Viele Profis ohne Job 1.750 Euro für Effe?
11.07.2002, 16:36 UhrIm Juni ist die Arbeitslosigkeit in Deutschland erneut leicht angestiegen – und zwar gegen den saisonalen Trend. In der Fußball-Bundesliga beginnt in gut vier Wochen die neue Saison – und immer mehr Profis stehen ohne Job da. Parallelen, die es in dieser Form bisher nicht gab. Ausgelöst durch die Kirch-Krise und die damit verbundenen Sparzwänge sind so viele Spieler wie nie zuvor kurz vor Saisonbeginn noch auf Vereinssuche.
Prominentestes Beispiel ist Stefan Effenberg. Statt sich im Trainingslager auf die neue Saison vorzubereiten, entspannt sich der ehemalige Bayern-Kapitän im Sauerland bei seiner neuen Freundin Claudia Strunz. Doch sein Nichtstun hat Gründe. In einer Umfrage der „Sport-Bild“ sprachen sich alle Bundesliga-Vereine gegen eine Verpflichtung des zur Zeit arbeitslosen Profis aus. Die Gehaltsvorstellungen des 33-jährigen seien einfach zu hoch. Bleibt für „Effe“ wohl nur ein Wechsel ins Ausland. Doch auch hier sind erste Verhandlungen mit Klubs aus England und Italien bereits an den zu hohen finanziellen Forderungen gescheitert.
Effenberg ist allerdings kein Einzelfall. Selbst Ex-Nationalspieler wie Vize-Weltmeister Marco Bode (zuletzt Werder Bremen), Paulo Rink (1. FC Nürnberg) und Ren Schneider (Hamburger SV) finden zur Zeit nicht den passenden Verein. Spielerberater Wolfgang Fahrian wundert diese Entwicklung nicht. Die Spieler seien so schwer vermittelbar, „weil sie nicht gewillt sind, auf Geld zu verzichten“, sagte Fahrian gegenüber dem „Kicker“. Erste Anzeichen, dass sich das ändern könnte, gibt es bereits. In der 2. Bundesliga haben beim Karlsruher SC und bei Alemannia Aachen die Profis eine erste Gehaltskürzung bereits akzeptiert. Vielleicht auch aus Angst, ihren Arbeitsplatz gänzlich aufs Spiel zu setzen.
Besonders stark wirkt sich die Kürzung der Fernsehgelder auf die so genannten „kleinen“ Vereine aus. Daher überrascht es nicht, dass zur Zeit mit Sven Benken, Christian Brand und Steffen Baumgart gleich drei ehemalige Profis von Hansa Rostock auf der Straße stehen. Beim 1. FC Nürnberg sind mit Rink, Rajko Tavcar, Christian Möckel und Louis Gomis sogar vier ehemalige Angestellte arbeitslos.
Doch nicht nur Spieler sind von der Sparwelle betroffen. Auch renommierte Trainer wie Jürgen Röber (ehemals Hertha BSC Berlin), Frank Pagelsdorf (Hamburger SV) oder der gerade erst bei Aris Saloniki entlassene Bernd Kraus suchen zur Zeit mehr oder weniger intensiv nach einem Job. Der Knackpunkt sind auch bei ihnen oft die großzügigen Gehaltsvorstellungen.
Sollte die Vereinssuche dauerhaft erfolglos sein, dann bleibt den Spieler und Trainern als allerletzter Ausweg der Gang zum Arbeitsamt. Denn auch sie können, sofern sie vertragslos sind, Arbeitslosengeld beantragen. Und das sind immerhin rund 60 Prozent des letzten Nettogehalts. Auf den ersten Blick nicht schlecht, doch natürlich gibt es eine Obergrenze und die liegt bei 1.750 Euro im Monat. Da ist es dann wohl doch besser, die ein oder andere Gehaltskürzung hinzunehmen.
Quelle: ntv.de