Dicke Abfahrts-ÜberraschungKira Weidle-Winkelmann rast der Wut und Lindsey Vonn davon

Zwei Jahre lang fährt Kira Weidle-Winkelmann der alpinen Konkurrenz oft nur hinterher. Nun gelingt der Deutschen zu Beginn der Olympia-Saison ein starkes Comeback: In Val d'Isère schlägt sie sogar Lindsey Vonn.
Emma Aicher fuhr weit am Podest vorbei, dafür jubelte eine andere Deutsche: Kira Weidle-Winkelmann hat nach langer Durststrecke ein selten gewordenes Erfolgserlebnis gefeiert. Bei der Abfahrt in Val d'Isère raste die 29 Jahre alte Schwäbin als Zweite erstmals seit fast drei Jahren wieder unter die ersten drei im Weltcup - ein Rennen hat sie noch nie gewonnen.
"Das bedeutet mir sehr viel, es war wirklich eine Durststrecke die letzten zwei Jahre", sagte Weidle-Winkelmann im ZDF. Mit Startnummer eins war sie auf die Piste "OK" gegangen, am Ende war nur die Österreicherin Cornelia Hütter ein wenig schneller als die Wahl-Münchnerin (+0,22 Sekunden). Aicher, die vor einer Woche in St. Moritz gewonnen hatte, kam auf Rang zehn (+1,23): "Ich habe mich heute schwergetan", sagte sie.
"Das ist doch irgendwie ganz überraschend"
Weidle-Winkelmann machte im Ziel gleich mehrfach große Augen: Zunächst, als die am Ende drittplatzierte Lindsey Vonn (USA) um 0,09 Sekunden langsamer war als sie, ein weiteres Mal, als auch Sofia Goggia aus Italien nach einer arg missratenen Fahrt hinter ihr lag (+0,62). "Ja", bekannte sie mit einem Lächeln, "das ist dann doch irgendwie ganz überraschend, aber die anderen müssen auch erst mal so runterfahren."
Weidle-Winkelmann gilt seit Jahren als großes Versprechen, zu erfüllen schien sie es spätestens nach WM-Silber 2021 - herausgefahren auf der "Olimpia delle Tofane", wo nun fünf Jahre später auch die Olympia-Abfahrt ausgetragen wird. Seit diesem Coup fuhr Weidle-Winkelmann nur viermal auf das Podest, ihre beste Platzierung dabei war ein zweiter Platz im Januar 2022. Bei Olympia kurz darauf wurde sie undankbare Vierte.
"Weil ich gesagt habe, ich habe die Schnauze voll"
Weidle-Winkelmann schien nicht mehr voranzukommen, "es war wirklich hart, vor allem auch letzte Saison dann mit nochmal einer sauverpatzten WM", sagte sie jetzt und ergänzte: "Egal, was ich probiert habe, es hat einfach nicht hinhauen wollen." Nach der vergangenen Saison drückte sie deshalb den Resetknopf, "weil ich gesagt habe, ich habe die Schnauze voll, ich muss irgendwas komplett ändern". Es scheint gewirkt zu haben.
Tatsächlich scheint sich die erneuerte Weidle-Winkelmann auch von Aicher etwas abgeschaut zu haben: "Ich habe für mich selbst einfach ein bisschen eine andere Herangehensweise gefunden, ein bisschen mehr Lockerheit, mehr Spaß an dem ganzen Sport. Das ist schön, wenn sich das wieder bezahlt macht."