Sie hatten auch im Erfolg stets gewarnt, die deutsche Mannschaft sei noch nicht auf der Überholspur. Ist das mit diesem Spiel bestätigt worden?

Löw: "Es gab in diesen 90 Minuten nur einen Hauptdarsteller, das war die Mannschaft von Tschechien. Diese hat uns zu Recht besiegt, das 3:0 geht in Ordnung. Wir haben in allen Bereichen die Dinge nicht so umgesetzt wie in den letzten Monaten. Nach dem frühen Rückstand haben die Tschechen nachgelegt. Nach dem 2:0 haben wir keine Chance mehr bekommen, den Rhythmus aufzunehmen."

Sie haben einmal gesagt, aus dem 1:4 gegen Italien kurz vor der WM 2006 habe man viel lernen können. Ist ein ähnlicher Impuls aus dieser Niederlage möglich?

Löw: "Also, aus diesem Spiel wird man schon einiges lernen. Und da werden noch einige Dinge deutlich zu besprechen sein beim nächsten Länderspiel. Organisation, Tempo, Spiel ohne Ball - das war nicht so vorhanden wie die letzten Monate."

Wie trifft Sie persönlich dieser erste Rückschlag in Ihrer Amtszeit?

Löw: "Als herben Rückschlag würde ich das nicht bezeichnen. Wir haben uns sehr früh qualifiziert, das war unsere erste Zielsetzung. Zudem habe ich bei allem Erfolg, den wir in den letzten Monaten hatten und bei dem wir immer wieder Ausfälle kompensiert haben, immer gesagt, dass wir noch lange nicht da sind, wo ich es mir vorstelle. Damit muss man umgehen, daraus muss man lernen und Lehren ziehen. Aber es ist jetzt nicht so, dass wir eine tiefe Enttäuschung mitnehmen."

Hat die Tatsache, dass man schon für die EM qualifiziert war, eine Rolle gespielt?

Löw: "Ich weiß es nicht. Es ist mir im Moment unerklärlich, warum wir so schwerfällig und zäh ins Spiel gekommen sind. Das gilt es schon zu analysieren."

Sind Sie froh, dass durch diese klare Niederlage die Euphorie gedämpft wird?

Löw: "Ich bin natürlich nicht froh über eine Heimniederlage gegen Tschechien. Aber eines ist doch klar: Vor zwei Tagen war noch überall zu hören, wir sind der EM-Topfavorit. Und jetzt sind wir es nach einer Niederlage nicht mehr. Letztendlich geht es um eine Entwicklung über Monate hinweg. Da hat die Mannschaft Riesenfortschritte gemacht. Dieses Spiel wird uns mit Sicherheit nicht aus der Bahn werfen. Dafür ist die Mannschaft einfach schon zu reif. Spieler, die heute gefehlt haben, kommen zurück. Es hat schon Substanz gefehlt. Entscheidend ist sowieso 2008. Wenn der erste Pfiff ertönt, beginnt das Kräftemessen bei der EM und nicht vorher. Wir sind nicht der EM-Topfavorit. Wir gehören zum Favoritenkreis. Aber wir müssen schon noch einiges verbessern, um dieser Rolle gerecht zu werden."


Sind Sie von den Pfiffen überrascht worden, die drastisch ausfielen?

Löw: "Ich sage mal, nach einem 0:3 war es klar, dass die Zuschauer ihren Unmut äußern. Wobei ich sage, diese Mannschaft hat eigentlich keine Pfiffe verdient. Es waren sehr viele junge Spieler auf dem Platz, junge Spieler, die in der Entwicklung sind, die in den letzten Monaten hervorragend gespielt haben. Ich hätte es besser gefunden, wenn man einfach ruhig ist und die Mannschaft nicht auspfeift, klar."

Aufgezeichnet von Klaus Bergmann, dpa