
Hat sich zu den neuen Klagen bislang nicht geäußert: UFC-Boss Dana White.
(Foto: AP)
MMA-Kämpfer sind keine Angestellten, sondern unabhängige Auftragnehmer. Diese besondere Vertragssituation verhindert allerdings, schnell zu anderen Organisationen zu wechseln. Das könnte sich mit einer folgenschweren Klage gegen die UFC ändern.
Die Bezahlung der Kämpfer in der Ultimate Fighting Championship ist ein fortwährender Unruheherd beim Branchenprimus in Mixed Martial Arts. Viele Kämpfer fühlen sich unterbezahlt und glauben, die UFC nutze ihre marktbeherrschende Stellung aus. Das hat bereits zu einer Sammelklage geführt, die nach zehn Jahren für satte 375 Millionen Dollar teilweise beigelegt wurde. Nun rütteln zwei weitere Klagen am Geschäftsmodell der UFC. Und das könnte dramatische Folgen für den gesamten Sport haben.
MMA-Kämpfer sind nicht bei einer Organisation wie der UFC angestellt, sondern eine Art exklusive Dienstleister. Gebunden sind sie über eine bestimmte Vertragslaufzeit und Anzahl an garantierten Kämpfen durch den Veranstalter. Im Schnitt kalkuliert man aufgrund des Verletzungsrisikos einen Kampf alle sechs Monate. Durch unterschiedliche Klauseln kann sich die Vertragslaufzeit verlängern, beispielsweise bei abgelehnten Kämpfen, Verletzungen oder Titelgewinnen. Je größer die Organisation, desto komplexer ist das Vertragswerk - und fast immer zum Nachteil des Athleten ausgelegt.
Entsprechend lange hatte der letzte Rechtsstreit gedauert, in dem mehrere ehemalige UFC-Fighter gegen Zuffa LLC, die Muttergesellschaft der UFC, geklagt hatten. Durch die Beilegung wollte die MMA-Organisation unbedingt eine weitere Klage abwickeln, die in der Zwischenzeit erhoben wurde, doch der Richter sprach sich dagegen aus. Die Kompensation sei zu niedrig und Klauseln in den UFC-Verträgen hätten verhindert, dass sich mehr Kämpfer den Klagen hätten anschließen können, so die Beurteilung. Darüber hinaus kritisierte der Richter das Fehlen einer Idee, um gegen die von den Klägern behauptete Monopolstellung der UFC vorzugehen.
Und an diese Bedenken des Richters knüpft nun die erste der beiden neuen Klagen gegen die UFC an. Dabei sollten vor allem Kämpfer einen Schadenersatz erhalten, die sich aufgrund von Vertragsklauseln nicht an einer Klage beteiligen können. Damit würde sich die Zahl der möglichen Mitkläger deutlich vergrößern und auch der geforderte Schadensersatz dürfte damit erneut mehrere Hundert Millionen Dollar betragen.

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Die zweite Klage, die gegen die UFC Ende Mai eingereicht wurde, hat es in sich und ist auch ein bisschen verrückt. Sie betrifft einen ehemaligen Kämpfer der Organisation, der gar keinen Schadenersatz fordert. Phil Davis will mit seinem juristischen Vorstoß beweisen, dass die Monopolstellung der UFC auch die Bezahlung der Kämpfer in anderen Organisationen beeinträchtigt. Davis behauptet, das Vertragssystem der UFC hindere andere professionelle MMA-Veranstalter wie die Professional Fighters League (PFL) in ihrer Fähigkeit, die notwendige Anzahl an hochkarätigen MMA-Kämpfern anzuziehen, um mit der UFC auf der höchsten Ebene des Sports zu konkurrieren.
Durch lange Vertragslaufzeiten bei der UFC hätten andere Organisationen keinen Zugang zu den besten Kämpfern, könnten somit keine Kämpfe auf dem Niveau der UFC veranstalten. Davon ist Phil Davis direkt betroffen. Er wird auf Platz acht der organisationsübergreifenden Weltrangliste im Halbschwergewicht geführt, es gibt aber keine Kämpfe auf seinem Niveau, die ihm eine gute Gage bringen.
Davis geht gegen die vertragliche Handhabe der UFC vor, Top-Kämpfer gegen deren Willen länger zu binden. Das soll anhand einer "Sunset Klausel" geschehen - so nennt man eine Vertragsoption, die dafür sorgt, dass bestimmte Verpflichtungen nach einer festgelegten Zeitspanne automatisch enden oder unwirksam werden. Ein vorgezogenes Vertragsende also. Für einen kurzen Moment, nachdem die erste UFC-Kartellklage 2014 eingereicht wurde, nahm die UFC eine solche Vertragsoption in ihre Verträge auf. Sie wurde entfernt, nachdem Kämpfer wie Francis Ngannou sie genutzt hatten, um sich der Kontrolle der Promotion zu entziehen und als Free Agent bei einer anderen Organisation deutlich höhere Gehälter auszuhandeln. Ngannou hatte noch einen Kampf offen, aber die Vertragslaufzeit einfach ausgesessen.
Davis fordert nun eine einjährige "Sunset Klausel", was den gesamten MMA-Sport aufmischen würde. Viele UFC-Kämpfer könnten innerhalb weniger Monate bei einer anderen Organisation anheuern und entsprechend jedes Mal neu über ihre Gage verhandeln. Das würde zwar für eine marktgerechte Bezahlung sorgen, große Organisationen hätten aber kaum bis keine Planungssicherheit. Denn wenn die UFC eine solche Klausel einführen müsste, könnten andere Organisationen auch dazu verpflichtet werden.
Man hätte eine extrem hohe Fluktuation, viele unzufriedene Kämpfer würden ihre Zeit absitzen, ohne aktiv sein zu müssen. Was den Kader der Organisationen angeht, gäbe es weniger Identifikationsfiguren - den größten finanziellen Schaden würde am Ende aber die UFC davontragen, da viele ihrer Stars dem Ruf des Geldes folgen würden.
Die Erfolgsaussichten beider Klagen lassen sich nicht genau abschätzen. Da es aber bereits richterliche Bedenken angesichts einer möglichen Monopolstellung der UFC gibt, sind in beiden Fällen aufwendige und langwierige Prozesse vorstellbar.
Quelle: ntv.de