Manni Breuckmann im Fragen-Hagel Tränen bei "scheiß Meisterschaft der Herzen"
09.05.2020, 18:15 Uhr
Manni Breuckmann ist einer für die Fußball-Seele.
(Foto: imago/Eibner)
Manni Breuckmann kann man getrost als lebende Radio-Legende bezeichnen. Er selbst nennt sich den "Mick Jagger vonne Bahnhofsmission". In der beliebten Fragerunde "22 + 3 Antworten sollt ihr sein!" erzählt er über die "scheiß Meisterschaft der Herzen" seiner Schalker, das Gockelhafte bei Ronaldo und das Anbahnungs-Flirten mit den Mädels in jungen Jahren.
Welche Fußballmannschaft war die erste Liebe Ihres Lebens?
Meine erste große Fußball-Liebe waren die Grün-Weißen vom Dattelner Ostring-Stadion, der ruhmreiche SV Germania Datteln. Germania spielte damals in der höchsten Amateurklasse, der Verbandsliga. Einer der glücklichsten Momente meiner Kindheit war die Westfalenmeisterschaft 1961. Meine Mutter hatte mir eine grün-weiße Fahne genäht; zusammen mit meinem Vater und 2000 anderen Fans ging ich zu den Heimspielen. Die Spieler (z.B. Egon Nethövel, "Boy" Skoda, "Kidde" Grabowski, Kalla Fechner und Egon Möcklinghoff) kann ich bis auf den heutigen Tag fast komplett aufzählen.
Von welchem Spiel schwärmen Sie noch heute?
Da gibt es eine Reihe. Spektakulär war das 6:6 des damaligen Zweitligisten Schalke im Pokal gegen Bayern München. Das war 1984, ich habe die Partie übertragen, und der junge Olaf Thon schoss drei Tore.
Welche Vorzüge hatte das Leben mit 20?
Eine gewisse Sorglosigkeit und ein ausgeprägtes Nachtleben, unter anderem als Disk-Jockey rund um Marburg, meinem damaligen Jura-Studienort.
Welche Nachteile hatte das Leben mit 20?
Ich habe lange nachgedacht, aber bedauerliche Nachteile hatte mein Leben mit 20 nicht. Vielleicht gab es eine Ausnahme: Mein Beziehungsleben war damals noch nicht sehr ausgeprägt, ich tat mich schwer beim Anbahnungs-Flirten mit den Mädels.
Wer ist Ihr Lieblingsspieler aller Zeiten?
Ach ja, da gibt es viele. Soll ich jetzt Messi schreiben? Oder Beckenbauer? Oder Johann Cruyff? Ich nehme mal zwei: Egon Nethövel von Germania Datteln, dessen Freistöße ihn als den einzigen legitimen Vorgänger von Günter Netzer auswiesen. Und Willi Lippens, weil ich trickreiche Flügelstürmer mit dem Schalk im Nacken schon immer sehr mochte.
Wer ist Ihr Lieblingstrainer aller Zeiten?
Manfred Breuckmann, Jahrgang 1961, ist einer der populärsten Fußball-Kommentatoren des Landes - auch wenn er sich schon 2008 vom ARD-Hörfunk in die Altersteilzeit verabschiedet hat. Breuckmann ist "Bürger des Ruhrgebiets", wurde beim "Deutschen Radiopreis" mit einem Sonderpreis ausgezeichnet und ist berufenes Mitglied der Deutschen Akademie für Fußballkultur. Aus guten Gründen.
Die Beantwortung dieser Frage krankt daran, dass meine Präsenz in den Kabinen und bei Einzelgesprächen mit Spielern sehr unterdurchschnittlich war. Ich bin also auf die öffentlichen Auftritte, die wahrnehmbare Taktik auf dem Feld und aufs Hörensagen angewiesen. Deshalb nehme ich Walerij Lobanowski, weil er schon rein äußerlich absolut beeindruckend war. Er trainierte Dynamo Kiew, die russische und die ukrainische Nationalmannschaft und saß reglos wie ein Buddha am Spielfeldrand. Nur das ständige Kaugummi-Mahlen verriet, dass Leben in ihm steckte. Aber: Er war ein großer Taktiker und Stratege und gehörte in den 70ern und 80ern zu den ganz fortschrittlichen Fußball-Lehrern.
Was ist Ihr Lieblingsstadion aller Zeiten?
Leider ist es bei vielen modernen Stadien so, dass sie wie ein Ei dem anderen ähneln. Bedauerlich ist zum Beispiel, dass dem Wembley-Stadion nach seinem Umbau die Seele genommen wurde. Vorher war es ein klarer Kandidat. Ich bevorzuge aber das alte Azteken-Stadion in Mexico-City. Dort erlebte ich mit 110.000 Zuschauern unter anderem das WM-Finale 1986, als Deutschland gegen Argentinien verlor. Durch die riesige Menschenmenge lag ein ständiges Sirren und Summen in der Luft. Das hat mich sehr beeindruckt.
Worin besteht der Sinn des Lebens?
Ich kann den Sinn des Lebens nur darin erkennen, ellenlange Fragebögen auszufüllen. (Und dabei gelegentlich ein Schlückchen Chateauneuf-du-Pape zu nehmen)
Was ist Ihr Lieblingswitz?
Gehen zwei Sport-Journalisten an einer Kneipe vorbei ...
Lieber ein Abendessen mit Cristiano Ronaldo oder Rihanna?
Selbstverständlich ziehe ich ein Abendessen mit Cristiano Ronaldo vor. Er könnte mir bei der Gelegenheit erklären, warum er nur äußerlich wie ein aufgeblasener Gockel wirkt. In Wirklichkeit soll er ein guter Kumpel und sehr sozialer Mensch sein. Glaube ich gerne, aber das Gockelhafte schreckt mich doch sehr ab. Zu Rihanna hab ich keinerlei Beziehung. Ich komme von einer Art Rock-Musik, die laut und gitarrenlastig ist. Damit hat diese Dame meines Wissens nichts zu tun. Aber vielleicht ist sie ja ganz nett. Kann mit Ronaldo mitkommen.
Schon einmal darüber nachgedacht, wie es wäre, das entscheidende Tor in einem WM-Endspiel geschossen zu haben?
Nein, darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Vielleicht, weil ich den Ball bestenfalls irgendwie reingestolpert hätte. Über diese Szene will keiner besonders lange nachdenken. Bei mir werden solche Gedanken auch immer überlagert von der Erinnerung an das gemeinsame Konzert mit den Rolling Stones, bei dem ich im Madison Square Garden "Satisfaction" gesungen habe. Für die Jüngeren: Das ist ein lautes Lied von den Rolling Stones. Und das wiederum ist eine sehr, sehr alte Rock-Gruppe.
Welcher Mensch außerhalb des Fußballs imponiert Ihnen?
Ganz klar Donald Trump. Ich finde es sehr beeindruckend, wie man in den USA mit viel Geld und ganz, ganz wenigen intellektuellen Kapazitäten Präsident werden kann.
Gibt es in Ihrem Leben "erfolgsorientierte Rituale", wie Peter Neururer sie nennen würde?
Die Erfolge, die ich im Leben gehabt habe (Weseler Eselsorden, Bürger des Ruhrgebiets, Radiopreis), verdanke ich zu einem guten Teil der gleichzeitig belebenden und beruhigenden Wirkung eines täglichen Wannenbades mit dem Aldi-Badeschaum "Milch & Honig".
Welche Umarmung werden Sie nie vergessen?
Die Umarmung meiner Mitspieler, als ich bei einem Prominenten-Spiel, bei dem auf der Gegenseite fast die komplette Band Status Quo mitspielte, den gegnerischen Torwart Herbert Knebel mit einem lausigen Flachschuss bezwungen habe.
Würden Sie Werbung für Toilettenpapier machen?
Nur, wenn das Honorar ausschließlich aus Toilettenpapier bestehen würde. Aber dreilagiges mit lustigen Bärchen drauf.
Würden Sie mit Helene Fischer ein Lied aufnehmen, wenn der Erlös für einen guten Zweck ist?
Käme natürlich auf den guten Zweck an. Zum Beispiel für die "Manni-Breuckmann-Stiftung", deren einziger Zweck die finanzielle Unterstützung von Manni Breuckmann wäre. Außerdem: Ich beteilige mich - jetzt mal ganz im Ernst - nicht an der Hetzkampagne gegen Helene Fischer. Sie ist auf ihrem Gebiet, dem deutschen Schlager, richtig klasse und hochprofessionell.
Tiger, Ente, Lutscher. Wenn Sie sich selbst einen Spitznamen geben sollten, wie würde er lauten?
"Mick" natürlich. Weil ich ja der Mick Jagger vonne Bahnhofsmission bin.
Wann hat Sie Ihr Verein das letzte Mal zu Tränen gerührt?
Das war am drittletzten Spieltag der Saison 2000/2001: Da spielte Schalke in Bochum nur 1:1, und mir war da schon klar, dass es nichts werden würde mit der Meisterschaft. Ich habe nach dem Spiel ein Tränchen verdrückt. Nach dem letzten Spieltag und der "scheiß Meisterschaft der Herzen" war ich nur noch versteinert und tieftraurig.
Wohin würden Sie mit einer Zeitmaschine reisen?
Ich würde hundert Jahre in die Zukunft reisen, um nachzugucken, ob Schalke es bis dahin geschafft hätte, mal wieder Deutscher Meister zu werden. Oder ob es den Klub überhaupt noch gibt.
In welchem Film hätten Sie gerne die Hauptrolle gespielt?
Ich hätte gerne den deutschen Studenten Andi gespielt, der in dem Film "Ich denke oft an Piroschka" ein Techtelmechtel mit Liselotte Pulver als Puszta-Mädel hatte.
Was war die netteste Begegnung, die Sie je hatten?
Nett ist die Schwester von Scheiße.
Uli Hoeneß antwortet einmal auf die Frage: "Liebe oder Fußball - was würden Sie wählen?" mit: "Muss ich und würde ich Fußball wählen". Und wie würden Sie antworten?
Sich bei dieser Alternative für den Fußball zu entscheiden ist ja wohl ein menschlicher Offenbarungseid. Denn was wären wir Menschen ohne die Liebe? Ein verkümmertes Pflänzchen, ein Furz im Weltall! Ich nehme die Liebe.
Was ist die tollste Telefonnummer, die Sie abgespeichert haben?
Das ist selbstverständlich die Handynummer meiner lieben Frau Susanne. Und die Nummern von den ganzen anderen Weibern natürlich auch.
Was ist die schönste Erinnerung an früher?
Der erste Biss in den von Zuckersirup triefenden Dosenpfirsich. Meine Mutter brachte mir ab und zu eine Dose Pfirsiche vom Einkaufen mit. Die hab ich dann unmittelbar aufgeschlabbert.
Berti Vogts hat auf die Frage nach seinem Lebensmotto geantwortet: "Heute ist der schönste Tag der Woche". Was Ihr Motto?
Mein Lebensmotto stammt von Lothar Matthäus. Nach der Landung in den USA gab er den wartenden Reportern eine Weisheit mit auf dem Weg: "We look not back, we look in front." Das ist jetzt auch meine persönliche Richtschnur, mit der ich immer gut gefahren bin.
Mit Manni Breuckmann sprach Ben Redelings
Quelle: ntv.de