Alles muss, nichts geht Formel 1 steckt in der Sackgasse
17.02.2015, 13:46 Uhr
Immerhin qualmt es: Weltmeister Lewis Hamilton in seinem Mercedes.
(Foto: imago/HochZwei)
Schneller, lauter, aggressiver: Die Macher der Formel 1 wollen die Königsklasse des Motorsports wieder attraktiver machen. Nun tagt die Strategiegruppe. Sie könnte den Grundstein für eine Revolution legen. Oder bleibt alles nur ein Traum?
Es fehlt an Zuschauern. Es fehlt die Ästhetik an den Boliden. Es fehlt an Lärm, der die Haare der Fans zu Berge stehen lässt. Es fehlt schlichtweg das Spektakel, für das die Formel 1 seit jeher stand. Darin sind sich fast alle einig. Weil die Zuschauer sowohl von den Rennen als auch vor den TV-Bildschirmen weg bleiben, sorgen sich die Macher um die Zukunft ihres Sports. Wo muss man die Hebel ansetzen, um die Formel 1 wieder zu einem Event zu machen?
Mit dieser Frage beschäftigt sich seit Wochen die Formel-1-Strategiegruppe. Team- und Technikchefs diskutieren über eine mögliche Revolution, für die heute der Weg geebnet werden muss. Weil das Reglement für die Saison 2016 nach dem 1. März nur noch dann geändert werden kann, wenn sich alle Teams einig sind - was so gut wie nie vorkommt - müssen die wichtigen Fragen in den nächsten Stunden geklärt werden, um mögliche Änderungen für die Saison 2016 einzuleiten.
Was soll überhaupt geändert werden?
Vieles, angefangen bei der Motorenpower. Es wird seit Wochen über die Rückkehr zu den 1000-PS-Turbomotoren verhandelt. Die Strategiegruppe will die Boliden wieder über diese Schallmauer heben, um das Fahren zu einer Herausforderung zu machen. Dafür sollen die aktuellen V6-Turbomotoren aus Kostengründen nicht komplett neu designt, sondern sowohl mit einer höheren Benzinflussrate als auch mit höheren Drehzahlen ausgestattet werden.
Darüber hinaus wäre es nötig, die maximal erlaubte Benzinmenge von 100 Kilogramm anzuheben. Ein weiteres Ziel ist der Sound der Boliden. Nachdem die Fans in der vergangenen Saison gestöhnt hatten, ihr Rasenmäher mache mehr Krach als der Mercedes von Nico Rosberg, lautet die Vorgabe: Die Autos sollen endlich wieder lauter werden. Die Rückkehr zu Ohrenstöpseln in den Boxen und auf den Rängen soll zum einen durch die stärkeren Motoren, zum anderen durch die Aufhebung des Durchflussmengenlimits erreicht werden. Mehr PS unter der Haube, deutlich lauter - da fehlt eigentlich nur noch die Optik. Auch hier tüfteln die Herrschaften von der Strategiegruppe, um die Zuschauer zurück zu gewinnen. Dabei fällt immer wieder ein Schlagwort, das man in der Formel 1 eher selten hört: Aggressivität. Die Autos sollen nicht nur härter zu fahren sein, sondern auch aggressiver daherkommen. Die Fia diskutiert gemeinsam mit den Teams die Möglichkeiten, den Abtrieb zu erhöhen, und größere Räder zu erlauben.
Wann sollen die neuen Regeln umgesetzt werden?
So schnell wie möglich, denn laut vielen Experten steht nicht weniger als die Zukunft der Formel 1 auf dem Spiel. Schaffen es die Macher nicht, die Fans zurück zu gewinnen bzw. den Zuschauerschwund abzufedern, wird die Königsklasse bald zu Grabe getragen, so die düstere Prognose. Ziel ist es also, die Revolution schon für 2016 auf den Weg zu bringen. Sollten sich heute nur ein oder zwei Rennställe gegen die Implementierung der neuen Regeln stellen, wäre das Vorhaben allerdings wohl schon gescheitert.
Wer sind die Befürworter, wer die Gegner ?
Sagen wir so: Es ist kompliziert. Denn je nachdem, welcher Punkt gerade auf der Agenda steht, gehen die Meinungen auseinander. Ferrari wollte beispielsweise das aktuelle Antriebsreglement komplett über den Haufen werfen und stattdessen V8-Biturbomotoren einführen. Renault wäre damit einverstanden gewesen, Mercedes und Honda halten allerdings stur am Hybrid-Reglement fest und stimmten gegen die Pläne der Scuderia. Das ist logisch, haben die Silbernen die Antriebseinheiten in der vergangenen Saison doch perfektioniert und daher einen Technik-Vorsprung, den man nicht so einfach hergeben will.
Beim Design kam Red Bull mit durchaus vielversprechenden Änderungen daher, scheiterte aber mit den Vorschlägen, weil die Kosten dafür zu hoch sind. Hauptverantwortlich dafür ist F1-Boss Bernie Ecclestone, der die Ausgaben drastisch senken will. Sein Vorhaben, die Budgets der Teams auf 165 Millionen Euro pro Jahr zu deckeln, wurde wiederum von den Rennställen abgelehnt. Immerhin hat Red Bull gemeinsam mit McLaren mittlerweile Designpläne vorgelegt, die in der Runde auf breite Zustimmung gestoßen sind - ein kleiner Hoffnungsschimmer im harten Verhandlungspoker der Strategiegruppe. Dass die Reifen im nächsten Jahr schon breiter sind, davon ist leider auch nicht auszugehen. Pirelli hat angekündigt, dass dieser Schritt 2016 noch zu früh kommt. Der Grund für diese Blockade ist ganz offensichtlich: Der Vertrag des Reifenherstellers mit der Formel 1 läuft nur noch bis Ende 2016 - eine kostenintensive Änderung, bevor die Zusammenarbeit verlängert wird, ergibt für die Italiener aus strategischer Sicht also keinen Sinn.
Wohin geht die Reise der Formel 1?
Das ist ungewisser denn je. Zwar sind sich alle Rennställe darüber im Klaren, dass sich etwas ändern muss. In der Umsetzung gehen die Meinungen aber weit auseinander. Die Motorenpower wird wohl nicht vor 2017 auf ein neues Level gehoben, auch bei der Kostenbremse wollen die großen Teams nicht einlenken. Was sich schon in der Saison 2016 ändern könnte, ist die Optik der Boliden - ob das aber den Niedergang der Königsklasse des Motorsports aufhalten kann, muss allerdings bezweifelt werden.
Quelle: ntv.de, sport.de