Edina Müller mit Kanu - und Sohn Stillende Mutter bei Tokio-Spielen missachtet
17.08.2021, 18:05 Uhr
Edina Müller peilt ihre dritte Olympia-Medaille an.
(Foto: imago images/Sven Simon)
Edina Müller ist eine der Medaillenkandidatinnen im deutschen Paralympics-Team für Tokio. Dass die 38-Jährige jetzt glücklich in den Flieger steigen kann, hat sie ihrer Hartnäckigkeit zu verdanken. Denn sie ist auch Mutter und stillt ihren Sohn. Doch der bekommt lange keine Einreise-Erlaubnis.
Für Edina Müller sind die Paralympics in Tokio eine sportliche Herausforderung - die nervliche Belastung in den Wochen zuvor war aber größer. Die Planung und Vorbereitung neben dem Training entpuppte sich als stressige Familienangelegenheit. Denn für die Para-Kanutin, die an diesem Dienstag nach Japan geflogen ist und am 2. September ihren Vorlauf über 200 Meter bestreitet, ist immer klar gewesen: Mein Sohn Liam muss mit. Doch was so selbstverständlich klingt, sollte aufgrund der großen Einschränkungen im Gastgeberland wegen der Corona-Pandemie zu einem nervenzehrenden Hickhack für die 38-Jährige ausarten.
Denn Edina Müller stillt ihren Sohn noch. Und dass stillende Mütter ihre Kinder mitnehmen müssen, "das hatten sie nicht auf dem Schirm", meinte die Hamburgerin über die Organisatoren. Deshalb habe sie über Monate Anträge an das japanische Paralympics-Komitee, den internationalen Behindertensport-Verband, die deutsche Botschaft und das Außenministerium gestellt, sagte Müller. Ohne Erfolg. Dass das Problem schließlich doch gelöst wurde, sei dann aber vor allem dem Zusammenschluss mit anderen Müttern in der Organisation "&mother" zu verdanken gewesen, versicherte sie.
Hotelsuche kompliziert
"Aber das war schon sehr belastend. Da sind 70 Prozent meiner Energie hineingegangen", räumte die querschnittsgelähmte Sportlerin ein. Zumal es nicht dabei blieb. Denn im paralympischen Dorf darf sie mit ihrem Partner und ihrem gemeinsamen Sohn trotzdem nicht wohnen. "Die Japaner haben uns eine Liste mit akkreditierten Hotels geschickt, und wir wollten möglichst nahe am Dorf sein. Aber es gab nur eines, welches ein barrierefreies Zimmer hatte."
Trotz der Widrigkeiten bekannte die Sporttherapeutin, die 2012 in London Gold mit der deutschen Rollstuhlbasketball-Mannschaft gewann und vier Jahre später in Rio de Janeiro im Para-Kanu-Wettbewerb zu Silber fuhr: "Ich habe auf jeden Fall das Ziel, eine Medaille zu holen."
Allerdings sei es schwer für sie, sich im Vorfeld mit der Konkurrenz zu vergleichen und den eigenen Standort zu bestimmen. "Wir haben die Gegner lange nicht gesehen. Es haben keine Wettkämpfe stattgefunden. Oder die Gegner sind nicht gekommen. Oder wir sind nicht hingefahren", erklärte sie.
Zwar reist sie nach ihrem Triumph bei den deutschen Meisterschaften am vergangenen Wochenende in Hamburg mit "einem guten Gefühl" nach Japan, aber die Verunsicherung bleibt. "Das ist schon eine kleine Wundertüte", meinte sie. Was drinsteckt, wird sich spätestens am 4. September zeigen. Denn dann findet das Finale statt.
Quelle: ntv.de, Markus Tischler, dpa