Rekordmann Reimer nimmt Abschied DEL-Legende geht beseelt in ihr "Endspiel"
08.03.2023, 16:36 Uhr
Patrick Reimer ist eine DEL- und DEB-Legende.
(Foto: dpa)
Nach fast zwei Jahrzehnten Spitzen-Eishockey in der DEL ist Schluss. Rekordtorjäger Patrick Reimer könnte am Freitag das letzte Spiel seiner eindrucksvollen Karriere bestreiten. Und was kommt dann? Hilft er nach seiner aktiven Zeit dem Deutschen Eishockey-Bund?
Seinen Abschied hat Patrick Reimer eigentlich schon gefeiert. "Sehr unterhaltsam" fand der Rekordtorjäger der Deutschen Eishockey Liga (DEL), dass sich seine Teamkollegen dafür vor dem letzten Hauptrunden-Heimspiel schwarze Vollbärte angeklebt hatten. Das Original läuft zumindest noch einmal auf - fast 20 Jahre nach dem Debüt und im wahrsten Sinne des Wortes unzähligen Toren und Scorerpunkten.
"Puh, das waren viele", antwortete der 40-Jährige im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) auf die Frage nach seinem schönsten Treffer. So viele, dass das Zählen schwerfällt. 394 Tore und 858 Scorerpunkte in 1067 Spielen hat die DEL offiziell notiert, beim ein oder anderen renommierten Statistiker variieren die Zahlen. Einig sind sich alle: So viele wie Reimer hat keiner.
Maßgeblich beteiligt an historischem Olympia-Erfolg
Der Stürmer mit dem markanten, schon leicht ergrauten Vollbart, Markenzeichen für das Spätwerk seiner unvergleichlichen Karriere, bestreitet am Freitag (19.30 Uhr/MagentaSport) mit den Nürnberg Ice Tigers womöglich sein letztes Spiel. In den Vor-Playoffs gegen die Fischtown Pinguins Bremerhaven droht nach dem 1:3 am Dienstag das Aus - und damit der Schlussstrich unter zwei Jahrzehnten Eishockey mit einem der beliebtesten und am meisten respektierten Spielern der Liga. "Egal, was passier - ich kann zufrieden abtreten. Ich gehe dann beglückt in die Eishockey-Rente", sagt Reimer der Deutschen Presseagentur. "Ich bin zu hundert Prozent von der Entscheidung überzeugt."
Es ist eine Entscheidung auch für die Familie. Er wolle erst ein wenig Zeit mit seinem dreijährigen Sohn und der ein Jahr alten Tochter genießen, ehe er die Zukunftsfrage klärt. "Ich sehe mich nicht in der Trainerrolle", sagt der Allgäuer. Er möchte eher helfen, Teams zusammenzustellen oder beraten. Erfahrungen hat er genug.
Unglückliche Rolle im Olympia-Finale
Beim Blick zurück springt sofort das Olympia-Finale 2018 ins Auge, "so was ist nicht vielen Menschen vergönnt, gerade einem deutschen Eishockeyspieler nicht wirklich". Im Finale hatte er eine unglückliche Rolle. Als Deutschland die Chance auf Gold verpasste und den Russen im Endspiel das entscheidende Tor gelang, saß ausgerechnet der Routinier auf der Strafbank. "Es war einfach unglücklich. Aber glücklicherweise hat mich das nie belastet", sagt Reimer, der sonst ein starkes Turnier spielte.
Sein Siegtor in der Verlängerung des Viertelfinales gegen Schweden zählt der Silbermedaillengewinner deshalb zu seinen schönsten und wichtigsten, auch das 2:0 zum "ersten Sieg gegen Russland bei einer WM" 2011. Und natürlich auch eines der zahllosen in der DEL: "das letzte Tor an der Brehmstraße". In Halbfinale 2006 erzielte Reimer im Trikot der Düsseldorfer EG das 5:3 im entscheidenden fünften Duell mit den Kölner Haien - in der Endspielserie gegen die Eisbären Berlin traf die DEG nicht mehr in ihrem legendären Stadion, aus dem sie sich danach verabschiedete.
"Früher war mehr Gerumpel"
Düsseldorf war Reimers erste DEL-Station, zu seinem Debüt im Dezember 2003 fuhr er nach einem kurzfristigen Anruf "mit 'nem Kumpel privat nach Frankfurt". In gut acht DEG-Jahren stand er zweimal im Finale, gewann einmal den Pokal. So nahe kam er dem großen Traum vom Titel in elf Spielzeiten in Nürnberg nicht mehr, mit den Ice Tigers war spätestens im Halbfinale Schluss. Der Coup bei den Olympischen Spielen habe ihm indes ein wenig den Druck genommen. "Ich will nicht sagen, es war ein Makel, aber neben vielen individuellen Auszeichnungen hat der große Mannschaftserfolg gefehlt. Da hat Pyeongchang sehr geholfen. Es war ein gigantisches Ereignis."
Aber zurück in die Heimat: Dass er dabei am Ende alle Stürmer der DEL übertraf, lag auch daran, dass er von schweren Verletzungen verschont blieb. Zwei Zähne verlor er, "aber ich hab' noch alle Wurzeln im Mund". Das inzwischen "technisch schnelle Eishockey" kam ihm dabei zugute, "früher war mehr Gerumpel". Die Karriere nach der Karriere kann sich Reimer weiter im Eishockey "vorstellen". Der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) hat Interesse signalisiert, abgeneigt ist der Silberheld nicht - seine Maxime: "Erst mal den Kopf frei bekommen und dann mit voller Energie ins neue Leben starten."
Quelle: ntv.de, tno/sid/dpa