Paulke erklärt neue Darts-Welt "Michael van Gerwen ist ratlos"
31.07.2019, 10:05 Uhr
Michael van Gerwen ist beim World Matchplay bereits im Achtelfinale ausgeschieden.
(Foto: imago images / Future Image)
Als erst vierter Darts-Profi in der Geschichte hat Rob Cross neben der Weltmeisterschaft auch das World Matchplay gewonnen. Das haben zuvor nur Phil Taylor, Gary Anderson und Michael van Gerwen geschafft. Für Letzteren läuft es dagegen seit geraumer Zeit überhaupt nicht rund.
Durch den Sieg beim zweitwichtigsten Turnier des Darts-Jahres konnte Rob Cross am Sonntag neben der "Phil-Taylor-Trophy" auch 150.000 Pfund (etwa 167.000 Euro) einsacken. Im Finale des World Matchplay setzte sich der gelernte Elektriker mit 18:13 gegen den diesjährigen WM-Finalisten Michael Smith durch. Im Interview mit n-tv.de blickt Deutschlands bekanntester Darts-Kommentator Elmar Paulke auf das Turnier im englischen Blackpool zurück und erklärt, warum Weltmeister Michael van Gerwen schwächelt und die deutschen Spitzenspieler immer besser werden.
n-tv.de: Rob Cross hat es im Matchplay-Finale trotz schneller 9:0-Führung spannend werden lassen. Wie ist ein solch kurioser Spielverlauf zu erklären?
Elmar Paulke: Das ist dem Modus geschuldet. In so einem langen Spiel kannst Du auch mal eine längere Krise wettmachen. Ein erstaunliches Phänomen, aber das war ja auch im Halbfinale von Cross gegen Daryl Gurney erkennbar, als Cross wiederum einen klaren Rückstand noch gedreht hat. Und tatsächlich hat im Finale nicht viel gefehlt, dann hätte Cross das gleiche Schicksal ereilt.
Michael Smith hat innerhalb von knapp 14 Monaten die Finals der Premier League, der WM und des World Matchplay erreicht, jedoch alle dieser großen Matches verloren. Wann geht ein so starker Spieler wie Smith endlich den letzten Schritt und gewinnt ein "Major"-Turnier der PDC.
Einige sagen, der gewinnt zwangsläufig in naher Zukunft ein großes Turnier, weil er so unfassbar gut und talentiert ist. Vielleicht sind drei verlorene Major-Finals noch nicht aussagekräftig genug, aber Michael Smith muss aufpassen, dass er kein ewiger Zweiter wird. Man hat auch in diesem Finale wieder gesehen, dass er in so einer Partie nicht das spielt, was er kann. Ich hatte das Gefühl, er denkt zu viel, ist nicht locker genug und einfach zu gierig.
Sprechen wir über Michael van Gerwen. Der ist zwar immer noch die klare Nummer eins der Weltrangliste, steckt aber aktuell in der Krise. Beim World Matchplay ist er im Achtelfinale an Glen Durrant gescheitert, seit dem Gewinn der Premier League Ende Mai hagelt es Niederlagen. Was ist da los?
Vielleicht ist es einfach normal, dass auch ein Michael van Gerwen mal zwei Monate lang nicht sein Topniveau spielt. Ich erinnere immer gerne an Phil Taylor, der ja auch über Jahre diese Dominanz hatte, bis man plötzlich das Gefühl bekam, der trifft ja kein Doppel mehr. Das kann wahnsinnig schnell gehen und dann schwindet das Selbstvertrauen. Und wenn das erstmal weg ist, dann dauert es eben einige Zeit, bis van Gerwen wieder Topniveau spielt. Er ist aktuell ratlos und weil er selbst nicht weiß, was das Problem ist, kann er es auch nicht lösen.
Mit Glen Durrant, der es nach dem Sieg über "MvG" sogar bis ins Matchplay-Halbfinale geschafft hat, gibt es einen neuen starken Mann bei der PDC. Ist "Duzza" jemand, der konstant in der PDC-Spitze mitspielen kann?

Elmar Paulke kommentiert für DAZN sämtliche Darts-Events und ist auch als "Master of Ceremonies" im Einsatz.
(Foto: imago images / osnapix)
Ja, der hat das Potenzial, sich mindestens in die Top 10 der Weltrangliste zu spielen. Und er hat auch gerade gegen van Gerwen gezeigt, wie stark er in entscheidenden Momenten ist, wie gut er unter Druck spielen kann. Er tut auch der ganzen Tour gut, weil er eben keiner der jungen Wilden ist, sondern ein Gentleman Ende 40, der das Bild der PDC wunderbar komplettiert.
In den vergangenen Jahren wirkten die Top 10 der Weltrangliste regelrecht zementiert. Ist die PDC in der Spitze mittlerweile spannender geworden?
Es gibt so viel Bewegung wie seit Jahren nicht mehr. Die WM hat uns gezeigt, wo es hingeht. Das ist ein Generationenwechsel, den wir gerade erleben. Viele etablierte Spieler bekommen ordentlich Druck von den vielen talentierten jungen Spielern. Die sind unfassbar motiviert und wissen, dass sie mit Darts ihren Lebensstandard komplett verändern können.
Für den einzigen deutschen Teilnehmer beim World Matchplay hat es in diesem Jahr zum ersten Mal für das Achtelfinale gereicht. Max Hopp besiegte Dave Chisnall mit 11:9 und unterlag Michael Smith nur knapp mit 10:12. Wie bewerten Sie das Turnier des "Maximiser"?
Das war ein richtig gutes Turnier. Er ist viel ruhiger geworden, tritt deutlich routinierter auf und traut sich auch zu, die großen Jungs zu packen. Wenn man sich das Turnier von Smith anschaut, da war das Spiel gegen Hopp sein schwierigstes auf dem Weg ins Finale. Ich habe aber auch das Gefühl, dass er noch ein paar Prozent Luft nach oben hat. Hopp kann jetzt den nächsten Schritt gehen. Er will es bis zur WM in die Top20 schaffen. Der Plan könnte aufgehen und dann ist er auch nicht mehr weit weg von den Top16.
Das nächste große Ranglistenturnier ist Anfang Oktober der World Grand Prix in Dublin. Aktuell sieht es so aus, als könnte sich mit Gabriel Clemens ein zweiter Deutscher neben Hopp für das Turnier qualifizieren. Spätestens nach seinem Finaleinzug beim German Darts Masters in Köln gilt Clemens schon als heimliche Nummer eins in Darts-Deutschland. Was können wir von ihm in Zukunft erwarten?
Clemens hat sich in relativ kurzer Zeit an die großen Bühnen gewöhnt, das hat das Turnier in Köln endgültig bestätigt. Von daher glaube ich, bei ihm geht es noch weiter nach oben. Aber er muss trotzdem erstmal das schaffen, was Max Hopp schon gepackt hat. Wir haben auch bei Max gesehen, wie lang es dauert, bis man in den Top32 ist. Es ist wunderbar, dass sich Darts-Deutschland nicht nur auf einen Spieler stürzt. Wir haben mit Hopp, Clemens und auch Martin Schindler drei Spieler, die bei den Turnieren alle ein paar Runden gewinnen können und einer kann sich immer mal auch ganz weit nach vorne spielen.
Der August ist etwas ruhiger in der Darts-Welt. Die Topstars spielen auf der World Series in Australien und Neuseeland drei weniger bedeutende Einladungsturniere. Mit dabei ist auch Raymond van Barneveld, der seine ruhmreiche Karriere nach der Saison beenden wird. Zeigt "Barney" im spätesten Spätherbst seiner Karriere nochmal seine Klasse?
Ich habe den Eindruck, wenn er sich zusammenreißt, ein letztes Mal Gas gibt und die WM auch als sein letztes großes Ziel seiner Karriere sieht, dann kann er das hinbekomen. Wenn er aber zu faul ist und nicht mit dem nötigen Ernst dabei ist, kann es auch komplett in die Hose gehen. Meine Tendenz ist aber, er gibt nochmal Gas und es wird ein schöner Ausklang seiner Karriere werden.
Mit Elmar Paulke sprach Kevin Schulte.
Quelle: ntv.de