Nach IG-Metall-Vorstoß Verdi-Chef hält nichts von Viertagewoche
12.09.2023, 00:10 Uhr Artikel anhören
Will für die Dienstleistungsberufe die Einkommensfrage in den Vordergrund rücken: Verdi-Chef Werneke.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die IG Metall startet mit der Forderung nach einer Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich in die Tarifverhandlungen. Der Verdi-Chef will da nicht gleichziehen. Für die Dienstleistungsbranche sei das Modell nicht geeignet, meint er. Statt auf kürzere Arbeitszeiten setzt Werneke auf deutlich mehr Lohn.
Anders als die IG Metall wertet der Vorsitzende der Gewerkschaft Verdi, Frank Werneke, eine Viertagewoche nicht als geeignetes Arbeitsmodell in der Dienstleistungsbranche. "In der Stahlindustrie haben wir es mit einem 24-Stunden-Schichtmodell zu tun, das auf andere Branchen nicht ohne Weiteres übertragbar ist", sagte Werneke dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Für die Dienstleistungsbranchen sehe ich die Viertagewoche nicht als generelles Arbeitsmodell."
Die IG Metall war am Mittwoch in die kommende Tarifrunde für die Stahlindustrie mit der Forderung nach einer Lohnerhöhung von 8,5 Prozent und einer Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 32 Stunden bei vollem Lohnausgleich gestartet. "Diese Arbeitszeitverkürzung wäre damit der Einstieg in die Viertagewoche, die dadurch in vielen Bereichen möglich wird", teilte die IG Metall NRW mit.
Der Verdi-Chef möchte sich anders positionieren: "In den aktuellen Tarifrunden stellen wir wegen der Inflationsentwicklung die Einkommensfrage in den Vordergrund", erklärte Werneke dem RND. "Ich bin mir aber sicher, dass mittelfristig die Arbeitszeitfrage auch in den Dienstleistungsbranchen weiter an Bedeutung gewinnen wird."
"KI wird Dienstleistungsberufe stark verändern"
Auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz werde die Arbeitswelt verändern, führte Werneke aus. "Von Bedrohung würde ich nicht sprechen", sagte er. "Aber gerade die Dienstleistungsberufe werden sich durch den Einsatz von KI stark verändern", erläuterte er. "Es werden auch Tätigkeiten wegfallen, keine Frage." Gleichzeitig gebe es aber auch Arbeitskräftemangel. "Deshalb glaube ich nicht, dass wir eine Situation wie in den 70ern oder 80ern erleben, wo Automatisierungsprozesse zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit geführt haben", sagte Werneke gegenüber dem RND.
Der Einsatz von KI könne zudem dazu führen, dass schlussendlich doch von einer Arbeitszeitverkürzung geredet werde. "KI wird gerade in Dienstleistungsberufen zu einem erheblichen Produktivitätssprung führen", prognostizierte Werneke. "Natürlich stellt sich dann die Frage, wer sich diese Digitalisierungsdividende einsteckt", so der Verdi-Chef. "Und wir sind als Gewerkschaft der Meinung, dass sich das auch in zusätzlicher freier Zeit für die Beschäftigten niederschlagen sollte."
Zugleich pochte Werneke auf einen Mindestlohn in Höhe von 14 Euro und warnte davor, dass ein zu niedriger Anstieg Politikverdrossenheit führen könne. Die Erhöhung des Mindestlohns sei definitiv zu niedrig, sagte Werneke. "Die Empfehlung der Mindestlohnkommission ist gegen die Stimmen der Gewerkschaften entschieden worden." Die Kommission hatte zuletzt eine Erhöhung des Mindestlohns von derzeit 12 Euro um 41 Cent in den nächsten beiden Jahren vorgeschlagen.
Quelle: ntv.de, mau