Gruppe D: Deutschland im Porträt Ballack setzt auf Statistik
27.05.2010, 19:20 UhrJoachim Löw muss sich Kritik gefallen lassen. Millionen Deutsche spielen Teamchef, doch nur einer nominiert den Kader der Nationalmannschaft: Der Bundestrainer selbst. Die Erwartungen sind hoch, auch ohne Michael Ballack. Dessen Ausfall könnte am Ende sogar zum Erfolg beitragen.
Dritter, Zweiter, Erster: Nach dieser simplen Formel peilt die deutsche Fußball-Nationalmannschaft bei der ersten Weltmeisterschaft auf afrikanischen Boden ihren vierten WM-Titel an. "2006 sind wir im eigenen Land Dritter geworden, vier Jahre später bei der EM Zweiter. Das ist es doch klar, dass wir uns in Südafrika noch einmal verbessern wollen", sagte DFB-Kapitän Michael Ballack, der den WM-Triumph als "möglich, wenngleich auch sehr schwer" beschreibt.
Doch der 33-Jährige wird am Kap der guten Hoffnung nicht in Aktion treten. Ein Foul von des gebürtigen Berliners Kevin-Prince Boateng vom FC Portsmouth im FA-Cup-Finale beendete den WM-Traum von Ballack vorzeitig. Bei der rüden Attacke erlitt der Mittelfeldspieler, der mit Chelsea die Meisterschaft und den Pokalsieg errang, einen Innenbandriss und einen Anriss der Syndesmose im rechten oberen Sprunggelenk. Nach Torwart Rene Adler ist Ballack der zweite Stammspieler, der kurzfristig ausfiel.
"Wir können jeden schlagen"
Aus deutscher Sicht steht die WM in Südafrika aber auch im Zeichen von Robert Enke, der sich am 10. November 2009 das Leben nahm. Der Torwart, der an starken Depressionen gelitten hat, wäre mit ziemlicher Sicherheit am Kap der guten Hoffnung dabei gewesen. Die Mannschaft wird deshalb auch bei diesem Turnier für ihren ehemaligen Mannschaftskollegen spielen.
Trotz der tiefen Trauer um Enke hat Bundestrainer Joachim Löw aber für die WM das das Maximalziel ausgerufen. "Wir reisen nach Südafrika, um ins Finale zu kommen und dann auch möglichst zu gewinnen. Wir wissen, dass wir jeden Gegner schlagen können. Aber uns ist auch bewusst, dass die Konkurrenz sehr groß ist", sagte der Bundestrainer, der vor Bekanntgabe seines WM-Kaders reichlich Kritik einstecken musste. Vor allem die Nichtberücksichtigungen von Kevin Kuranyi und Torsten Frings konnte nicht jeder nachvollziehen. Dass der Bundestrainer für den verletzten Adler, der als Nummer eins in Südafrika vorgesehen war, den Münchner Meister-Torwart Jörg Butt ins Boot holte, fand dagegen nahezu ungeteilten Beifall.
Platz für den vierten Stern
Löws Sympathiewerte in Deutschland waren zu Jahresbeginn gesunken, nachdem seine als sicher geltende Vertragsverlängerung mit dem Deutschen Fußball-Bund geplatzt war und Details an die Öffentlichkeit geraten waren, die dem 50-Jährigen gar nicht passten. Das Thema Vertragsverlängerung wurde deshalb auf die Zeit nach der WM verschoben. Dass Löw bleibt, ist allerdings eher unwahrscheinlich.
Dasselbe gilt auch für Teammanager Oliver Bierhoff, der aber trotz der Turbulenzen für die WM Optimismus verbreitet. "Wir haben die Botschaft verstanden, dass auf unseren Trikots noch Platz für den vierten Stern ist", sagte der frühere DFB-Kapitän, der 1996 selbst mit seinem Golden Goal im EM-Finale gegen Tschechien im Londoner Wembleystadion für den letzten Titel einer deutschen Mannschaft gesorgt hatte.
Sieben Endspiele
Zuvor hatte die DFB-Auswahl bereits 1972 und 1980 den EM-Titel gewonnen. Die drei Sterne auf den deutschen Hemden stehen aber für die drei WM-Triumphe: 1954 beim legendären Wunder von Bern unter Sepp Herberger sowie Kapitän Fritz Walter, 1974 bei der Heim-WM unter Helmut Schön und 1990 in Italien unter dem deutschen Fußball-Kaiser Franz Beckenbauer als Teamchef.
Die DFB-Auswahl zählt zu den erfolgreichsten Nationalteams der Welt. Insgesamt stand Deutschland siebenmal in einem WM-Endspiel, zuletzt 2002 in Südkorea und Japan, als sie gegen Rekordweltmeister Brasilien mit 0:2 den Kürzeren zog. Auch 1966, 1982 und 1986 musste sich die Mannschaft mit dem Bundesadler auf der Brust mit dem "Titel" Vize-Weltmeister begnügen. Hinzu kommen noch drei dritte Plätze 1934, 1970 und 2006 sowie ein vierter Platz 1958.
Mit insgesamt elf Halbfinalteilnahmen ist Deutschland in dieser Auflistung sogar besser als der fünfmalige Titelträger Brasilien. Die Südamerikaner liegen allerdings in der ewigen WM-Tabelle mit 209 Punkten vor Deutschland (187). Italien (151) und Argentinien folgen mit Abstand (112).
Quelle: ntv.de, Jürgen Zelustek, sid