist", sagt er. "Touristenströme haben sich verändert, darauf müssen wir reagieren, denn jede Gruppe hat ihre eigenen Vorlieben in Sachen Ansichtskarten", sagt Hesse. So lieben es die Russen, die seit einigen Jahren wieder nach Baden-Baden kommen, edel und mit kyrillischen Buchstaben, Amerikaner und Japaner dagegen mögen es gerne kitschig.

Der Geschäftsführer des Schöning-Verlag, Boris Hesse, mit zwei Postkarten: das Holstentor alt und neu.

Der Geschäftsführer des Schöning-Verlag, Boris Hesse, mit zwei Postkarten: das Holstentor alt und neu.

(Foto: dpa)

Allen Unkenrufen zum Trotz haben SMS, Facebook und Twitter der Ansichtskarte bislang nicht den Rang ablaufen können. "Unsere Verkaufszahlen liegen seit Jahren unverändert bei etwa 35 Millionen Karten im Jahr", sagt Hesse. Seine Erklärung: "Als Mitteilung, dass man gut am Urlaubsort angekommen ist, reicht die schnelle SMS. Doch als persönlicher Gruß und auch, um die Daheimgebliebenen ein wenig neidisch zu machen, ist die Ansichtskarte noch immer unerreicht."

Quelle: ntv.de, Eva-Maria Mester, dpa

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