Keine Greta, Kampf gegen Ängste Mit einer Flasche Whisky um die Welt
08.11.2020, 16:40 Uhr
Abenteuerlustig: Boris Herrmann versucht sich am "Everest des Segelns".
(Foto: TEAM MALIZIA)
Boris Herrmann wagt als erster deutscher Segler die Teilnahme an der Vendee Globe. Den Hamburger, der Greta Thunberg über den Atlantik brachte, erwarten beim härtesten Segelrennen der Welt nicht allein gefährliche Wetterkapriolen. Auch mit der Einsamkeit und dem Faktor Angst muss er sich auseinandersetzen.
Die Flasche Whisky darf an Bord der "Seaexplorer" nicht fehlen. Boris Herrmann wird sich beim größten Abenteuer seines Lebens jeweils einen Schluck gönnen, wenn er die drei Kaps der Guten Hoffnung, Leeuwin und Hoorn passiert hat. Es sind Meilensteine auf dem Weg zum "Everest des Segelns".
Herrmann, 39 Jahre alter Familienvater aus Hamburg, startet als erster deutscher Skipper bei der sagenumwobenen Vendee Globe, dem wohl härtesten Segelrennen der Welt einmal um den Globus. Herrmann nimmt es solo mit 32 Konkurrenten und drei Weltmeeren auf, mit schweren Stürmen, hohen Wellen und dem Kampf gegen die Einsamkeit an Bord seiner 18 Meter langen Hightechyacht.
"Einsamkeit wird eine Rolle spielen, aber auch die Länge der Reise an sich ist eine Herausforderung", sagte Herrmann: "Wenn man da sitzt und denkt: Oh Gott, jetzt habe ich hier schon so viel gekämpft und auf dem Globus nur einen Zentimeter Fortschritt gemacht. Und die ganze Erdkugel liegt noch vor mir."
"Gebe ich meiner Angst Raum?"
Los geht's am Sonntag aus der französischen Hafenstadt Les Sables-d'Olonne auf eine rund 45.000 Kilometer lange Reise voller Tücken. Erst auf dem Atlantik durch den Golf von Biskaya zum Kap der Guten Hoffnung, dann in den Indischen Ozean an Australien vorbei in den Pazifik, bevor die Strecke wieder zurück in den Atlantik und in den Starthafen führt. Bei der Ausgabe 2016/17 schaffte der Franzose Armel Le Cleac'h die Strecke in der Rekordzeit von 74 Tagen, drei Stunden, 35 Minuten und 46 Sekunden.
Herrmanns einst mehr als fünf Millionen Euro teures Schiff ist hypermodern ausgestattet, kann Wale mit Signalen verschrecken, herumtreibende Schiffscontainer orten, es richtet sich bei einer Kenterung von selbst wieder auf. Doch auf hoher See lauern viele Unwägbarkeiten, die Angst segelt auch bei Herrmann "nach wie vor" mit.
Wenn die acht Tonnen schwere Yacht bei 70 Kilometer pro Stunde Geschwindigkeit auf die Wellen kracht, schreie die innere Stimme 'es kann nicht richtig sein, das Boot muss gleich explodieren', berichtete Herrmann. Man stehe immer wieder, tags und nachts, vor der Entscheidung: "Fahre ich langsamer, gebe ich meiner Angst Raum, oder will ich im Wettkampf dabeibleiben?" Jede Entscheidung muss Herrmann alleine treffen. Es hat bei der seit 1989 ausgetragenen Regatta auch Todesfälle gegeben.
Auf der Suche nach Gretas Zeichnungen
Es ist die Abenteuerlust, die die unglaublich mutigen 27 Männer und sechs Frauen auf den Ozean hinauszieht, sie zur Teilnahme an der alle vier Jahre ausgetragenen Vendee Globe bewegt mit all den Risiken und Entbehrungen. Herrmann schläft während der gesamten Regatta immer nur maximal eine Stunde am Stück, ständig gibt es etwas an Bord des Schiffs zu korrigieren, auf dem er auch schon Greta Thunberg über den Atlantik nach New York gebracht hat.
Die schwedische Klimaaktivistin wäre gerne vor Ort dabei gewesen, wenn Herrmann sich am Sonntag auf den Weg macht. Das ist aufgrund von Corona nun nicht möglich. "Aber sie hat mir Glück gewünscht und gesagt, dass auf dem Boot noch versteckte Zeichnungen von ihr sind", sagte Herrmann: "In Ecken hat sie kleine Skizzen auf den Rumpf gezeichnet. Wenn ich ruhige Momente habe, kann ich mal durchs Boot kriechen und sie suchen."
Quelle: ntv.de, dbe/sid