Sport

Verliert Ullrich Olympiasieg? Doping-Affäre beschäftigt IOC

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat sich in den Dopingskandal um das frühere Telekom-Team eingeschaltet und eine Disziplinarkommission unter dem Schweizer Denis Oswald berufen. Damit muss Jan Ullrich um seinen Olympiasieg von Sydney 2000 im Straßenrennen sowie Silber im Zeitfahren bangen. Gleiches gilt für seine damaligen Teamkollegen Alexander Winokurow (Kasachstan) und Andreas Klöden, die im Straßenrennen Silber und Bronze holten. Auch gegen den Freiburger Olympiaarzt Georg Huber wird durch das IOC ermittelt.

Der Staat schlägt unterdessen im Kampf gegen Doping keine härtere Gangart ein. Die Bundesregierung will eine "Task Force" einsetzen, hält aber weitere Gesetzes-Nachbesserungen nicht für nötig. Das Bundeskriminalamt (BKA) nahm im deutschen Doping-Skandal indes zwei Freiburger Sportmediziner ins Visier. Von den ganzen Tumulten scheinbar unbeeindruckt hält die Öffentlichkeit den Radfahrern unverändert die Treue: Doping-Sünder Erik Zabel wurde zum Auftakt der Bayern-Rundfahrt von den Fans frenetisch gefeiert.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) kündigte bei den Kabinettsberatungen über Rechtsverschärfungen im Anti-Doping-Kampf erneut die Einsetzung einer "Task Force" an. Diese Eingreiftruppe solle untersuchen, ob Steuergelder in der Vergangenheit missbräuchlich verwendet wurden. "Doping zerstört die Werte des Sports. Seine Glaubwürdigkeit, Vorbildfunktion und die öffentliche Akzeptanz insgesamt stehen auf dem Prüfstand", mahnte Schäuble.

Reicht das?

Die Regierung will den Vorschlag des Bundesrates prüfen, die Einfuhr von Arzneimitteln zu Dopingzwecken zu verbieten. Doch in den Augen der Kritiker wurden die Nachbesserungswünsche des Bundesrates kaum berücksichtigt. Der Grünen-Abgeordnete Winfried Hermann kritisierte, Einnahme und Besitz von Dopingmitteln seien nicht strafbar, zudem müsse ein neuer Straftatbestand Sportbetrug geschaffen werden.

Der Vorsitzende des Bundestags-Sportausschusses, Peter Danckert (SPD), hält die beschlossenen Maßnahmen indes für ausreichend: "Wir haben eine sehr gute Grundlage für den staatlichen Kampf gegen Doping." Auch die Vertreter des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) zeigten sich zufrieden. "Jetzt ist der Weg frei für eine rasche Verabschiedung des Gesetzes zur Bekämpfung des Dopings im Sport", sagte DOSB-Generaldirektor Michael Vesper. Die gesetzlichen Regelungen sollen noch vor der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet werden.

Heinrich und Schmid im Visier

Im Zuge der Ermittlungen gegen die in die Affäre verwickelten Freiburger Uni-Mediziner Lothar Heinrich und Andreas Schmid schaltete die Staatsanwaltschaft Freiburg das BKA ein. Die Bundesbehörde werde die polizeilichen Ermittlungen übernehmen, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Es sei erforderlich, bundesweit die Erkenntnisse zu bündeln. Gegen den ebenfalls geständigen Olympia-Arzt Georg Huber laufen allerdings keine strafrechtlichen Ermittlungen, da in seinem Fall die Verjährungsfrist greift.

Im Rahmen des Skandals um den spanischen Arzt Eufemiano Fuentes hatte das BKA zuvor bereits Ermittlungen gegen einen Göttinger Arzt sowie den noch immer schweigenden Ex-Profi Jan Ullrich aufgenommen. Der Verband der deutschen Sportmediziner, die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP), schloss die drei Freiburger Ärzte inzwischen aus.

Zabel in Bayern gefeiert

Ungeachtet des größten Skandals in der Geschichte des deutschen Radsports werden seine Protagonisten von den Fans weiter begeistert umjubelt. Sechs Tage nach seiner tränenreichen Doping-Beichte nahm Erik Zabel die erste Etappe der Bayern-Rundfahrt unter großem Beifall in Angriff. "Es ist ein schönes Signal, dass ein so erfolgreicher und sympathischer Sportler nicht platt gemacht wird", sagte BDR-Präsident Rudolf Scharping. Zabel räumte ein, einen Rücktritt erwogen zu haben: "Ich habe auch daran gedacht, überhaupt nicht mehr zu fahren." Zabel wurde beim ersten Rennen nach seiner Beichte Vierter.

Für die frühere BDR-Präsidentin Sylvia Schenk hat der Vize-Weltmeister mit der Fortsetzung seiner Karriere ein falsches Signal gesetzt. Dadurch ändere sich nichts an der "Mentalität, insbesondere die Fahrer fühlen sich sogar noch bestätigt". Die Doping-Geständnisse von bisher sieben ehemaligen Fahrern des T-Mobile-Vorgängers Team Telekom gehen Scharpings Amts-Vorgängerin nicht weit genug. "Das endet immer an der Verjährungsgrenze und es sind auch nur bisher Sachen zugestanden worden, die bereits auf dem Tisch lagen."

Der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), Clemens Prokop, forderte den Staat auf, einen Teil der Spitzensport-Förderung in den Anti-Doping-Kampf zu investieren. "Ich appelliere an die Bundesregierung, fünf Prozent der Sportförderung für die Doping-Bekämpfung umzuwidmen", sagte der DLV-Chef. Bei einem staatlichen Fördervolumen von rund 150 Millionen Euro wären dies etwa 7,5 Millionen Euro jährlich.

Quelle: ntv.de

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