"Kein Allheilmittel"Koalition bekommt Lob für Industriestrompreis

Die Bundesregierung will besonders energieintensive Unternehmen entlasten. Dazu beschließt sie einen staatlich subventionierten Industriestrompreis. Zustimmung kommt aus der Chemiebranche und von der Gewerkschaft.
Bei ihrem Koalitionsausschuss haben sich Union und SPD auf einen staatlich subventionierten Industriestrompreis geeinigt. Zum 1. Januar 2026 soll ein niedrigerer Industriestrompreis eingeführt werden, und zwar bis 2028. Bundeskanzler Friedrich Merz sprach von einem Zielpreis von 5 Cent pro Kilowattstunde. Er soll gelten für stromintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen - etwa der Stahl- und Chemieindustrie. Merz hatte das Vorhaben bereits beim "Stahlgipfel" vor einer Woche angekündigt.
"Ein starkes Deutschland braucht eine starke Wirtschaft und sichere, gut bezahlte Arbeitsplätze", betonte Merz. Die Energiepreise seien dabei zentral. Der Industriestrompreis müsse "jetzt schnell und wirksam bei den Unternehmen ankommen". Die "ohnehin engen Grenzen" der EU-Kommission müssten "komplett ausgereizt werden", forderte er. "Und vor allem darf es keinen typisch deutschen Sonderballast in Form von zusätzlichen Anforderungen geben."
Vize-Kanzler und Finanzminister Lars Klingbeil bezifferte die Kosten für den Staat auf drei bis fünf Milliarden Euro. Klingbeil sowie Merz zeigten sich überzeugt davon, dass die EU-Kommission den Plänen zustimmen werde. Der Grünen-Chef Felix Banaszak kritisierte den Finanzierungsweg: "Ein Industriestrompreis ist richtig. Aber mit Klimaschutz hat der nichts zu tun."
Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) begrüßte den Beschluss, forderte aber weitere Schritte. Der Industriestrompreis sei "ein nützlicher Baustein, ersetzt aber keine echte Standortoffensive", erklärte der VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup. "Wir brauchen jetzt Entlastung auf breiter Front - bei Energie, Steuern und Bürokratie."
Die Gewerkschaft IG Metall äußerte sich ebenfalls zustimmend zur Einigung. Gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe erklärte sie jedoch, der Industriestrompreis sei "kein singuläres Allheilmittel, sondern muss mit weiterer kluger Industriepolitik ergänzt werden".
"Das Ziel einer Senkung der Stromkosten ist richtig", sagte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Moritz Schularick. "Aber Angebotsausweitung und Strompreiszonen wären die bessere Antwort als neue Subventionen." Regionale Preisunterschiede können Experten zufolge Investitionsanreize für Stromerzeugung und -speicherung schaffen.
Der Ökonom Marcel Fratzscher hingegen kritisierte den geplanten Industriestrompreis. "Die Entscheidungen des Koalitionsausschusses scheinen von Lobbyinteressen getrieben und sind schlecht für die deutsche Wirtschaft", sagte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. "Der Industriestrompreis geht zulasten der großen Mehrheit der deutschen Unternehmen, die letztlich höhere Energiekosten werden zahlen müssen."