Ende eines Technik-Kapitels Telekom und Konkurrenten ziehen Call-by-Call den Stecker
31.12.2024, 12:11 Uhr Artikel anhören
Zuletzt kamen noch 1,6 Prozent der Gesprächsminuten durch Call-by-Call zustande.
(Foto: picture alliance / Caro)
Fasse dich kurz, nicht zur Mittagszeit oder bitte mit Vorwahl: Wer in den Nullerjahren telefonierte, musste allerlei beachten, wollte er den Geldbeutel schonen. Eine Hilfe waren Call-by-Call-Anrufe, bei denen man die Tarife anderer Anbieter nutzen konnte. Mit dem Siegeszug der Flatrates schwand der Bedarf - jedoch nicht gänzlich.
Die Billig-Vorwahlen für Telefonate, die Call-by-Call genannt werden, sind Geschichte. Ein entsprechendes Marktmodell laufe zum Jahreswechsel aus, teilten die Deutsche Telekom und der Verband der Telekom-Wettbewerber VATM mit. Es ging um Anrufe von einem Festnetz-Telefon aus, um Anrufe vom Handy ging es nicht.
Die Nachfrage nach den Sparvorwahlen war zuletzt nur noch gering: Laut Bundesnetzagentur entfielen im vergangenen Jahr nur 1,6 Prozent der Telefonminuten in Deutschland auf Call-by-Call. Zehn Jahre zuvor waren es noch 4,2 Prozent. Noch höher war der Anteil in den Nullerjahren. Der Grund für den Wandel: Flatrate-Tarife und Anrufe über Internet-Dienste ermöglichen schon seit Langem Gespräche ohne Aufpreis, daher sind die Billig-Vorwahlen in den meisten Fällen nicht mehr nötig.
Bis zu 90 Prozent billiger als die Telekom
Zur Jahrtausendwende war das noch anders - damals war Call-by-Call ein Massengeschäft, da es eine billige Alternative zu den relativ teuren Telefontarifen der Deutschen Telekom war. Deren Monopol endete 1998 und machte somit Call-by-Call möglich. Die Telekom musste ihr Netz für private Anbieter öffnen, Firmen wie 01051 Telecom, 01050 com, Talkline und Tele2 nutzten das und boten günstige Minutenpreise für Ferngespräche und Auslandstelefonate an. Sie waren laut VATM um bis zu 90 Prozent billiger als normale Telefonate über die Telekom.
Rund um den Jahrtausendwechsel und in den Nullerjahren wurden die Billig-Vorwahlen in vielen Haushalten gewissermaßen zum Standard: Eltern ermahnten ihre Kinder, doch bitte "mit Vorwahl" - also Call-by-Call - zu telefonieren, um die Telefonrechnung in Grenzen zu halten. Aus Zeitungen ausgeschnittene Zettelchen, auf denen die besten Vorwahlen samt Minutenpreisen standen, hingen in manchen Haushalten als Erinnerungshilfe direkt neben dem Festnetz-Telefon. Mit den Jahren vergilbten die Zettelchen und wurden schließlich abgerissen: Sie waren nicht mehr wichtig.
Das lag zum einen daran, dass die Inlandstarife immer stärker Telefon-Flatrates hatten, ohne Minutenpreise. Und wer häufig ins Ausland telefonierte, konnte sich gegen einen entsprechenden Aufpreis eine Flatrate-Option in einen Staat oder eine Staatengruppe sichern - für ihn fiel der Minutenpreis dann ebenfalls weg, daher brauchte er auch keine Billigvorwahl mehr. Außerdem ermöglichten Dienste wie Facetime, Whatsapp, Signal oder Threema kostenlose Gespräche über das Internet.
Es gibt noch Sparvorwahlen - aber Vorsicht!
2020 endete die Regulierung des Call-by-Call-Nischenmarktes durch die Bundesnetzagentur, danach schlossen der VATM und die Telekom noch eine Vereinbarung zur Fortführung des Marktmodells - diese läuft nun aus.
Es entstehe nun zwar "eine Lücke gerade für günstige Auslandsanrufe", heißt es vom VATM. Es gebe aber Messenger-Internetanrufe sowie Auslandsflatrates. Kunden sollten von sich aus auf "ihre Anbieter zugehen und sich direkt nach Auslandsflatrates sowie nach Tarifen erkundigen, die günstige Auslandstelefonie ermöglichen. Viele Anbieter haben spezielle Angebote, die auf internationale Anrufe zugeschnitten sind".
Auch nach dem Ende von Call-by-Call wird es noch Sparvorwahlen geben. Hierbei geht es um sogenannte Callthrough-Nummern, die allerdings etwas anders funktionieren. Zum einen kann man sie sowohl auf dem Festnetz als auch auf dem Handy wählen, zum anderen haben sie einen Haken: Abgerechnet wird nach Angaben des Vergleichsportals Verivox jeder Anruf, selbst wenn das Gespräch nicht zustande kommt, etwa weil der Angerufene nicht dran geht oder bei ihm besetzt ist. Außerdem weist Verivox darauf hin, dass Tarifansagen bei Callthrough-Diensten freiwillig sind.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa