
Ein bisschen mehr Vision, bitte.
(Foto: picture alliance / dpa)
Anke Domscheit-Berg lebt in ihrem Heimatort das dezentrale Internet. Im Keller werkeln Bildungsserver für die örtlichen Schulen, im alten Bahnhof werden in einer Kreativwerkstatt Corona-Gesichtsvisiere produziert. Darüber spricht die Bundestagsabgeordnete in "So techt Deutschland".
Anke Domscheit-Berg ist parteilos, sitzt aber für die Linke im Bundestag und vertritt dort vor allem Digitalthemen. Sie macht Netzpolitik und ist in vielen Gremien aktiv. Und sie ist auch begeisterte Leserin von Science-Fiction. Ihrer Meinung nach sollte manche Zukunftsliteratur Pflichtlektüre für Politiker sein. "Weil es viel besser vorstellbar macht, was mögliche Optionen für die Zukunft sind", erklärt sie ihre Begeisterung im ntv-Podcast "So techt Deutschland".
Sie sehe dadurch viele mögliche Zukunftsfilme, von rosarot bis totalen Horror. "Ich habe den Eindruck, viele meiner Kolleginnen und Kollegen sehen da nur Rauch", sagt Domscheit-Berg. Politiker im Bundestag könnten sich die Zukunftsvarianten, die es möglicherweise gebe und die von ihren Weichenstellungen abhängten, nicht vorstellen. "Man müsse es sich vorstellen können, um zu wissen, welche Weiche man in welche Richtung drehen muss", plädiert Domscheit-Berg für mehr Zukunftsbewusstsein in der Politik.
Domscheit-Berg glaubt an eine dezentrale digitale Gesellschaft. Das sei auch in der DNA des Internets verankert. Die aktuelle Entwicklung passe jedoch nicht dazu. "Wir haben eine ganz extreme Monopolisierung weltweit mit den großen Digital-Unternehmen. Monopole so groß, wie es sie noch nie zuvor gegeben hat", erklärt Domscheit-Berg. Das widerspreche dem Sinn des Internets, dass ja eigentlich dezentral und vernetzt sei.
In "So techt Deutschland" haken die ntv-Moderatoren Frauke Holzmeier und Andreas Laukat bei Gründern, Investoren, Politikern und Unternehmern nach, wie es um den Technologie-Standort Deutschland bestellt ist. Alle Folgen finden Sie in der ntv App, bei RTL+ Musik, Apple Podcasts, Spotify und im RSS-Feed. Auch bei Amazon Music und Google Podcast werden Sie fündig.
Das lebe sie in ihrer Ortsgemeinschaft in Fürstenberg an der Havel vor. Zusammen hätten sie in einer kleinen Gemeinschaft eine Kreativwerkstatt entwickelt. "Das ist auch eine Demokratisierung von Produktionsmitteln", erzählt Domscheit-Berg. Tausende Gesichtsvisiere hätten sie vor Ort im sogenannten "Verstehbahnhof" produziert. Der nicht mehr genutzte Bahnhof im Ort wurde von der Bahn verkauft und in einen Bildungstreffpunkt für Schüler umgebaut. Mit 3D-Drucker, Laserschneider, Rechner und vielen anderen Dingen.
Tausende Schutzvisiere in Eigenregie
Nach Ausbruch der Pandemie hätten sie es geschafft, in Eigenregie zwischen 10.000 und 12.000 dieser Schutzvisiere für Ärzte und Krankenhäuser zu produzieren, berichtet Domscheit-Berg. Weltweit seien Erfahrungen ausgetauscht worden und täglich habe es Verbesserungen gegeben. "Das war eine so krasse Innovationserfahrung, wie ich sie noch nie erlebt habe". Denn aus vielen Ländern habe sich eine Gemeinschaft gefunden, gemeinsam ein Problem für die Menschheit zu lösen. Unabhängig von globalen Lieferketten, die wir aber weiter bräuchten. "Trotzdem sind die parallelen Strukturen nützlich für eine autonome und gestärkte Zivilgesellschaft", sagt Domscheit-Berg.
Was sie von der Luca-App hält und wie digital Bundesministerien in Zukunft aufgestellt sein sollten, erzählt die Politikerin in der neuen Folge von "So techt Deutschland".
Quelle: ntv.de, sks