Sport

Neuer Fan-Held bei der Darts-WM "Berauschendste Erfahrung meines Lebens"

Schon beim Gang auf die "Ally-Pally"-Bühne begeisterte Leonard Gates.

Schon beim Gang auf die "Ally-Pally"-Bühne begeisterte Leonard Gates.

(Foto: PDC)

Der Weltranglistenerste zittert sich in die nächste Runde, ein kanadischer Debütant jubelt zu früh und ein US-Amerikaner wird zum neuen Liebling der Fans im Londoner Alexandra Palace. So lief der fünfte Tag bei der Darts-WM.

"USA, USA, USA" skandieren die größtenteils britischen Darts-Fans am Montagabend bei der Weltmeisterschaft im "Ally Pally". Ein Moment, der die Faszination Darts-WM bestens beschreibt. Leonard Gates, 52 Jahre alt, aus Texas, ist zum ersten Mal in London dabei. Und er genießt, nein, er zelebriert diesen Moment. Zur Musik von James Brown tanzt Gates auf die Bühne.

Die Zuschauer würdigen die positive und ansteckende Art des US-Amerikaners. Sofort ist klar, dass Gates an diesem Abend ein Heimspiel hat. Sein Gegner, der junge Niederländer Geert Nentjes, ist fast schon zu bemitleiden. Zwar schnappt sich der 24-Jährige zunächst etwas glücklich den ersten Satz, doch in der Folge wirkt Nentjes zunehmend verunsichert. Leonard Gates dagegen kämpft sich mit der Unterstützung der 3.000 Fans zurück in die Partie, gleicht zum 1:1 aus. Von da an ist der "Ally Pally" elektrisiert. Immer wieder gehen die "USA"-Rufe durch die Halle. In der Endphase der Partie ist Gates der bessere Mann. Nentjes resigniert und spielt derart indisponiert, dass sich Gates selbst sieben verpasste Matchdarts leisten kann und dennoch 3:1 gewinnt.

"Das war die berauschendste Erfahrung meines Lebens. Jeder, der etwas erleben will, sollte hierherkommen. Ich komme aus Amerika, bin hier in einem anderen Land und die Fans rufen 'USA'. Hier ist es egal, wo man herkommt. Ich kann gar nicht beschreiben, wie ich mich fühle. Es war einfach fantastisch", sagte Gates anschließend im Interview bei Sport1.

In Runde zwei trifft der Sieger der North American Championship am Mittwoch auf den Engländer Stephen Bunting. Gates ist klarer Außenseiter im Duell mit dem WM-Halbfinalisten von 2021, vielleicht lässt er sich aber erneut von der berauschenden Atmosphäre des "Ally Pally" anstecken.

David Cameron übersteht sechs Matchdarts

DARTS WM 2023 - Tag 5

Runde 1

Andrew Gilding 3-2 Robert Owen

Danny Jansen 3-2 Paolo Nebrida

Niels Zonneveld 0-3 Lewy Williams

Geert Nentjes 1-3 Leonard Gates

Ritchie Edhouse 2-3 David Cameron

Steve Beaton 0-3 Danny van Trijp

Runde 2

José de Sousa 3-2 Simon Whitlock

Gerwyn Price 3-1 Luke Woodhouse

Am fünften Turnierabend spielt sich im Anschluss an die Gates-Partie ein weitere Nordamerikaner in den Mittelpunkt. David Cameron, ein 53 Jahre alter Kanadier und nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen früheren britischen Regierungschef, ist gegen den Engländer Ritchie Edhouse beim Stand von 0:2 in den Sätzen und 0:2 in den Legs nur noch einen Dart vom Ausscheiden entfernt. Doch Edhouse verpasst Matchdart Nummer eins, lässt Cameron im dritten Satz auf 2:1 herankommen und verpasst bald darauf die Matchdarts zwei, drei, vier, fünf und sechs. Cameron gewinnt den Durchgang noch und lässt zwei weitere Satzgewinne folgen.

Am Ende kann sich der WM-Debütant sogar erlauben, zu früh zu jubeln. Im Entscheidungssatz führt Cameron mit 2:0, ist 92 Punkte vom Sieg entfernt. Mit den ersten beiden Darts spielt sich der Kanadier in seiner Aufnahme auf 50 Punkte runter. Cameron hat seinen ersten Matchdart, muss das Bullseye in der Mitte des Dartboards treffen. Doch der Dart landet hoch oben im Doppel-20-Feld. Cameron jubelt, dreht sich zu seinem Gegner um. Bis er einen Sekundenbruchteil später realisiert, dass er sich verrechnet hat. 82 statt 92 Punkte. Edhouse kann den Fauxpas nutzen, doch Cameron macht ein Leg später den Sack zu, vollendet sein verrücktes Comeback.

Nummer eins der Welt mühevoll weiter

Weniger berauschend, aber genauso erfolgreich läuft es am Montagabend für den Weltranglisten-Ersten. Gerwyn Price setzt sich im letzten Spiel des Abends gegen Luke Woodhouse mit 3:1 durch. Nach einem Stotterstart - Woodhouse geht zunächst überraschend in Führung - beweist Price Nervenstärke. Nach dem Satzausgleich diktiert er die Partie, während Außenseiter Woodhouse die wenigen Chancen anders als in der Anfangsphase nicht mehr nutzen kann. "Ich habe mich selbst stark unter Druck gesetzt. Jetzt bin ich einfach froh, dass ich dieses Spiel überstanden habe", sagt Price im Anschluss bei "Sky Sports".

Der Waliser muss die Darts-WM zum zweiten Mal nach 2021 gewinnen, um den Status als Nummer eins der Welt behalten zu können. Außerdem muss er darauf hoffen, dass 2022er-Champion Peter Wright vor dem Halbfinale ausscheidet. "Ich verteidige eine Menge Ranglistenpunkte. Deshalb musste ich dieses erste Spiel unbedingt überstehen", so Price.

Mit Ranglistenpunkte meint der Waliser schlicht und einfach Geld. Die Weltrangliste der Profidart-Organisation PDC wird nämlich nach dem eingespielten Preisgeld innerhalb von zwei Jahren berechnet. Price steht im Ranking derzeit bei über 1,1 Millionen Pfund. Alleine 500.000 Pfund resultieren aber aus seinem WM-Triumph im Januar 2021. Dieses Preisgeld "verteidigt" Price. Scheidet der polarisierende "Iceman" früh aus, stürzt er deshalb auf Platz vier ab.

Price erneut gegen "Barney"?

In der Runde der letzten 32 könnte Price ein Kracher bevorstehen: Gewinnt Raymond van Barneveld am heutigen Dienstagabend gegen den Engländer Ryan Meikle, träfe der fünffache Weltmeister am 27. Dezember auf Price. Die letzten beiden Partien zwischen den beiden hat van Barneveld beim Grand Slam of Darts im November jeweils für sich entscheiden können. "Barney" sollte aber zunächst gegen Meikle aufpassen. Der Engländer hat in den vergangenen zwei Jahre eine gute Entwicklung genommen und kann dem Niederländer durchaus gefährlich werden.

Fallon Sherrock hat sich sportlich gar nicht für die WM qualifiziert.

Fallon Sherrock hat sich sportlich gar nicht für die WM qualifiziert.

(Foto: IMAGO/Pro Sports Images)

Zweites Highlight an Turniertag sechs ist der Auftritt von Fallon Sherrock. Die 28-Jährige schrieb vor drei Jahren im "Ally Pally" Darts-Geschichte, als sie als erste Frau gleich zwei Männer aus dem Turnier warf. Das ist seitdem keiner anderen Spielerin gelungen. Auch in diesem Jahr sind die anderen beiden Frauen im Teilnehmerfeld bereits ausgeschieden.

Sherrock ist gegen ihren 32-Jährigen Landsmann Ricky Evans aber nur Außenseiterin. Ihre Form ist nicht die beste und ihre WM-"Qualifikation" wurde mit viel Wirbel begleitet. Die Engländerin hatte sich in diesem Jahr gar nicht qualifiziert. Erst als die PDC kurz vor Turnierstart den letzten noch freien WM-Platz nachträglich an die Siegerin des Women's World Matchplay vergab, durfte sich Sherrock doch noch freuen.

(Dieser Artikel wurde am Dienstag, 20. Dezember 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen