Sport

Kubas "Deserteure" Castro gegen "deutsche Mafia"

Der neue Skandal um entlaufene kubanische Sportler und Trainer bei den Panamerikanischen Spielen in Rio de Janeiro ist zum Politikum geworden. Nur zwei Tage, nachdem der kubanische Box-Superstar Guillermo Rigondeaux und Erislandy Lara in Brasilien spurlos verschwunden ist, kritisierte kein Geringerer als Kubas "Revolutionsführer" Fidel Castro eine "deutsche Mafia", die "sich der Auswahl, des Kaufes und der Förderung kubanischer Boxer bei internationalen Turnieren" widme. Sie benutze "raffinierte psychologische Methoden" und "viele Millionen Dollar", wetterte er.

Dabei steht in Brasilien plötzlich nicht 100-prozentig fest, was mit Rigondeaux und Lara wirklich passiert ist. Sicher ist, dass das Duo am Samstag Ausgangserlaubnis bekam und seitdem nicht ins Sportlerdorf zurückgekehrt ist. Sind sie nun, wie man annehmen muss, untergetaucht, um dem sozialistischen Regime auf der Insel zu entkommen und wie viele andere vor ihnen ihre sportlichen Qualitäten im "freien" Ausland in bare Münze zu verwandeln? Oder hat die zunehmende Kriminalität in Rio zugeschlagen? Die brasilianische Bundespolizei nahm Ermittlungen auf, um die beiden Kubaner zu finden. Der Panamerikanische Sportverband ODEPA erklärte sich "besorgt".

Die beiden ersten "Deserteure" der kubanischen Delegation, der Handballer Rafael Capote und Turn-Trainer Lzaro Lamelas, waren schon kurz nach ihrem Verschwinden bei kubanischen Freunden in Brasilien wieder aufgetaucht. Der Doppel-Olympiasieger im Bantamgewicht Rigondeaux und Weltergewichts-Weltklassemann Lara sind dagegen derzeit wie vom Erdboden verschluckt.

Für Castro gibt es keine Zweifel: Die USA und Deutschland haben mit dem schnöden Mammon den "Verrat" gefördert. In einem Artikel für kubanische Zeitungen beklagt er, man kenne die Zukunft der abgeworbenen Sportler im Voraus: "Sie werden zu Söldnern in einer Konsumgesellschaft." Es war seine erste Reaktion seit dem Fall Capote, der gut eine Woche zurückliegt. In den Zeitungen war dazu nichts zu lesen, im Radio und Fernsehen kein Wort zu hören.

Im Sportlerdorf war zuvor das Verschwinden der beiden Boxer schon am Sonntag eingeräumt worden. "Wir haben den beiden Samstagabend Ausgangserlaubnis gegeben, und sie sind nicht ins Sportlerdorf zurückgekehrt, das ist sehr traurig", sagte der Präsident des kubanischen Boxverbandes, Maximiliano Gonzlez Diaz.

Vor allem Rigondeaux' Desertation ist ein schwerer Schlag für Kubas Sportwelt. Der Boxsport ist eines der Aushängeschilder des Landes. Und Rigondeaux war der große Star der gesamten Delegation in Rio, gewann zwischen 1999 und 2003 142 Kämpfe in Folge. Der 26- Jährige war der letzte große Boxer seiner Generation.

Im Dezember 2006 hatten drei andere Topstars - Yan Barthelemy, Yuriorkis Gamboa und Odlanier Sols - bei einem Turnier in Caracas/Venezuela den Entschluss gefasst, nicht nach Hause zurückzukehren. Sie sind nun in Deutschland aktiv. Kuba hat damit keinen aktiven Olympiasieger mehr, der auf der Insel geblieben ist.

Das Verschwinden kubanischer Sportler bei Auslandswettbewerben ist nichts Neues. Erst im Juni waren zwei kubanische Fußballer während des Goldcups in den USA geblieben. Ein trauriger Rekord wurde bei den Panamerikanischen Spielen im kanadischen Winnipeg 1999 aufgestellt, als 12 Sportler und ein Journalist die Delegation verließen.

von Emilio Rappold, dpa

Quelle: ntv.de

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