Wirtschaft

EZB will lieber warten Warum die Zinsen erstmal nicht sinken

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Morgen entscheidet der EZB-Rat über die weitere Geldpolitik.

Morgen entscheidet der EZB-Rat über die weitere Geldpolitik.

(Foto: IMAGO/greatif)

Maue Konjunktur und sinkende Inflation sprechen für eine Zinssenkung. Dennoch schreckt die Europäische Zentralbank davor zurück. Warum eigentlich?

Die Inflation ist niedrig, die schwächelnde Wirtschaft braucht einen Wachstumsimpuls. Dennoch wird die Europäische Zentralbank EZB die Leitzinsen für die Eurozone auf der morgigen Sitzung aller Voraussicht nach nicht senken.

Dabei war die Inflationsrate im März auf 2,4 Prozent gesunken und damit den vierten Monat in Folge. Damit ist sie schon nahe an der Zielmarke von 2 Prozent, bei der die EZB Preisstabilität erreicht sieht. Gleichzeitig dümpelt die Konjunktur in der Eurozone vor sich hin. Im vierten Quartal des vergangenen Jahres war sie nur knapp an einer Rezession vorbeigeschrammt, im vorherigen Sommerquartal war sie sogar leicht geschrumpft.

Die EZB hatte sich im Sommer 2022 von ihrer jahrelangen Nullzinspolitik verabschiedet, um die hohe Inflation in den Griff zu bekommen. In kurzer Zeit schraubte sie den wichtigsten Zins, zu dem sich Banken frisches Geld bei der Notenbank besorgen können, auf 4,5 Prozent in die Höhe. Der Wirkungsmechanismus: Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage tendenziell bremst und damit Preissteigerungen entgegenwirkt.

Doch trotz der stark gefallenen Inflation fürchtet die Mehrheit der Notenbanker im EZB-Rat, die Zins-Bremse zu früh zu lockern und eine neue Inflationswelle auszulösen. Bisher haben die Notenbankerinnen und -banker um die Chefin Christine Lagarde deshalb mehr oder weniger offen angekündigt, dass die Zinswende erst im Juni eingeleitet wird.

US-Notenbank wird vorsichtiger

Ein wesentlicher Grund für das Zögern ist der Anstieg der Preise für Dienstleistungen. Sie kletterten die vergangenen fünf Monate um jeweils vier Prozent. Das liegt vor allem an höheren Lohnabschlüssen. Ende Mai liegen der EZB-Spitze einige neue Daten zur Entwicklung der Lohndynamik vor. Diese möchten die Zentralbanker unbedingt abwarten, bevor sie eine Zinssenkung beschließen. Denn sollte sich der Anstieg der Löhne wieder verstärken, dürfte die EZB vor einer Zinssenkung zurückschrecken. Dienstleistungen machen 45 Prozent des Warenkorbs aus, den Statistiker zur Berechnung der Inflation in der Eurozone verwenden.

Die "hartnäckig hohen" Preissteigerungen bei den Dienstleistungen seien in den vergangenen Monaten von einem sinkenden Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln und Industriegütern kompensiert worden, sagt die Chefvolkswirtin der KfW, Fritzi Köhler-Geib. Doch der inflationsdämpfende Effekt rückläufiger Energiepreise habe sich schon merklich abgeschwächt, "spätestens im Mai dürfte dieser Geschichte sein."

Ein weiterer Grund für die zögerliche Haltung der EZB ist die Geldpolitik der US-amerikanischen Notenbank Fed. Ihr Chef Jerome Powell hat signalisiert, dass die Zinsen nicht so schnell sinken werden, wie bisher gedacht. Das liegt zum einen daran, dass die Inflation in den USA - angesichts einer brummenden Konjunktur - wieder an Fahrt gewinnt. Im März lagen die Verbraucherpreise 3,5 Prozent über dem Niveau des Vorjahres.

Derzeit sieht es daher so aus, als würde die EZB die Zinsen vor den Amerikanern senken - und sich der Abstand damit weiter vergrößern. Im vergangenen Jahr hatte die Fed ihren Leitzins auf ein 23-Jahres-Hoch auf die Spanne von 5,25 bis 5,5 Prozent geschraubt, während die EZB ihren Einlagensatz auf ein Rekordhoch von 4 Prozent anhob.

Diese Zinsdifferenz will die EZB nicht dauerhaft noch vergrößern. Die Logik dahinter: Niedrigere Zinsen in der Eurozone machen den Währungsraum für Anleger unattraktiver und schwächen damit den Euro. Ein billigerer Euro macht Importe teurer und befeuert so die Inflation.

Quelle: ntv.de, mit DJ

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