Technik

Einladung zum LernenTipps für Linux-Einsteiger

09.10.2006, 09:50 Uhr

Das wollen viele Anwender gerade nicht: am Computer kryptische Befehle über die Tastatur eingeben. In der Regel muss das auch nicht sein.

Das wollen viele Anwender gerade nicht: am Computer kryptische Befehle über die Tastatur eingeben. In der Regel muss das auch nicht sein.

Betriebssysteme wie Windows XP und Mac OS und viele Linux-Versionen ermöglichen es dem Nutzer, den Rechner komplett mit der Maus zu steuern. Dennoch kann es von Vorteil sein, Kommandos auch in Textform eingeben zu können. Linux bietet dafür ein wirkungsvolles Werkzeug - die so genannte Konsole oder Shell.

Als Kommando gilt eine Zeichenfolge, die mit der Eingabetaste (Return) abgeschlossen wird. Die Auswertung des Kommandos übernimmt ein "Kommandointerpreter" - die Shell. Es gibt verschiedene Shells. "Aber darüber müssen sich Einsteiger nicht den Kopf zerbrechen", sagt Elisabeth Staegemann, Linux-Dozentin an der Volkshochschule Hamburg. Die meisten Linux-Versionen arbeiten standardmäßig mit einer Bash genannten Shell. Auf der grafischen Oberfläche wird die Shell oder Konsole meist mit einem kleinen Monitor symbolisiert. Mit einem Mausklick kann sie aufgerufen werden.

Wichtig sei, dass man sich auch für die Arbeit mit der Konsole zunächst nur als normaler Benutzer anmeldet, sagt Martin Lasarsch von Suse Linux in Düsseldorf, dem in Deutschland wohl populärsten Linux. Dann könne man auch nicht viel falsch machen. Soll neue Software installiert oder sollen neue Nutzer angelegt werden, kann man sich immer noch mit dem Befehl "su" als Administrator, unter Linux auch "root" genannt, einloggen.

Die Konfiguration und Verwaltung eines Linux-Systems lässt sich zwar meist problemlos mit der Maus erledigen. Ein gutes Beispiel dafür ist das Programm "Yast", das es den Nutzern von Suse Linux einfach macht, ihren Rechner und dazugehörende Geräte sowie den Internetanschluss einzurichten. "Rund 90 Prozent der Nutzer arbeiten ohne Konsole, schätzt Lasarsch. Doch bei Problemen kann die Konsole sehr hilfreich sein."

Lässt sich zum Beispiel die grafische Nutzeroberfläche nicht starten, weil die Grafikkarte Schwierigkeiten macht, könne man den Rechner immer noch über die Konsole bedienen, sagt Elisabeth Staegemann. Die Shell biete darüber hinaus mehr Informationen zur Soft- und Hardware, sagt Carsten Raddatz von newthinking communications, einem Zusammenschluss von Firmen in Berlin, die sich mit freier Software beschäftigen.

Hilfreich ist die Konsole außerdem, wenn es darum geht, bestimmte Arbeitsabläufe zu automatisieren: Mit Hilfe so genannter Cron-Befehle etwa wird der Rechner zum Beispiel dazu gebracht, zu bestimmten Zeiten bestimmte Aufgaben zu erledigen. "Ich habe das bei meinen Rechnern zu Hause so eingerichtet, dass sie sich jeden Morgen ein Update besorgen", erläutert Lasarsch eine Möglichkeit der Automatisierung. Genauso gut könnte man seinem Rechner einmal über die Konsole den Befehl geben, stündlich das Webmail-Fach nach neuer Post abzufragen.

"Viele Dinge funktionieren mit der Shell einfacher und schneller", sagt IT-Systemadministrator Carsten Raddatz. Sucht man auf der grafischen Oberfläche eine bestimmte Datei zum Beispiel mit dem Dateibrowser Konqueror, öffne sich standardmäßig erst einmal das persönliche Verzeichnis des angemeldeten Nutzers. "Zur gewünschten Datei muss man sich erstmal durchklicken. Auf der Konsole genügt ein einziger Befehl." Ähnliches gilt, wenn etwa eine CD gebrannt oder die Songs in MP3-Files umgewandelt werden sollen.

Auf der Konsole können Befehle zudem mit Optionen versehen werden. Dadurch werden sie den eigenen Bedürfnissen angepasst. Zum Beispiel gibt es den Grep-Befehl, eine Art Volltextsuche, auch auf der grafischen Nutzeroberfläche. In der Shell lässt er sich mit Hilfe von Optionen jedoch so verfeinern, dass er etwa im letzten Absatz eines Textes nach einem Anagramm, also nach einem Wort sucht, dass von hinten wie von vorn gelesen werden kann.

Zu den wichtigsten Befehlen gehört das so genannte Pipe-Kommando: Dabei wird das Ergebnis einer zuvor befohlenen Aktion in ein anderes Programm umgeleitet. So kann man zum Beispiel den Inhalt einer Datei lesen und gleichzeitig einem E-Mail-Programm zur Verfügung stellen, für den Fall, dass das Gelesene etwa an einen Freund weitergeschickt werden soll. "Das Kopieren des Textes entfällt dadurch", so Raddatz.

"Um mit der Shell arbeiten zu können, muss man die Befehle nicht auswendig lernen", beruhigt Elisabeth Staegemann. Wichtiger sei es, das System insgesamt zu verstehen. Und dabei sei die Arbeit mit der Konsole hilfreich, weil sie viele Zusammenhänge verdeutlicht. "Die Konsole ist eine Einladung zum Lernen", sagt Raddatz.