EZB warnt Wem gehört Italiens gigantischer Goldschatz?

Italien hat Goldreserven von mehr als 2400 Tonnen. Verwaltet werden sie von der Notenbank. Aber gehören sie dieser auch? Die Partei von Ministerpräsidentin Georgia Meloni will sie zum Eigentum des "italienischen Volkes" erklären lassen. Nicht nur bei der EZB schrillen die Alarmglocken.
Die in Italien regierende Rechtspartei Fratelli d'Italia hat einen Streit darüber ausgelöst, wem die rund 280 Milliarden Euro schweren Goldreserven des Landes gehören. Aus Sorge um die Unabhängigkeit der Notenbank Banca d'Italia hat sich inzwischen auch die Europäische Zentralbank (EZB) in die Debatte eingeschaltet. Die europäischen Währungshüter fordern, dass eine umstrittene Änderung des Haushaltsgesetzes wieder komplett gestrichen wird, , die den Verdacht geschürt hatte, die Regierung von Ministerpräsidentin Georgia Meloni wolle eine der größten Goldreserven der Welt unter ihre Kontrolle bringen und möglicherweise dafür nutzen, Haushaltslöcher zu stopfen.
Abgeordnete der "Fratelli" hatten ursprünglich in das Gesetz den Satz einfügen lassen, dass Italiens "von der Banca d'Italia verwalteten und gehaltenen Goldreserven dem Staat gehören im Namen des italienischen Volkes." Inzwischen ist zwar der "Staat" aus dem Gesetzentwurf wieder gestrichen und nur noch davon die Rede, dass das Gold dem italienischen "Volk gehört". Doch der EZB reicht da offenbar nicht aus, wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Dokumente der Zentralbank berichtet.
Italien verfügt über eine Goldreserve von 2452 Tonnen. Knapp die Hälfte davon lagert in Tresoren der Notenbank im Land selbst, gut 1000 Tonnen in den USA, sowie kleinere Mengen London und Bern. Nur die US-Zentralbank Fed und die Bundesbank besitzen mit 8133 beziehungsweise 3350 Tonnen noch größere Goldbestände. Ähnlich wie im Falle Deutschlands stammen die Goldreserven Italiens aus einer Zeit in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als das Land hohe Exportüberschüsse erzielte. Dadurch stiegen die Deviseneinnahmen der Notenbank, die diese teilweise in Gold anlegte. Seit inzwischen vielen Jahren ist die Menge des Goldes weitgehend unverändert. Im Zuge des stark steigenden Goldpreises hat der Wert des Bestandes aber allein im Laufe dieses Jahres um etwa 60 Prozent zugelegt.
Die Forderung, gesetzlich klarzustellen, dass die Goldreserven nicht der Notenbank gehören, sondern Staatseigentum sind, wird von rechten Politikern in Italien seit Jahren immer wieder erhoben. Hintergrund ist, dass die Banca d'Italia auch private Anteilseigner hat, darunter kommerzielle Banken und Versicherungen. Auch wenn diese keinen Einfluss auf die Geldpolitik und damit auf die Verwendung der Goldreserven haben, äußern unter anderem Vertreter der Fratelli regelmäßig die Sorge, dass sich die privaten Notenbank-Teilhaber am Eigentum der Italiener vergreifen könnten. Die heutige Ministerpräsidentin Meloni etwa wetterte als Oppositionspolitikerin 2014 gegen eine angebliche anstehende "Enteignung" des Volkes.
Meloni und auch der Urheber der aktuell geplanten Gesetzesänderung, ihr Fraktionschef Lucio Manca, beteuern, dass sie keineswegs im Sinn hätten, mit den zuletzt stark im Wert gestiegenen Goldreserven Haushaltslöcher zu stopfen oder Italiens erdrückenden Schuldenberg abzubauen. Doch Kritiker beruhigt das nicht. Der Ökonom und ehemalige Notenbank-Direktor Salvatore Rossi befürchtet gar eine "systematische Reduzierung" der Reserven, um die Staatsfinanzen zu bedienen. Dies verstoße aber gegen die Regeln des Euro-Systems, zu dem auch die Banca d'Italia gehöre. Zudem werde die Glaubwürdigkeit der Notenbank an den Finanzmärkten beschädigt.
Selbst wenn die Regierung die Goldschatz nicht anrühren sollte, verstößt die Gesetzesänderung nach Auffassung der EZB gegen EU-Recht. Denn die Goldreserven gehörten zu den Devisenreserven des Eurosystems. Die Banca d'Italia müsse darüber ohne jede politische Einmischung verfügen können.