Fußball

Mit beiden Beinen in der Jauchegrube Herthas Skibbe verliert und leidet

"Das Spiel lässt sich auf einen einzigen Pfiff reduzieren": Berlins Trainer Michael Skibbe.

"Das Spiel lässt sich auf einen einzigen Pfiff reduzieren": Berlins Trainer Michael Skibbe.

(Foto: dpa)

Hertha BSC scheidet im Viertelfinale des DFB-Pokals gegen Borussia Mönchengladbach aus und fühlt sich betrogen. Vor allem Michael Skibbe kann es nicht fassen. Er hat jetzt das Problem, dass er die Mannschaft erst seit vier Spielen trainiert. Und die Berliner alle vier Partien verloren haben.

Andreas Brehme ist dadurch bekannt geworden, dass er 1990 mit der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in Italien den Weltmeistertitel gewonnen hat. Und durch seinen Aphorismus: "Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß". Damit sind wir schon bei der Berliner Hertha, um die es hier eigentlich geht. Die hat im Viertelfinale des DFB-Pokals in der Verlängerung mit 0:2 gegen Borussia Mönchengladbach verloren. Gemessen am philosophischen Filetstückchen Brehmes steht Michael Skibbe, Trainer des Hauptstadtklubs, mit beiden Beinen fest in der Jauchegrube.

Nicht nur, dass seine neue Mannschaft, die er in der Winterpause vom geschassten Markus Babbel übernahm, das Halbfinale verpasste und damit auch die Chance, die Sehnsucht des Vereins und seiner Fans nach einem Endspiel zu stillen. Das findet seit 1985 in Berlin statt, nie war die Hertha dabei. Nur einmal, 1993, schafften es die Amateure der Klubs, verloren aber mit 0:1 gegen Bayer Leverkusen. Nein, nicht nur das. Michael Skibbe hat auch sein viertes von vier Spielen verloren, obwohl die Berliner am Mittwochabend in einem schlechten Spiel gegen die favorisierten Gladbacher die bessere Mannschaft waren.

"Trainiert wird die Mannschaft von Michael …"

Aber auch das war hinterher nicht das Thema, auch nicht der Unmut der Anhänger in der Ostkurve des Olympiastadions, die vor der Begegnung den Stadionsprecher ins Leere laufen ließen. "Trainiert wird die Mannschaft von Michael …", tönte es aus den Lautsprechern. Doch statt eines vielstimmigen "Skibbe" folgte erst ein kurzes Schweigen, dann Pfiffe. Was Michael Skibbe richtig in Rage brachte, war eine Szene in der 101. Spielminute, die nicht nur er hinterher für ausschlaggebend hielt. "Das Spiel lässt sich auf einen einzigen Pfiff reduzieren." Schiedsrichter Felix Brych habe die Partie entschieden, "und niemand sonst".

Nach einem nicht gepfiffenen Foul an Roman Hubnik im Berliner Strafraum war Herthas Verteidiger, sichtlich sauer, auf Igor de Camargo zugelaufen, bis die Köpfe beider nur noch Zentimeter voneinander entfernt waren. Als der belgische Nationalspieler dann sein Haupt senkte, berührte seine Stirn Hubniks Nase. Grund genug für den Gladbacher, zu Boden zu sinken und sich, vermutlich erfolgreich, für den Norbert-Meier-Gedächtnispreis zu bewerben. Der damalige Trainer des MSV Duisburg war im Dezember 2005 an der Seitenlinie mir Albert Streit vom 1. FC Köln aneinandergeraten. Wie de Camargo nickte Meier erst und ließ sich dann theatralisch fallen. Streit sah die Rote Karte, Meier hinterher als Betrüger für drei Monate gesperrt.

Und so klammern sie sich an diese eine Szene

Doch Schiedsrichter Brych, 30 Meter vom Geschehen entfernt, dachte nicht an Norbert Meier, und vermutlich auch nicht an Andreas Brehme, sondern entschied auf Platzverweis für Hubnik, den der DFB mittlerweile für ein Spiel gesperrt hat, und Elfmeter gegen Hertha. Filip Daems verwandelte wie bisher stets in Pflichtspielen sicher, in der Nachspielzeit der Verlängerung sorgte der eingewechselte Oscar Wendt für das zweite Tor der Gäste. Und Michael Skibbe schimpfte: "50.000 Leute waren im Stadion, keiner hat gesehen, was er gesehen hat." Während der Mönchengladbacher Trainer Lucien Favre sich damit aus der Affäre zog, dass er zu Protokoll gab, die Schauspieleinlage de Camargos nicht gesehen zu haben und folglich auch nicht beurteilen zu können, zeigt die Verzweiflung der Berliner Verantwortlichen, wie ernst die Lage ist.

So sehr hatten sie auf eine Trendwende in diesem Pokalspiel gehofft, steht die Mannschaft doch in der Bundesliga nur drei Punkte vor einem Abstiegsplatz. Und so klammerten sie sich an diese eine Szene, auch wenn Michael Skibbe zumindest ansatzweise einräumte, dass es vielleicht besser gewesen sei, Hubnik hätte de Camargo einfach ignoriert. Direkt nach dem Schlusspfiff waren Skibbe und Manager Michael Preetz von der Bank in den Mittelkreis zu den Schiedsrichtern marschiert, ohne jedoch eine Antwort auf ihre Frage nach dem Warum zu bekommen.

Später berichtete Preetz, sichtlich angeschlagen, in den Katakomben des Stadions, Brych sei, nachdem der die Szene noch einmal gesehen habe, "einigermaßen entsetzt über seine Entscheidung". Ein wohl zu schwacher Trost. Auch für den ehemaligen Stürmer Axel Kruse, der einst mit der Hertha zweimal in die Bundesliga aufstieg. "Das ist so, als ob beim Boxen sich zwei gegenüberstehen - und plötzlich der Ringrichter einen der beiden mit der Baseballkeule zu Boden schlägt." Oder wie Andreas Brehme sagt - aber lassen wir das.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen