Wirtschaft

Trotz akuter Sicherheitsbedenken Ampel favorisiert Verkauf von Schenker an arabischen Investor

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Geht Schenker trotz Widerstands an einen arabischen Investor?

Geht Schenker trotz Widerstands an einen arabischen Investor?

(Foto: picture alliance /)

Für Schenker könnte es jetzt schnell gehen. Laut einem Bericht wächst der Druck innerhalb der Regierung, die Logistik-Tochter der Bahn jetzt möglichst schnell an einen finanzstarken Investor vom Golf zu verkaufen. Schenker beliefert NATO und Bundeswehr. Kritiker warnen vor den Folgen.

Eine Übernahme der Logistiktochter der Deutschen Bahn durch einen arabischen Investor wird immer wahrscheinlicher. Das schreibt das "Handelsblatt" unter Berufung auf Regierungskreise. Trotz anhaltender Sicherheitsbedenken - auch innerhalb der Ampel-Koalition - wird demnach dem reichsten Bieter der Vorzug gegeben. Bereits in wenigen Wochen sollen die Kaufinteressenten offiziell vorgestellt werden.

Die hohen Energiepreise haben den Golfstaaten Milliardensummen in die Kasse gespült. Das kommt der Regierung entgegen. Investorenkreisen zufolge könnte ein Verkauf von Schenker 10 bis 15 Milliarden Euro in die klammen Kassen spülen. Es wurden auch schon bis zu 20 Milliarden genannt. Ziel der Ampel-Koalition ist es, auf jeden Fall den Höchstpreis für die Logistiktochter des Staatskonzerns herauszuschlagen.

Der Druck, Schenker jetzt rasch zu verkaufen, soll zunehmen. Wegen der Haushaltskrise der Bundesregierung hat der Staatskonzern ein akutes Geld-Problem. Ursprünglich hatte die Ampel-Koalition der Deutschen Bahn 12,5 Milliarden Euro versprochen. Mit dem Geld sollte das marode Schienennetz saniert werden. Angezapft werden sollte hierfür der Klima- und Transformationsfonds (KTF). Mit dem Karlsruher Urteil ist diese Geldquelle versiegt.

Vor allem das Kanzleramt und die FDP-geführten Ressorts Verkehr und Finanzen seien deshalb für einen arabischen Investor zunehmend offen, heißt es. Schenker ist hoch lukrativ, ein Verkauf würde die Kassen zum Klingen bringen. Die Kehrseite der Medaille: ein Großteil des Umsatzes der Bahn würde bei einem Schenker-Verkauf wegbrechen. Und das sind nicht die einzigen Bedenken.

Die Alarmglocken schlagen

Laut "Handelsblatt" sollen insgesamt 20 potenzielle Bieter in einer ersten Runde Interesse an einer Übernahme angemeldet haben. Im Rennen sind demnach Logistikunternehmen wie die Reedereien Maersk und MSC oder auch die DHL Group und Kühne + Nagel. Genannt werden auch mehrere Finanzinvestoren, wie die Private-Equity-Fonds CVC und Carlyle. Als Favoriten gelten dem Vernehmen nach aber vor allem die drei reichsten Kaufinteressenten: der saudi-arabische Logistiker Bahri, der arabische Investor ADQ - einer von drei Staatsfonds des Emirats Abu Dhabi - sowie der Hafenbetreiber und weltweit größte Logistikkonzern DP World aus Dubai.

Vor allem in der Opposition regt sich dagegen Widerstand. "Angesichts der Bedeutung von Logistikunternehmen wie Schenker für die Resilienz unserer Lieferketten kann sich ein Verkauf schnell auch als großer sicherheitspolitischer Fehler herausstellen", zitiert das "Handelsblatt" Verkehrspolitiker Christoph Ploß. Die Logistikbranche sei einer der wenigen Bereiche, in denen Deutschland weltweit noch an der Spitze stehe. Die Ampel-Koalition dürfe jetzt nicht das "Tafelsilber an ausländische Investoren verscherbeln, nur weil sie nicht in der Lage ist, haushaltspolitische Prioritäten zu setzen, und deshalb Geld braucht".

Der Fall Schenker ist komplex. Das Problem: Geht Schenker an die finanzstarken Investoren vom Golf, würde die Regierung kritische Infrastruktur an ein autoritäres Golf-Regime abgeben. Schenker beliefert Einrichtungen der Bundeswehr und der NATO. Ein Verkauf hätte also Implikationen für die Sicherheit der Bundesrepublik. Die Vereinigten Arabischen Emirate, zu denen Dubai und Abu Dhabi gehören, stehen immer wieder wegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung in der Kritik.

Mehrere Haare in der Suppe

"Bei uns schlagen alle Alarmglocken", warnte der Chef des Bundesverbands für den Schutz Kritischer Infrastrukturen, Holger Berens, bereits im Dezember gegenüber dem "Merkur". Man sei "strikt dagegen, die Kontrolle über kritische Infrastruktur Investoren aus dem Ausland zu geben". Dadurch, dass Schenker NATO und Bundeswehr beliefere, wüsste der Käufer "genau, welche Waffen in welchen Mengen wohin geliefert werden". Der Verkauf Schenkers an den Golf sei zudem ein "Einfallstor" für Wirtschaftsspionage, die Warenströme bei VW seien dadurch beispielsweise einsehbar.

Die Regierung scheint bereit, das Risiko einzugehen. Durchfallen bei dem Bieterverfahren würden allein russische Interessenten durch die geltenden Sanktionen. Auch gegenüber Interessenten aus China wäre die Bundesregierung wohl Stand heute kritischer. Europäische Lösungen für Schenker sind angeblich nicht nur aus finanziellen Erwägungen keine Option, sondern auch wegen kartellrechtlicher Bedenken.

Ein Haar gibt es trotzdem noch in der Suppe: Denn ein höherer Verkaufserlös wird die Geldprobleme der Bahn nicht endgültig lösen. Wie das "Handelsblatt" unter Berufung auf seine Quellen im Aufsichtsrat weiter schreibt, wird ungefähr die Hälfte des Verkaufserlöses in den Schuldenabbau des Konzerns fließen. Andernfalls würde die Bahn nach dem Verkauf ihre Bonität verlieren und weitere Kredite erheblich teurer werden. Wie es aus dem Kontrollgremium heißt, sollen auf der Bahn-Aufsichtsratssitzung am 20. März die Bieter vorgestellt werden. Einblick in die Bücher soll ihnen bislang nicht gewährt worden sein. Das behält man sich bis zum Schluss vor.

Quelle: ntv.de, ddi

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