Platzwart an Pfosten gefesseltDer unterhaltsamste Trainer aller Zeiten

Es gibt eine Menge Trainer in Deutschland, die bekannter sind als er. Aber es gibt keinen anderen, der unterhaltsamer ist und war als Uwe Klimaschefski. Seine Sprüche, Streiche und Skurrilitäten sind legendär. Besonders die Geschichte vom Platzwart am Torpfosten.
Uwe Klimaschefski war nicht einfach nur Trainer. Bei seinen Klubs hatte er immer gleich mehrere Jobs. So stand er beim FC Homburg während der Spiele häufig nicht an der Seitenlinie, sondern hinter dem Zaun. Als sich eines Tages ein Schiedsrichter darüber verwundert zeigte, meinte "Klima" nur: "Wir haben in unserem kleinen Verein nicht genug Ordner. Da muss ich manchmal einspringen."
Und auch die Rolle des Klubarztes übernahm Klimaschefski beizeiten selbst. Seine Spezialität dabei: geheimnisvolle Salben, die die Spieler nach Verletzungen schneller wieder fit werden lassen sollten. Doch nicht alle Profis konnten dieser "Medizin" etwas abgewinnen, obwohl ihr Trainer selbst auf sie schwor: "Die habe ich vorher an meinen morschen Knochen ausprobiert. Eine hat so gestunken, dass meine Frau aus der Wohnung geflüchtet ist."
Seine Paradedisziplin war aber die des Marketing-Direktors. Da seine Vereine zumeist recht wenig Geld hatten und er selbst durchaus als Sparfuchs galt - sein Auto tankte er stets nur für 10 Mark auf, damit sein Wagen leichter war und weniger verbrauchte und auf Baustellen am Straßenrand ließ er sich gerne mal zwei, drei Steine einpacken, um damit nach und nach ein Haus zu errichten -, hatte Klimaschefski so manch irren Einfall, um Kohle ranzuschaffen.
Eine seiner verrücktesten Ideen hatte er vor einem Spiel gegen Fürth. Um mehr Zuschauer ins Stadion zu locken, überlegte sich Klimaschefski einen Trick. Über die Medien ließ er verkünden, dass in der Halbzeitpause ein ganz spezielles Wettrennen von zwei weiblichen Oben-ohne-Models stattfinden würde. Durch seine guten Kontakte zu einem Homburger Barbesitzer war der Plan gereift, dass zwei Damen des Etablissements in ihrer Berufskleidung einmal 400 Meter zurücklegen sollten. Und der erste Teil des Plans ging tatsächlich auf. 1500 Zuschauer - mehr als kalkuliert - fanden sich im Stadion ein. Doch von den barbusigen Damen war in der Halbzeit nichts zu sehen. "Klima" hatte im letzten Moment einen Rückzieher gemacht: "Der DFB hätte das wohl nicht so gerne gesehen." Egal. Die erhoffte Zusatz-Kohle war aber auch so im Sack.
"Wenn die Schrottpreise wieder steigen!"
Klimaschefski war bei seinen Spielern gleichermaßen gefürchtet wie beliebt. Seine stets gerade, offene Art gefiel aber verständlicherweise nicht allen Profis. Jemanden, den er direkt anging, der musste schon einmal kräftig schlucken: "Was will der, Geld? Der soll froh sein, wenn er auf unserem Platz den Sauerstoff kostenlos einatmen darf." Da ist es verständlich, dass Franco Foda einmal über ihn sagte: "Wer unter Klimaschefski ein Jahr durchhält, der ist einen großen Schritt weiter im Leben gekommen und braucht sich vor nichts mehr zu fürchten."
Die Medien liebten aber ihren sprachgewaltigen Trainer. Klimaschefskis Sprüche sind bis heute legendär: "Ich hatte Kontakte nach Frankreich, aber da hätte ich als Trainer einen Dolmetscher gebraucht. Jetzt sehe ich mich in Berlin um und hoffe, dort geht es ohne." So manches Mal saß er nach einer Niederlage verzweifelt im Presseraum, schaute die Journalisten nur kurz an und sagte dann Sätze wie diesen: "Weitere Fragen kann ich nicht beantworten. Ich muss jetzt zu meinen Spielern. Die sind so blind, dass sie den Weg von der Kabine zum Bus nicht finden." Ja, als Profi unter Klimaschefski musste man schon ein dickes Fell besitzen. Unvergessen auch der Spruch von ihm, als ein Journalist einmal wissen wollte, wann er denn gedenke, die nächsten Spieler zu verkaufen. Klimas Antwort, kurz und bündig: "Wenn die Schrottpreise wieder steigen!"
Und dennoch: Spieler lehnten sich gegen ihn eher selten auf. Doch in seiner Zeit beim FC Homburg gab es dafür einen anderen harten Brocken. Ein Unerschrockener mit dem Spitznamen "Underberg" leistete dem Trainer von Zeit zu Zeit Widerstand. Mit ihm rieb sich Klimaschefski ein ums andere Mal. Und eine Geschichte toppt dabei alles.
"Einige Bälle vor den Sack bekommen"
An einem Rosenmontag verwehrte eben dieser "Underberg" in seiner Funktion als Platzwart - der gleichzeitig aber auch der Besitzer der Vereinsgaststätte war - dem Trainer die Übungseinheit auf dem Rasenplatz. Stattdessen sollte die Mannschaft auf den Hartplatz ausweichen, der laut Klimaschefski, "tatsächlich so hart" war, dass man dort "ohne große Probleme einen Jumbo" hätte landen können. Doch als der Trainer bemerkte, dass der Platzwart "bereits voll wie ein Eimer" war, schickte er seine Jungs dennoch auf den Rasen. Das passte "Underberg" allerdings überhaupt nicht. Unaufhörlich wies er den Trainer durch Zwischenrufe darauf hin, dass er auf dem falschen Platz gelandet sei: "Klimaaa, du Idiot! Runter vom Rasen!"
Irgendwann wurde Klimaschefski die Sache zu blöd und er wies einen jungen Spieler an, Sprungseile zu holen. Dann versammelte er die Mannschaft am Mittelkreis und sagte: "Ihr geht jetzt runter, nehmt ihn gefangen und fesselt ihn mit den Seilen." Und genau so geschah es. Der wehrlose Platzwart wurde an einen Torpfosten gebunden und mit Bällen, die man an der Strafraumgrenze positioniert hatte, beschossen. Klimaschefski erinnert sich: "Der hat einige Bälle vor den Sack bekommen, aber einknicken ging ja nicht, dafür hatten ihn die Jungs zu gut festgebunden." Gleichzeitig rutschte bei den Ausweichversuchen die Hose von "Underberg" immer weiter runter, bis er irgendwann nur noch in seine Unterhose gekleidet am Pfosten stand.
Der ganze schaurige Spuk endete schließlich nach knapp fünfzehn Minuten, als die Frau des Platzwarts mit einem Brotmesser bewaffnet aus der Vereinsgaststätte gestürmt kam und ihren Mann vom Pfosten losschnitt. Es war nur eine von vielen kleinen und großen Reibereien zwischen dem Trainer und "Underberg" in all den Jahren.
Doch verständlicherweise verfolgte genau diese eine Geschichte Klimaschefski sein Leben lang. Und so sagte er in Erinnerung an diesen Tag gerne und immer dann, wenn er wieder einmal etwas lauter geworden war: "Ich bin jetzt ruhiger geworden, werde auch nicht mehr den Platzwart beim Schusstraining an den Pfosten binden wie damals in Homburg." Heute feiert der unterhaltsamste Trainer aller Zeiten seinen 83. Geburtstag. Alles Gute und Glück auf, lieber Uwe Klimaschefski!

