Wirtschaft

"Katastrophe für uns alle" Bundesbankpräsident warnt AfD vor Euro-Austritt

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"In den rund 20 Jahren, in denen ich insgesamt in der Bundesbank arbeite, hat sich praktisch jeder Unternehmerverband über jede Bundesregierung beschwert", sagt Bundesbankpräsident Nagel.

"In den rund 20 Jahren, in denen ich insgesamt in der Bundesbank arbeite, hat sich praktisch jeder Unternehmerverband über jede Bundesregierung beschwert", sagt Bundesbankpräsident Nagel.

(Foto: picture alliance/dpa)

Die AfD hält die EU für ein gescheitertes Projekt, auch den Euro lehnt sie ab. Bundesbankpräsident Nagel kann vor solchen Plänen nur warnen: Die EU und die Währungsunion seien Grundpfeiler des Wohlstands, sagt er in einem Interview. Sein Rezept für den deutschen Aufschwung? Weniger Beschwerden.

Bundesbankpräsident Joachim Nagel sieht den aufkommenden Rechtsextremismus als Bedrohung für den Wohlstand in Deutschland. "Ich appelliere an alle, die Gefahr des Rechtsextremismus nicht auf die leichte Schulter zu nehmen", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Rechtsextremisten schreckten Investoren und Fachkräfte aus dem Ausland ab. "Das bedroht unseren Wohlstand."

Wenn von einem Austritt Deutschlands aus der Währungsunion oder der EU fabuliert werde, könne er nur warnen, antwortete Nagel auf eine Frage zur AfD. "Ein Austritt wäre für uns alle eine wirtschaftliche Katastrophe." Die EU und die Währungsunion seien Grundpfeiler des Wohlstands.

Speziell die AfD zeigt sich regelmäßig offen für einen deutschen EU- und Euro-Austritt. So bezeichnet sie die EU in ihrem Wahlprogramm für die anstehende Europawahl als gescheitertes Projekt. Auch den Euro lehnt sie ab. In einem Interview mit der britischen Zeitung "Financial Times" nannte AfD-Chefin Alice Weidel den britischen EU-Austritt im Januar "absolut richtig" und ein "Modell für Deutschland".

Britische Ökonomen sind anderer Meinung: Diese haben berechnet, dass Großbritannien durch den Brexit jedes Jahr umgerechnet 163 Milliarden Euro verliere. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) geht davon aus, dass Deutschland 2,2 Millionen Arbeitsplätze verlieren könnte, wenn es aus der Europäischen Union austritt.

Bitte nicht jammern

Zugleich ermahnte Nagel die Unternehmerverbände, die wirtschaftliche Lage in Deutschland nicht schlechtzureden. "In den rund 20 Jahren, in denen ich insgesamt in der Bundesbank arbeite, hat sich praktisch jeder Unternehmerverband über jede Bundesregierung beschwert", sagte er. "Ich will die enormen Herausforderungen nicht kleinreden. Aber wir sollten die Lage nicht schlechter reden, als sie in Wirklichkeit ist. Sonst kommt niemand nach Deutschland und investiert. Wir sind nicht der kranke Mann Europas."

Nagel räumte ein, auch er sei nicht zufrieden, wenn die Wirtschaft in diesem Jahr nur auf der Stelle trete. Allerdings komme Deutschland aus einer Sondersituation, weil seine große, offene Volkswirtschaft besonders stark vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine betroffen gewesen sei. "Dabei sollten wir auch nicht vergessen, dass der Arbeitsmarkt stabil geblieben ist", erinnerte Nagel. "Deutschland hat fast Vollbeschäftigung."

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Der Bundesbankpräsident forderte allerdings mehr Ehrgeiz bei Steuersenkungen und Bürokratieabbau. "Gerade das Wachstumschancengesetz enthält geringere Steuerentlastungen als ursprünglich geplant", sagte er. "Beim Abbauen von Bürokratie und Beschleunigen von Verfahren ist immer noch Luft nach oben."

Wichtig sei jetzt aber, das Wachstumschancengesetz tatsächlich umzusetzen. "Insgesamt wünsche ich mir mehr Kompromissbereitschaft. Wir brauchen eine gemeinsame, starke Antwort für den Wirtschaftsstandort", verlangte Nagel. "Nur so kommt Deutschland weg von den hinteren Plätzen bei den Wachstumsraten."

Quelle: ntv.de, chr

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