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Kaum schwächer als Ex-Champion Ukrainer schreibt Geschichte bei der Darts-WM

Emotionaler Moment in London: Vladyslav Omelchenko betritt die Darts-Bühne im "Ally Pally".

Emotionaler Moment in London: Vladyslav Omelchenko betritt die Darts-Bühne im "Ally Pally".

(Foto: PDC)

Der erste ukrainische Teilnehmer in der Turniergeschichte, ein Debütant mit einem Weltklasse-Auftritt und der peinliche Auftritt eines zweifachen Ex-Weltmeisters. Tag vier der Darts-WM 2023 in London hatte viel zu bieten.

Als Vladyslav Omelchenko am vierten Turniertag der Darts-Weltmeisterschaft 2023 die Bühne des Alexandra Palace in London betritt, ist der 47-Jährige sichtlich überwältigt. Der Ukrainer löst einen derart lauten Jubelsturm bei den 3.000 Fans in der Halle aus, dass man das Gefühl haben konnte, einer der Topstarts wie Michael van Gerwen oder Peter Wright würde zum Spiel bereitstehen.

Der Grund ist klar: In diesem Moment am späten Sonntagnachmittag wird Darts-Geschichte geschrieben. Zum ersten Mal in 30 Jahren Weltmeisterschaft der Profidart-Organisation PDC spielt ein Ukrainer beim wichtigsten Turnier des Jahres mit. Omelchenko, der genau wie der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj aus Krywyj Rih kommt, hatte im Oktober ein Qualifikationsturnier in Kiew gewonnen.

In der Vergangenheit war stets ein Quali-Event in Russland ausgetragen worden. Doch wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine, hat die PDC dieses Jahr die Regeln geändert. Der eurasische Dartverband mit Sitz in Moskau wurde suspendiert und durfte sein Qualiturnier nicht ausrichten. Stattdessen organisierte die PDC das Event in Kiew.

WM-Vorbereitung im Krieg

Viele Experten hatten erwartet, dass Omelchenko im "Ally Pally" zwar einen emotionalen, aber chancenlosen Auftritt gegen den Weltranglisten-50. Luke Woodhouse hinlegen würde. Zwar gewann der hoch favorisierte Woodhouse die Partie letztlich erwartungsgemäß mit 3:0 in den Sätzen. Doch die Partie war enger als erwartet. Nach einem glatten 3:0 im ersten Satz, steigerte sich Omelchenko deutlich. Der 47-Jährige Bergarbeiter verlor den zweiten Satz nur knapp mit 2:3 und konnte auch in Satz drei einen Leg-Gewinn verbuchen. Dabei gelang dem Ukrainer sogar der höchste Checkout des Spiels. 143 Punkte brachte Omelchenko über Triple 20, Triple 17 und Doppel 16 auf Null und die Fans damit zum Kochen.

Der WM-Debütant war nach dem Spiel im Interview bei Sport1 den Tränen nahe, als er seinen Gänsehaut-Auftritt reflektierte. "Ich weiß gar nicht, was ich gefühlt habe nach dem 143er-Checkout. Ich war so glücklich. Ich weiß auch überhaupt nicht, wie ich das geschafft habe. Das war sehr emotional."

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Omelchenko hatte sich auf seinen "großen Traum" nur unter erschwerten Bedingungen vorbereiten können. "Training in der Ukraine ist gerade sehr schwer. Es gibt große Probleme mit Strom und Heizung. Wir müssen uns mit Generatoren aushelfen. Ich habe versucht, täglich trotzdem zwei bis drei Stunden zu trainieren." Das hat sich ausgezahlt: Mit seinem erzielten Punkte-Durchschnitt von 80 pro Aufnahme, hat er besser abgeschnitten als sieben andere Spieler im bisherigen Turnierverlauf.

Doppel-Weltmeister chancenlos

Auf einem ähnlichen Niveau wie Omelchenko hat am Sonntag auch Adrian Lewis agiert. Anders als der Ukrainer ist Lewis aber zweifacher Weltmeister. Doch "Jackpot" spielte bei seiner glatten 0:3-Niederlage gegen den Australier Damon Heta wie ein Schatten vergangener Zeiten. Der Champion von 2011 und 2012 wirkte unmotiviert, kraft- und emotionslos. So war das Debakel für den Engländer folgerichtig.

DARTS WM 2023 - Tag 4

Runde 1

Madars Razma 3-1 Prakash Jiwa

Karel Sedlacek 3-0 Raymond Smith

Luke Woodhouse 3-0 Vladyslav Omelchenko

Mike De Decker 3-1 Jeff Smith

Scott Williams 3-1 Ryan Joyce

Matt Campbell 0-3 Danny Baggish

Runde 2

Damon Heta 3-0 Adrian Lewis

Nathan Aspinall 3-1 Boris Krcmar

Einen deutlich besseren Auftritt legte Lewis' Landsmann Nathan Aspinall zu später Stunde hin. Weil die PDC dem Finale der Fußball-WM aus dem Weg gehen wollte, hatte die Abendsession später begonnen als üblich. So war es bereits kurz vor Mitternacht britischer Zeit, als Aspinall den entscheidenden Dart im Spiel gegen den Kroaten Boris Krcmar im Doppelfeld unterbrachte.

Der 31-Jährige Engländer siegte 3:1, musste dabei auf seine Qualitäten als kampfstarker und emotionaler Spieler zurückgreifen. Nach einem zunächst behäbigen Start, kämpfte sich Aspinall über die Dauer der Partie immer besser in die Partie. Die Vorentscheidung brachte schließlich aber ein Rechenfehler seines Gegners im dritten Satz. "Um ehrlich zu sein, den ersten Satz habe ich geklaut. Danach habe ich aber wirklich gut gespielt", sagte Aspinall nach seinem Auftaktsieg.

Bester Spieler des Turniers schon raus

Das qualitativ beste Spiel war aber ein anderes: Scott Williams besiegte bei seiner ersten WM-Teilnahme den Ex-Viertelfinalisten Ryan Joyce mit 3:1. Dabei hatte die Partie wahrlich keinen Verlierer verdient. Joyce überzeugte mit einem Punkteschnitt von 103, auch Williams kam knapp über die magische 100-Punkte-Marke. Das ist normalerweise der Stoff, aus dem WM-Finals sind.

An diesem Sonntagabend spielten sich die Nummer 40 und die 66 der Welt in einen unfassbaren Rausch. Mit Ryan Joyce ist der statistisch betrachtet beste Spieler der ersten vier WM-Tage ausgeschieden, weil er beim Wurf auf die acht Millimeter schmalen Doppelfelder schwächer war als sein Gegner. "Ich habe mich heute fantastisch gefühlt und das hat sich auch auf der Bühne gezeigt. Ich weiß, wozu ich fähig bin", sagte Williams, der in der nächsten Runde auf 2018er-Weltmeister Rob Cross trifft.

Zunächst steht der heutige fünfte Turniertag bei der Darts-WM aber vor allem im Zeichen des Weltranglisten-Ersten. Gerwyn Price bestreitet sein Auftaktspiel. Der Weltmeister von 2021 bekommt es in der letzten Partie des Abends mit Omelchenko-Bezwinger Luke Woodhouse zu tun.

Quelle: ntv.de

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