Auch Jens Voigt belastet "Bella" packt aus
30.06.2007, 10:54 UhrRadprofi Jörg Jaksche hat jahrelanges Doping gestanden. Kurz vor der Tour de Suisse im Juni 1997 habe er zum ersten Mal Epo gespritzt, sagte der 30-Jährige dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".
"Es war mein Crashkurs. Ein Betreuer spritzte mir abends auf meinem Zimmer Epo", sagte er weiter. Jaksche gab zudem zu, dass er sich als Kunde des spanischen Doping-Arztes Eufemiano Fuentes von 2005 an verbotenen Eigenbluttherapien unterzogen habe, um seine Leistung zu steigern.
Alle Teams verseucht
Jaksche will sich nun den Sportverbänden und deutschen Ermittlungsbehörden als Kronzeuge zur Verfügung stellen. Er bestätigte auch Teile des Untersuchungsberichts der spanische Guardia Civil. Bei Fuentes sei er unter dem Codenamen "Bella" sowie als Nr. 20 geführt worden.
"Es ist pervers, aber das Doping-System ist gerecht, weil alle dopen. Radsport ohne Doping ist nur gerecht, wenn wirklich niemand mehr dopt."
Erschreckende Scheinheiligkeit
"Ich glaube, dass es wichtig ist für die Zukunft dieses Sports, dass einer mal sagt: Okay, so läuft das hier", sagte Jaksche. Allerdings hatte vor Jaksche bereits der spanische Radprofi Jesus Manzano das flächendeckende Doping im Profiradsport beschrieben. Seine Aussagen wurden jedoch weitgehend ignoriert.
Jaksche bestätigte nun Manzanos Aussagen in weiten Teilen. Demnach sei in den Rennställen Polti, Team Telekom, Once, CSC und Liberty Seguros, für die er seit 1997 fuhr, das Doping teilweise aktiv von der Mannschaftsführung betrieben oder geduldet worden.
"Natürlich hat mir niemand den Arm für die Spritze festgehalten, aber die Teamleiter, die sich früher an dir bereichert haben, die dir die Sachen besorgt haben, ausgerechnet die tun plötzlich so, als würden sie alle für einen sauberen Radsport eintreten", erklärte Jaksche weiter.
Verträge nur für Doper
Schwere Anschuldigungen richtete er insbesondere gegen den Chef des damaligen Polti-Teams, Gianluigi Stanga, und den langjährigen Telekom-Teamchef Walter Godefroot. Stanga, heute Chef des deutsch-italienischen Rennstalls Milram, habe ihn zum Doping gebracht. Der Italiener nannte die Vorwürfe in einer Stellungnahme gegenüber dem "Spiegel" absurd. Milram-Sprecher Martin Mischel schloss einen Tour-Verzicht seines Teams aus.
Auch Godefroot, mittlerweile beim Team Astana tätig, wurde von Jaksche schwer belastet. Als er bei der Tour de France 1999 nicht gedopt hatte, habe der Belgier ihn nicht über 2000 hinaus weiter verpflichten wollen. Godefroot hatte nach den Geständnissen ehemaliger Telekom-Fahrer wie Bert Dietz und Erik Zabel behauptet, nichts von den Dopingpraktiken in seinem Team gewusst zu haben. Jaksche hingegen behauptet: " Jaksche: "Godefroot ging es nicht darum, auszuschließen, dass jemand dopt, sondern dass er ungeschickt dopt."
Zudem berichtete Jaksche auch über ein Gespräch bei der Skandal-Tour 1998 mit dem Berliner Jens Voigt über die scharfen Polizeikontrollen in Frankreich. Voigt habe ihm erzählt, dass ein Fahrer aus seiner Gan-Mannschaft vorgeschlagen habe, alle Dopingmittel entlang der Strecke zu vergraben. Voigt ist inzwischen Sprecher der Rennfahrer-Vereinigung der Pro-Tour. Nach Aufdeckung des Fuentes-Skandal 2006 hatte er über die Doper im Peloton gesagt: "Zieht sie raus und werft sie auf den Scheiterhaufen."
Abwarten, was da kommt
Der Ansbacher Jaksche lebt in Österreich. Er steht seit April unter Vertrag beim italienisch-russischen Zweitliga-Team Tinkoff. Seine größten Erfolge als Radprofi feierte der Deutsche 2004 mit dem Sieg beim Klassiker Paris-Nizza und der Mittelmeer-Rundfahrt. Von den deutschen Straßen-Meisterschaften an diesem Sonntag in Wiesbaden war der 30-Jährige bereits am Donnerstag suspendiert worden.
Nach seinem Geständnis will Jaksche "jetzt zu Hause erst Mal abwarten, was kommt". Sein Anwalt Michael Lehner setzt darauf, dass Jaksche als Kronzeuge mit einer Reduzierung der üblichen Zweijahres-Sperre rechnen kann. Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) hat bereits angekündigt, Jaksche um eine Aussage vor der Anti-Doping-Kommission des Verbandes bitten zu wollen.
Quelle: ntv.de