Schweinsteiger trainiert nicht Löw treibt zur Arbeit an
15.06.2010, 17:24 UhrGanz Deutschland freut sich schon auf den nächsten Auftritt von Löws Spaß-Kickern. Fußball-Legende Rudi Völler traut dem neuen DFB-Team ganz Großes zu. Der Bundestrainer aber schiebt allen Spaß zur Seite. Beim Training fehlt Bastian Schweinsteiger wegen eines Infektes.
Das WM-Fieber steigt weiter, selbst Deutschlands Fußball-Prominenz ist inzwischen angesteckt - Joachim Löw und sein Personal aber haben den Schalter wieder auf harte Arbeit umgelegt. "Es wird ein gefährliches Spiel, ein enges Ding", warnte der Münchner Thomas Müller vor der nächsten WM-Aufgabe der Nationalmannschaft am Freitag gegen unbequeme und robuste Serben, die nach einem 0:1 gegen Ghana mit dem Rücken zur Wand stehen. "Wenn wir 0:2 verlieren, werden wir wieder zerfleischt", verdeutlichte der 20-jährige Müller, wie dicht Euphorie und Enttäuschung weiter zusammenliegen.
Bei nur noch wenigen Grad über Null bat der Bundestrainer sein Team um den neuen Liebling aller Deutschland-Fans, Mesut Özil, erstmals nach dem furiosen 4:0-Sieg gegen Australien wieder auf den Trainingsplatz. Allerdings fehlte Bastian Schweinsteiger im Stadion von Atteridgeville. Der Münchner hat sich einen Infekt der oberen Atemwege zugezogen. "Es ist nichts Schlimmes", versicherte Teamarzt Tim Meyer, der von einer "Vorsichtsmaßnahme" sprach.
Kurze Hosen im Winter – Respekt!
"Für uns heißt es, konzentriert zu bleiben und weiterzuarbeiten", sagte Löw. Die Entschlossenheit dokumentierten Trainer und Spieler, indem sie dem südafrikanischen Winter beim Training in kurzen Hosen trotzten. Löw hatte auch gegen Australien "Dinge gesehen, die wir verbessern können". Der DFB-Chefcoach plant weiter detailbesessen. Das Training für Mittwoch legte er extra auf die Anstoß-Zeit des Serbien-Spiels um 13.30 Uhr. "Das ist für uns kein Problem", sagte Lukas Podolski.
Für den ehemaligen DFB-Teamchef Rudi Völler, der am Dienstag mit Uwe Seeler und Gerd Müller das DFB-Quartier in Erasmia besuchte, hat sich die erfrischend aufspielende deutsche "Jugend-Auswahl" schon jetzt für ganz Großes empfohlen. "Wir müssen bei dieser WM niemanden fürchten", bemerkte Völler, der trotzdem keine Gefahr des Abhebens sieht. "Die Spieler gehen vernünftig mit der Situation um. Jetzt wird es ein bisschen schwieriger. Aber mit der richtigen Einstellung wird auch dieses Spiel gewonnen und man steht schon im Achtelfinale", sagte Völler den zweiten WM-Sieg der schwarz-rot-goldenen Hoffnungsträger voraus.
"Unser Messi ist Özil"
"Jogi kann sich nicht zurücklehnen, aber entspannt auf die nächsten Spiele schauen", betonte "Rudi Nazionale" zur Situation für den Bundestrainer in Südafrika und sprach sich zugleich vehement für eine Fortsetzung der Ära Löw über die WM hinaus aus. "Es wäre doch schade, wenn jetzt andere die Früchte ernten", erklärte Völler mit Hinweis auf die tolle Arbeit seines Nachfolgers gerade bei der Integration der vielen Talente von Özil bis Toni Kroos. "Es gibt sehr große Möglichkeiten für die deutsche Nationalmannschaft." DFB-Coach Horst Hrubesch, der die U-21-Elf 2009 zum EM-Titel geführt hatte, stellte Özil in der "FAZ" sogar auf eine Stufe mit Argentiniens Weltstar Lionel Messi: "Unser Messi ist Özil. Der ist auch ein Jahrhundertt-Talent."
Erst einmal aber müssen sich Löw und seine jungen Wilden mit den aktuellen Aufgaben beschäftigen. "Jetzt kommen Mannschaften, die stärker sind, auch individuell besser besetzt. Deshalb ist es wichtig, die Dinge richtig einzuordnen", sagte der Bundestrainer, der mit seinem Chefscout Urs Siegenthaler Serbien bis ins letzte Detail analysiert hat. "Wir werden nicht jedes Spiel 4:0 gewinnen", übermittelte Deutschlands neuer Müller an die Fans zuhause.
"In erster Linie spielen wir für uns"
"Die Euphorie ist größer als 2006", bemerkte der wiedererstarkte Podolski nach den vielen Rückmeldungen aus der Heimat. Sein Kollege Müller aber verdeutlichte die Lage. "Wir haben mit dem 4:0 gegen Australien noch nichts erreicht. Wir sind noch nicht Weltmeister, wird sind noch nicht qualifiziert und nicht die Übermannschaft."
Doch die neue WM-Lust will sich niemand nehmen lassen. "Verstecken müssen wir uns nicht. Wir sind alle vom Fußball-Virus infiziert", berichtete Müller, den sein berühmter Vorgänger Gerd Müller besonders lobte. "Er ist mein Stürmer Nummer 1. Er kann links wie rechts schießen, mit dem Kopf spielen und haut auch aus 20 Metern drauf", schwärmte der "Bomber der Nation" über den jungen Müller.
Kapitän Philipp Lahm sieht den ersten spektakulären Auftritt weniger als Zeichen für die Konkurrenz, sondern vielmehr als Bestätigung für den eigenen Umbruch. "In erster Linie spielen wir für uns. Wir müssen uns wieder vorbereiten und im nächsten Spiel wieder so mutig nach vorne spielen. Konzentriert, defensiv organisiert - dann haben wir auch gegen Serbien sehr gute Chancen, den nächsten Dreier einzufahren", betonte der Münchner vor der Partie im Stadion Nelson Mandela Bay von Port Elizabeth.
Quelle: ntv.de, Jens Mende und Klaus Bergmann, dp