Vom Chaosteam zum EM-Titelanwärter? Frankreich dreht die Vorzeichen

Die Franzosen setzen auf ihre mentale Stärke.

Die Franzosen setzen auf ihre mentale Stärke.

(Foto: REUTERS)

Frankreich! Nach dem WM-Titel im eigenen Land und der folgenden EM zerfiel die Fußball-Nationalmannschaft, wurde zu einer Manege der Eitelkeiten und Machtkämpfe. Unter Teamchef Laurent Blanc können Les Bleus um Franck Ribéry nun eine beeindruckende Serie vorweisen. Der französische Verbandspräsident fordert bereits den Titel.

Harmonie statt Skandal, Rückendeckung statt Beschimpfung, Erfolgsserie statt Blamage: Zwei Jahre nach der Schande von Südafrika hat die französische Fußball-Nationalmannschaft ihren arg ramponierten Ruf wieder kräftig aufpoliert und mit ihrem Auftreten auf und außerhalb des Platzes die Rolle des EM-Geheimfavoriten übernommen. Die Grande Nation ist wieder ein bisschen stolz auf Les Bleus, nachdem Franck Ribéry und Co nach dem Vorrunden-Aus bei der WM 2010 und den skandalösen Begleitumständen noch mit Hohn und Spott überhäuft worden waren. Laurent Blanc hat die Mannschaft wieder zu einer Einheit geformt. "Die Gruppe entwickelt sich sehr gut", erklärte der Trainer.

21 Spiele ungeschlagen - so lautete die bemerkenswerte Bilanz nach dem 4:0 (2:0) in der EM-Generalprobe gegen Estland. So eine Serie weckt naturgemäß Erwartungen. "Es ist an der Zeit, Titel zu gewinnen", sagte Verbandspräsident Noel Le Graet vor dem am Freitag beginnenden Turnier in Polen und der Ukraine. "Der Titel wird nicht nur zwischen Spanien und Deutschland entschieden. Von den großen Fußball-Nationen rechne ich besonders mit Frankreich", sagte Deutschlands Teammanager Oliver Bierhoff.

"Narbe wird ewig bleiben"

Laurent Blanc, erfolgreich.

Laurent Blanc, erfolgreich.

(Foto: REUTERS)

Zwar ist der Weltmeister von 1998 von seinem spielerischen Glanz vergangener Zeiten noch ein Stück entfernt, doch die Mannschaft ist sich inzwischen ihrer Verantwortung bewusst. Man habe aus den Ereignissen vor zwei Jahren gelernt. Es gebe daher eine zusätzliche Verantwortung, so Florent Malouda von Champions-League-Sieger FC Chelsea. Malouda weiß, worüber er spricht. Er bezichtigte die Verbandsspitze 2010 der Lüge, zudem war Malouda maßgeblich an der Spielerrevolte nach dem Rauswurf von Nicolas Anelka beteiligt.

In der Heimat lösten die Geschehnisse eine Welle der Empörung aus. "Diese Narbe wird ewig bleiben", sagte der 46-jährige Blanc. Doch sie ist inzwischen nicht mehr so deutlich spürbar. Nachdem sogar UEFA-Präsident und Frankreichs Fußball-Idol Michel Platini die Spieler als "Nieten" und "Blödmänner" bezeichnete, fand die Equipe Tricolore mit dem neuen Trainer Blanc wieder in die Erfolgsspur.

Blanc hat die Wahl

Das Selbstbewusstsein ist beim zweimaligen Europameister (1984 und 2000), der im EM-Quartier Donezk optimale Bedingungen vorfindet, zurückgekehrt. "Ich habe das Gefühl, dass wir ein Riesending schaffen können", meinte Ribéry. Der Topstar des deutschen Rekordmeisters Bayern München wirbelte zuletzt bei den Franzosen voller Spielfreude auf dem linken Flügel. In Karim Benzema (Real Madrid) und Shootingstar Olivier Giroud (Montpellier) hat Blanc zudem im Angriff die Qual der Wahl. Zu welchen Leistungen die Franzosen an guten Tagen fähig sind, zeigten sie zu Beginn des EM-Jahres beim 2:1-Erfolg über Deutschland in Bremen.

Der als Abwehrchef einst als "Le President" geadelte Blanc spielt die Erwartungen vor den Gruppenspielen gegen England, Co-Gastgeber Ukraine und Schweden aber herunter. "Die Leute wollen, dass wir in nur 15 Monaten ein tolles Team mit tollen Spielern haben und spielen wie die Niederlande, Spanien oder Deutschland. Das ist unmöglich", sagte Blanc, der mit seiner Mannschaft zuletzt am 3. September 2010 verlor (0:1 gegen Weißrussland). Doch auch wenn der ganz große Wurf nicht gelingen sollte, die Schande von Südafrika darf sich nicht wiederholen.

Quelle: ntv.de, sid

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