Basketball-Spektakel mit Makel Wie das Allstar-Game zur Farce wird
23.03.2019, 11:24 Uhr
Derrick Williams wäre ein Mann fürs Spektakel gewesen -d ie Münchener wollen ihn aber nicht für den Allstarday abstellen.
(Foto: imago images / Oryk HAIST)
Die Top-Klubs Alba Berlin und FC Bayern schicken ihre Basketballer nicht zum Allstar-Game nach Trier. Das ist nachvollziehbar, entwertet die Veranstaltung aber auf skurrile Weise. Denn die Verantwortlichen ignorieren das - und werben einfach weiter mit den Abwesenden.
Für den neuen Termin haben sich die Verantwortlichen der Basketball-Bundesliga "Sternschnuppen" gewünscht. Was sie nun am Abend beim Allstar-Day in Trier erhalten werden, gleicht indes eher einer wolkenverhangenen Nacht mit wenig Aussicht auf Erleuchtung. Denn vor dem Einlagespiel zwischen deutschen und internationalen Profis hagelt es Absagen. Pikant: Geworben wird trotzdem noch mit Spielern, die in Trier definitiv nicht dabei sein werden.
Beim Allstar-Day sollen die besten deutschen Profis gegen die besten Importspieler antreten. Sie sollen den Fans ein Spektakel liefern. Offense schlägt Defense. Spektakuläre Aktionen werden von "Uuuuhhhs" und "Aaaaahhhs" des Publikums begleitet. Und am Ende des Abends sollten die Jungs auf dem Feld und die Fans auf den Rängen die Halle verlassen und denken: "Was für ein geiler Abend." Das alles ist Konjunktiv. Weil es in diesem Jahr ein Spektakel mit Makel sein wird. Überschattet wird die Straße zum "ASD" von Absagen. Die "Augsburger Allgemeine" schreibt im Vorfeld bereits von einer Farce.
16 Uhr: Offizieller Einlass
16.15 Uhr: Autogrammstunde
17.15 Uhr: NBBL ALLSTAR Game
18.45 Uhr: Dreier-Contest mit Philipp Schwethelm (EWE Baskets Oldenburg), De’Mon Brooks (medi bayreuth), Per Günther (ratiopharm ulm), Rickey Paulding (EWE Baskets Oldenburg), T.J. Bray (RASTA Vechta) und Lokalmatador Jermaine Bucknor (RÖMERSTROM Gladiators Trier)
19.15 Uhr: Dunking-Contest mit Aaron Best (MHP RIESEN Ludwigsburg), Elijah Clarance (Fraport Skyliners), Javonte Green (ratiopharm Ulm) und Austin Hollins (RASTA Vechta)
20.30 Uhr: Beginn des ALLSTAR-Games
Es war eine schöne Tradition. Das Allstar-Spiel war im Kalender der Basketballer seit der 15. Auflage im Jahr 2002 immer (!) im Januar verortet. Eine Phase, in der es nicht um Titel geht. In der der Spaß für ein Wochenende im Vordergrund stehen kann. Im vergangenen Sommer wurde in der BBL-Zentrale in Köln jedoch entschieden, den Termin zu verschieben. "Wegen des neuen Spielplans und des neu geschaffenen Pokalwettbewerbs", so heißt es in der entsprechenden Pressemitteilung der BBL, sei der Termin vom Januar in den März verlegt worden. Und exakt an dieser Stelle wird es problematisch.
Berlin und München ziehen das Personal ab
Denn der neue Termin sorgt dafür, dass beim Schaulaufen, das in diesem Jahr am Traditionsstandort Trier stattfindet, die Profis von Alba Berlin und des FC Bayern München vor allem dadurch in Erinnerung bleiben werden, dass sie nicht dabei sein werden. Neben Alba-Coach Aito Garcia Reneses werden sowohl die deutschen Nationalspieler Johannes Thiemann und Niels Giffey am Samstag fehlen. Ebenso wird Luke Sikma seiner Nominierung nicht nachkommen. Die Albatrosse hatten tatsächlich einen Terminkonflikt. Sie haben am Freitagabend in Andorra erfolgreich um den Einzug ins Finale des Eurocups gekämpft. Das war nicht zwingend absehbar, ein entscheidendes Spiel hätte am Mittwoch in Berlin gedroht. Die Absage der Korbjäger aus der Hauptstadt hat also rein sportliche Gründe.
Der letzte internationale Erfolg der Berliner, der gleichzeitig einer der größten Erfolge der deutschen Klubgeschichte ist, liegt mittlerweile 24 Jahre zurück. 1995 konnte Alba sensationell den Korac-Cup gewinnen. Das damalige Team um Sasa Obradovic, Ademola Okulaja, Stefan Baeck und dem heutigen Bundestrainer Hendrik Rödl besiegte Stefanel Mailand nach einem 87:87 im ersten Anlauf mit 85:79. Ähnlich wie der EM-Titel 1993 ist dieser Erfolg ein Meilenstein in der deutschen Basketball-Geschichte. Nun können die Berliner ein weiteres Mal Geschichte schreiben. Und darauf legen sie ihren Fokus - was absolut nachvollziehbar ist.
Dass die Bayern ihre Spieler am Samstag nicht zum Schaulaufen nach Rheinland-Pfalz schicken, hat indes ein Geschmäckle. Ja, die Münchener müssen bereits am kommenden Montag wieder aufs Parkett und ein Nachholspiel gegen Würzburg bestreiten. Und weil der Liga-Primus ausgeruht in diese Partie gegen den Tabellenachten gehen will, werden Ex-NBA-Star Derrick Williams, Scharfschütze Braydon Hobbs, der für den Dreier-Contest nominiert war, sowie die deutschen Nationalspieler Danilo Barthel und Maodo Lo am Samstagabend die Füße hochlegen.
"Da gaggeln nicht die besten Akteure, sondern Ersatzkandidaten"

Niels Giffey wäre einer der Stars beim Allstarday gewesen - aber er wird aus sportlichen nachvollziehbaren Gründen geschont.
(Foto: imago/Camera 4)
Dass mit Lo, Barthel und Giffey der Großteil der nationalen Startformation wegbricht, kommt auch bei den Fans nicht gut an. Im Forum "schoenen-dunk.de" wird fleißig diskutiert, ob das Konstrukt des Allstar-Days nicht obsolet ist. "Am Ende gaggeln nicht die besten Akteure in Trier, sondern etliche Ersatzkandidaten. Damit ist das All-Star-Game de facto keines mehr und wird dem eigenen Titel nicht mehr gerecht. Deshalb liebe Ligaverantwortliche, lasst das Event in Würde und für den sportlichen Wettbewerb sterben", heißt es in der Thread-Eröffnung. Die Diskussion ist emotional, mitunter hitzig. "Die größte Belastung für die Spieler ist die An- und Abreise", schreibt ein weitere Foren-Nutzer. Und damit trifft er tendenziell einen wunden Punkt.
Denn, dass man bei einem Spaß-Spiel nicht 40 Minuten auf dem Parkett stehen muss, hat im Februar der beste deutsche Basketballer aller Zeiten gezeigt. Dirk Nowitzki wurde in der NBA - wahrscheinlich zum letzten Mal - zum Allstar-Game eingeladen. Am Ende stand der große Blonde aus Würzburg knapp vier Minuten auf dem Parkett, versenkte drei Dreier. Und genoss den Rest des Spektakels als Zuschauer. Dass die BBL trotz der Absagen am Plakat mit Nationalspieler Niels Giffey festhält, macht das Theater rund um das Einlagespiel nicht leichter nachvollziehbar. Im Gegenteil. Es öffnet dem Unmut der Basketball-Fans Tür und Tor. Und zwar sperrangelweit. "Ich habe gerne Allstar Days gesehen - wegen der Allstars. Dieses Mal fehlt beim Rest vom Fest die Vorfreude", fasst es ein enttäuschter Fan zusammen.
Durch die Absagen gerät auch der deutsche Basketball insgesamt in eine unschöne Situation. Denn: Allstar-Games gehören in den meisten fußballfremden Sportarten zum guten Ton. Die Handballer beispielsweise, die ebenfalls einem straffen Terminplan unterliegen, kommen ihren entsprechenden Schaulauf-Terminen nach. Und am Ende war und ist es der Wunsch von BBL und Basketball-Fans in ganz Deutschland, sich im Zweikampf mit den Handballern um die Gunst der Fans durchzusetzen. Dass die BBL durch ihre Terminverschiebung in den Fokus gerät, dürfte indes nicht im Sinne aller Beteiligten sein...
Quelle: ntv.de