Sport

Dank Advocaat in die Eliteklasse Zenit St. Petersburg gibt Gas

Noch vor zwei Jahren, als Dick Advocaat nach St. Petersburg kam, hing über Zenit eine schwere Melancholie, wie sie viele hoch im Norden Russlands in den langen Winternächten befällt. "Einen schlafenden Klub, in dem die Spieler wie mechanisch trainieren", habe er damals vorgefunden, berichtete der niederländische Trainer jüngst. Doch mittlerweile ist nicht alles, aber vieles anders bei dem Klub, der früher arm war und zahlreiche Musiker in der ehemaligen Zarenstadt zu Liedern inspirierte.

Was sich alles verändert hat, lässt sich an den sportlichen Erfolge ablesen, die im früheren Russland einzig den Moskauer Klubs vorbehalten waren. Doch mittlerweile hat Zenit dem deutschen Rekordmeister Bayern München auswärts ein 1:1 im Hinspiel des UEFA-Cup-Halbfinals abgetrotzt, im Rückspiel könnte erstmals der Einzug in ein europäisches Finale glücken.

Der erste Meistertitel im vergangenen Jahr und die anschließenden Autokorsos über die Prachtstraße Newskij Prospekt mit den opulenten Bauwerken haben die Begeisterung um den Klub weiter angeheizt, auch wenn Zenit nicht aus eigener Kraft, sondern dank der Gasprom-Millionen den Weg aus der Erfolglosigkeit gefunden hat.

Arm, aber stolz

Manch einem Fan gefällt das zwar nicht. Man sei früher arm, aber stolz gewesen, heißt es manchmal. Doch im heutigen Russland macht vor allem Erfolg sexy, und der Konzern Gasprom will den Klub bis in die Elite Europas pumpen. Zenit gilt als politisches Projekt. Und die beiden wohl bekanntesten Fans haben gute Kontakte: Wladimir Putin, der scheidende Kreml-Chef, und sein Nachfolger Dimitrij Medwedjew.

Ein neues Stadion, futuristisch wie die Münchner Arena, soll künftig 60.000 Zuschauern Platz bieten. Space Shuttle wird es genannt, die hochfliegenden Träume der Macher sind damit hinreichend beschrieben. Das alte Petrowski-Stadion, in dem die Bayern auf holprigem Rasen antreten werden, ist noch ein Zeugnis längst vergangener Zeiten.

Der Gasprom-Konzern, rund 330 Milliarden US-Dollar schwer, hat bereits kräftig investiert. Allein 60 bis 70 Millionen Euro sollen es 2007 gewesen sein, auf die sich Zenits Etat belief. Stars wurden geholt, wie der ukrainische Kapitän Anatolij Timoschtschuk, für den allein 15 Millionen Euro an Schachtjor Donezk überwiesen worden waren. "Das ist erst der Anfang", sagte kürzlich Zenits Sportdirektor Konstantin Sarsanija.

Der Erfolg gibt den Machern recht: In europäischen Wettbewerben durchaus etablierte Klubs wie der FC Villarreal, Olympique Marseille und zuletzt im Viertelfinale Bayer Leverkusen wurden aus dem UEFA-Cup geworfen, in der kommenden Saison tritt man in der Champions League an.

Fast Vertrag mit Ze Roberto

Beinahe hätte auch Bayerns Ze Roberto seinen Teil zum Aufbau Zenits geleistet, doch Sarsanija lockte vor zwei Jahren vergeblich mit den Geldbündeln. Schade, dass das damals nicht geklappt habe, äußerte er, "aber Ze Robertos Frau hat sich einfach geweigert, nach Russland zu fliegen".

Dass umgekehrt mit dem Erfolg auch die Begehrlichkeiten der europäischen Topklubs steigen, macht den Verantwortlichen in St. Petersburg wenig Sorgen. "Wir haben genug Geld", sagte Advocaat kürzlich trocken.

Das hat auch Bayern München Klub-Boss Karl-Heinz Rummenigge schon festgestellt. Die Oligarchen investierten ja nicht mehr nur im Ausland, sondern auch in russische Klubs, und deshalb, so mahnt er, "ist damit zu rechnen, dass der russische Fußball in den kommenden Jahren nach oben kommen wird".

Nur gegen ein Problem lässt sich auch damit wenig ausrichten. Die Spieler geben zu, dass es für sie stets wie ein Feiertag sei, im UEFA-Cup auswärts anzutreten, in tollen Stadien, auf gepflegten Rasenplätzen.

In Russland, wo Zenit sich derzeit recht erfolglos durch die erst kürzlich angelaufene heimische Liga quält, sei man froh, wenn man die Provinzstadien schnell wieder verlassen könne, räumte Stürmerstar Andrej Arschawin ein. Bei Zenit ist sie Geschichte, doch anderswo ist sie eben noch zu spüren, die russische Melancholie.

Quelle: ntv.de, Maik Rosner, sid

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