Sport

Streit um Internet-Zensur Kritik an Peking wächst

Wegen der Internet-Zensur vor den Olympischen Spielen in Peking wächst der Druck auf die Organisatoren. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) forderte die chinesische Regierung auf, den Journalisten gute Arbeitsbedingungen zu gewähren. Sein Amtskollege Yang Jiechi habe ihm dies auf seine persönliche Bitte hin zugesichert, sagte Steinmeier in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Das Internationale Olympische Komitee (IOC) räumte eine gewisse Naivität bei seinem Vorgehen ein. Das chinesische Organisationskomitee erklärte kurz vor Beginn der Spiele, Demonstrationen müssten fünf Tage im Voraus schriftlich angemeldet werden.

Steinmeier sagte mit Blick auf die Arbeitsbedingungen weiter, er begrüße, dass China die Bedeutungen des Themas erkannt und einige Entscheidungen überdacht habe. Unter internationalem Druck hatte China jüngst für Journalisten Webseiten wie die von Amnesty International, der Deutschen Welle und der BBC freigegeben. Andere Angebote wie Blogs von US-Zeitungen blieben jedoch gesperrt. Steinmeier forderte auch das IOC zum Einsatz gegen die Zensur in Peking auf.

Rogge will keinen Protest

IOC-Präsident Jacques Rogge sagte vor Journalisten auf die Frage, ob der Glaube an eine veränderte Haltung Chinas gegenüber dem Internet naiv gewesen sei: "Ich würde sagen, wir sind Idealisten. Idealismus ist mit einer gewissen Naivität verbunden." Amnesty warf dem IOC schwere Versäumnisse vor. Das IOC hätte viel früher nachfragen müssen, ob die chinesische Regierung ihre Versprechen einhalte, sagte die Generalsekretärin der deutschen Amnesty-Sektion, Barbara Lochbihler, der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Gesellschaft für bedrohte Völker forderte den Rücktritt Rogges. "Der IOC-Präsident hat mit seinem katastrophalen Krisenmanagement und widersprüchlicher Informationspolitik der Olympischen Idee und der Achtung der Menschenrechte in China schweren Schaden zugefügt", hieß es. Rogge erklärte, er werde die Athleten auffordern, innerhalb des Olympischen Dorfes und an den Austragungsorten auf politische Proteste verzichten. Mehrere Sportler hatten angekündigt, gegen Menschenrechts- und Tibet-Politik zu protestieren.

Zum Engagement für Tibet forderte der Präsident des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering, auf. "Ich möchte alle Sportlerinnen und Sportler ermutigen, genau hin- und nicht wegzusehen", schrieb Pöttering in einem Gastbeitrag für die "Bild am Sonntag". Dagegen warnte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) die deutschen Olympia-Athleten vor unüberlegten Protesten gegen Menschenrechtsverletzungen gewarnt. In einem Interview der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" betonte der für den Sport zuständige Minister: "Die Sportler sollten auch daran denken, dass es nicht sinnvoll wäre, sich die Erfolge jahrelanger Vorbereitung durch einen Regelverstoß zu zerstören." Schäuble meinte, Sportler seien mündige Bürger, sie könnten selbstbewusst ihre Meinung äußern - aber sie seien dazu nicht verpflichtet. Und natürlich müssten sie sich an die Regeln des IOC halten. Schäuble betonte, er selbst werde sich dafür einsetzen, dass diese nicht zu kleinlich angewendet würden.

China hat drei Parks in Peking als Orte für offiziell genehmigte Demonstrationen während der Spiele bestimmt. Der schriftliche Antrag für Protestkundgebungen müsse auf Chinesisch sein und persönlich eingereicht werden, erklärte das Organisationskomitee nun im Internet. Die Demonstrationen dürften nicht gegen nationale Interessen verstoßen. Deutsche Zeitungen und Fernsehsender übten unterdessen Kritik an den Arbeitsbeschränkungen in Peking. ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", entgegen den Zusagen des chinesischen Olympischen Komitees entsprächen die Arbeitsbedingungen in Peking nicht den Standards der Pressefreiheit. Brender nannte China ein "System mit diktatorischen Auswüchsen." Der Vorsitzende des Herausgebergremiums der FAZ, Berthold Kohler, kritisierte den mangelnden Zugang zu aktuellen internationalen Zeitungen, da diese erst von den Behörden gesichtet würden. "Diese Zensur ist ein Schlag gegen die Pressefreiheit."

Quelle: ntv.de

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