"Angriff auf das Vermögen" Alarm wegen möglichem "Helikoptergeld"
09.04.2016, 11:51 Uhr
Mit "Helikopter-Geld" ist die Idee einer Verteilung direkter Geldgeschenke an die Bürger zur Anheizung der Inflation gemeint.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Kritik an der Niedrigzinspolitik der EZB wird schärfer. Das Finanzministerium denkt angeblich über rechtliche Schritte nach, sollte die Zentralbank Geldgeschenke für die Bürger erwägen. Auch die CSU fordert einen Richtungswechsel bei der Geldpolitik.
CDU und CSU verschärfen einem Medienbericht zufolge ihren Konfrontationskurs gegenüber dem Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, wie der "Spiegel" berichtet. Sollte die Notenbank ihre Geldpolitik mittels des umstrittenen "Helikoptergelds" weiter lockern, stelle sich für die Bundesregierung die Frage, ob sie die Grenzen des Mandats der EZB vor Gericht prüfen lasse, heißt es im Bundesfinanzministerium von Ressortchef Wolfgang Schäuble (CDU). Es sei notwendig, den Dialog über die Geldpolitik anzustoßen.
Bayerns Finanzminister Markus Söder will den Druck auf die Frankfurter Notenbank ebenfalls erhöhen. "Wir brauchen in Deutschland eine Debatte über die falsche Politik der EZB", zitierte das Nachrichtenmagazin den CSU-Politiker. "Die Bundesregierung muss einen Richtungswechsel in der Geldpolitik einfordern." Die Nullzinspolitik sei ein Angriff auf das Vermögen Millionen Deutscher.
Ähnlich denke Unionsfraktionsvize Ralph Brinkhaus, schreibt der "Spiegel" weiter. "Wir müssen die EZB unter Rechtfertigungsdruck setzen, sonst ändert sich nichts", sagte er. Die Kritik an der EZB hält auch Michael Fuchs, ein weiterer stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag, für berechtigt. Die Koalition müsse "nun deutlich sagen, dass sie die Zinspolitik von Herrn Draghi für falsch hält", fordert Fuchs: "Wir sind noch nicht laut genug."
Unabhängigkeit der EZB torpediert
Zuletzt bereits hatten die Haushalts- und Finanzpolitiker der Bundestags- und Landtagsfraktionen von CDU und CSU in einem gemeinsamen Beschluss scharfe Kritik an der EZB geäußert. Der Schritt ist ungewöhnlich. Wegen der Unabhängigkeit der Zentralbank werden solche offenen Attacken in der Regel vermieden.
Die EZB hatte Anfang März den Leitzins auf 0,0 Prozent gesenkt, den Strafzins für Banken verschärft und die monatlichen Anleihekäufe aufgestockt. Sie kämpft damit gegen die chronische Wachstumsschwäche und die Mini-Inflation im Euro-Raum.
Das Konzept des sogenannten Helikoptergelds sieht vor, dass die Notenbank Geld druckt und an Bürger oder den Staat in Form von direkten Geldgeschenken verteilt. Es geht auf den Ökonom Milton Friedman zurück, der es als Möglichkeit sah, auf schwere Krisen zu reagieren. Durch Helikoptergeld würde die Inflation gesteigert.
Ist das eine Lösung?
Man habe im Zentralbankrat zwar bisher nicht über Helikoptergeld nachgedacht oder gesprochen, hatte Draghi auf einer Pressekonferenz im März gesagt. Gleichwohl hatte er aber von einem "sehr interessanten Konzept" gesprochen - was die Debatte beflügelte. Die EZB versucht, durch eine sehr lockere Geldpolitik die seit Jahren niedrige Inflation in der Eurozone anzukurbeln. Was in der Theorie funktioniert, zeigt bislang allerdings in der Praxis keine Wirkung.
Vor allem in Deutschland stoßen die geldpolitischen Maßnahmen auf Protest. Kritiker bemängeln, dass die Niedrigzinsen an Sparguthaben und Alterssicherung zehren und das Wohnen teurer machen, weil das viele billige Geld vor allem in den Immobilienmarkt fließe. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble äußerte jüngst zudem die Befürchtung, dass "die Auswirkungen der Geldpolitik in Deutschland zunehmend euroskeptische Bestrebungen nähren".
EZB-Direktor Yves Mersch verteidigte am Samstag die Maßnahmen der Zentralbank. Diese erfüllten die dafür vorgesehenen drei Kriterien. So müssten sie passend sowie notwendig sein und überdies müssten die erwarteten Vorteile die damit verbundenen Nachteile überwiegen, sagte Mersch auf einer Veranstaltung im italienischen Cernobbio.
Quelle: ntv.de, ddi/DJ/AFP/rts