"Die schweren Spiele kommen noch" Löw vermisst Ballack
16.06.2010, 11:15 UhrJoachim Löw stellt sich hinter seinen "Capitano". Tendenziösen Äußerungen, wonach die Nationalmannschaft angesichts ihres grandiosem WM-Auftritts Michael Ballack nicht mehr brauche, widerspricht der Bundestrainer vehement. Lob für die deutsche Youngster-Truppe verteilt Rudi Völler: Die sind besser als das Team des Vize-Weltmeisters von 2002.

Er hat Spiele gegen große Mannschaften entschieden: Löw über Ballack.
(Foto: REUTERS)
Trotz des Traumstarts der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in das WM-Turnier vermisst Joachim Löw offenbar seinen verletzten Kapitän Michael Ballack. "Ich wusste, dass ein Bastian Schweinsteiger jetzt mehr Verantwortung übernimmt. Und es ist wirklich gut, wie sich Khedira entwickelt. Aber Michael wäre mit seiner Präsenz und Erfahrung sehr wichtig gewesen", antwortete der Bundestrainer im Interview mit der "Bild"-Zeitung auf die Frage, ob er Ballack überhaupt noch braucht.
Die Meinung des niederländischen Nationalspielers Wesley Sneijder, der behauptet hatte, Deutschland sei ohne Ballack besser, kann Löw deshalb auch nicht teilen. "Nein, das glaube ich nicht. Michael hat so viele gute Spiele für Deutschland gemacht. Es stimmt, dass wir Michaels Ausfall ziemlich gut verarbeitet haben. Aber Michael ist ein Spieler, der oft im Verlauf eines Turniers wichtige Akzente gesetzt und Spiele gegen große Mannschaften entschieden hat", sagte der 50-Jährige, der sich nach dem 4: 0-Auftaktsieg seiner Mannschaft gegen Australien über die hervorragende Stimmung in der Heimat freut.
Keine Genugtuung
"Ich habe wenig gelesen nach unserem Sieg. Aber wir alle haben hier in Südafrika die Begeisterung in Deutschland mitgekriegt, die Fan-Feste, das Public Viewing, das die Leute zu Hause auf den Straßen feiern. Das ist ein schönes Gefühl", sagte der Bundestrainer, der den Sieg gegen die Socceroos aber nicht überbewerten will und vor dem zweiten Gruppenspiel am Freitag gegen Serbien den Ball flach hält: "Ich habe der Mannschaft am Montag gesagt: 'Leute, das war jetzt ein Spiel, die schweren Spiele kommen noch! Lasst euch nicht blenden!' Das Schwierigste bei einem Turnier ist doch, die Konstanz zu halten. Aber natürlich bin ich glücklich, dass wir so gut gestartet sind."
Genugtuung verspüre er aber nicht, nachdem er vor der WM für die Nichtberücksichtigung von Torsten Frings und Kevin Kuranyi viel Kritik einstecken musste: "Ich hatte immer eine klare Vorstellung und eine klare Spielidee, also haben wir Spieler ausgesucht, die in dieses System passen. Unser Maßstab ist, mit technisch starken Spielern zusammenzuarbeiten." Ob er aber alles richtig gemacht habe, werde sich erst im Verlauf des Turniers zeigen.
Völler verteilt Lorbeeren
Rudi Völler schätzt die aktuelle deutsche Fußball-Nationalmannschaft stärker ein als das Team des Vize-Weltmeisters von 2002. "Philipp Lahm hat recht, wenn er sagt, dass es die beste Mannschaft seit 2004 ist. Ich würde sogar noch weitergehen. Ganz klar ist die aktuelle Mannschaft auch besser als die von 2002. Sie verfügt über eine höhere fußballerische Qualität", sagte der frühere DFB-Teamchef, der vor acht Jahren in Yokohama mit der DFB-Auswahl das WM-Finale gegen Brasilien 0:2 verloren hatte, im Gespräch mit dem DFB.
Der Weltmeister von 1990 traut dem Team von Joachim Löw bei der WM in Südafrika nach dem Traumstart gegen Australien (4:0) noch eine Menge zu. "Der Auftakt hat bestätigt, dass mit uns zu rechnen ist, die anderen müssen uns erst mal schlagen. Bisher waren alle Spiele ein bisschen enttäuschend, mit Ausnahme des deutschen Spiels und des Spiels der Argentinier", sagte Völler, für den aber nach wie vor Europameister Spanien und Rekord-Weltmeister Brasilien die Top-Favoriten sind.
Für den Sportchef von Bayer Leverkusen hat die deutsche Mannschaft auch über die WM in Südafrika hinaus glänzende Perspektiven: "Wenn ich an Spieler wie Höwedes und Hummels denke, oder an unseren Leverkusener Reinartz, dann mache ich mir keine Sorgen. So viele gute und junge Fußballer auf einen Schlag und in allen Mannschaftsteilen hatten wir in Deutschland schon lange nicht mehr."
Quelle: ntv.de, sid