Wirtschaft

Vom Importeur zum Händler Wie China sich die Kontrolle über den globalen LNG-Markt sichert

China hat sich soviel Flüssiggas langfristig gesichert wie kein anderes Land.

China hat sich soviel Flüssiggas langfristig gesichert wie kein anderes Land.

(Foto: picture alliance/dpa/HPIC)

Wenn deutsche Energiekonzerne sich künftig Gaslieferungen etwa aus den USA sichern wollen, werden sie sich möglichweise nicht an amerikanische Produzenten wenden müssen, sondern an chinesische Zwischenhändler. China hat sich mit langfristigen Verträgen bereits einen großen Teil der globalen Gasproduktion gesichert.

Bei seinen Bemühungen, die Gasversorgung für die kommenden Jahre mit dem Import von Flüssiggas zu decken, wird Deutschland sich in Zukunft mit einem neuen Akteur mit ganz eigenen Interessen arrangieren müssen: China baut seine Rolle auf dem globalen LNG-Markt strategisch aus - von einem reinen Importeur zum dominierenden Zwischenhändler. Chinesische Unternehmen haben laut Daten des Analysehauses BloombergNEF bereits langfristige Lieferverträge für dieses und die kommenden Jahre abgeschlossen wie kein anderes Land. Dieser Trend, heißt es in einem Bericht, dürfte sich in den kommenden Jahren fortsetzen und dafür sorgen, dass chinesische Energiehändler den globalen LNG-Markt über Jahrzehnte dominieren werden.

Nach dem abrupten Ende der russischen Gaslieferungen nach Deutschland und in große Teile Europas ist ein Wettlauf der Verbraucherländer nach den begrenzten Reserven der großen Förderländer entstanden. So bemühen sich deutsche Unternehmen mit Unterstützung der Bundesregierung um Lieferzusagen unter anderem aus dem Golfstaat Katar. Die chinesischen Energiekonzerne sind allerdings erheblich erfolgreicher. So vereinbarte der staatliche Öl- und Gasriese Sinopec im vergangenen Jahr mit Katar einen der größten LNG-Deals aller Zeiten. Laut BloombergNEF hat China in den letzten beiden Jahren bei US-Exporteuren, den bisher wichtigsten LNG-Lieferanten Deutschlands, so viele Verträge abgeschlossen wie kein anderes Land.

Mit diesen großen Mengen Gas will China offensichtlich vor allem den eigenen Energiebedarf sichern. Darüber hinaus werden die Energiekonzerne des Landes aber auch vermehrt zu Händlern, die Gas in großem Stil an den höchstbietenden Abnehmer weiterverkaufen, wenn der eigene Bedarf gedeckt ist. Im vergangenen Jahr litt die chinesische Wirtschaft stark unter dem harten Corona-Lockdown, und der Energiebedarf sank. In der Folge verkaufte China Zahlen des chinesischen Gasversorgers ENN zufolge mindestsens 5,5 Millionen Tonnen LNG auf dem Weltmarkt.

Preisrückgang dank China

Mit diesem Gas, das etwa sechs Prozent des Handelsvolumens auf dem globalen Spotmarkt entspricht, hatte China entscheidenden Einfluss auf die Preise, die letztes Jahr infolge des russischen Lieferstopps nach Europa zunächst in extreme Höhen schossen und anschließend wieder einbrachen. "Wäre Chinas Gasbedarf im Jahr 2022 nicht gesunken, wäre der globale Gasmarkt - und Europas Energiesicherheit – in einer viel gefährlicheren Lage", zitiert Bloomberg den Energieanalysten Saul Kavonic von Credit Suisse.

Chinas Wirtschaftsentwicklung und der davon abhängige Energiebedarf der zweitgrößten Volkswirtschaft ist seit vielen Jahren ein wichtiger Faktor für viele Rohstoffpreise, etwa für Öl. Das sorgte bei unerwarteten Schwankungen in Chinas Konjunktur auch zu volatilen Preisen auf dem Weltmarkt. Durch das viele langfristig gesicherte Gas macht China sich selbst unabhängiger von den Launen der Rohstoffmärkte. Indem es nach eigenem Bedarf Gas in großen Mengen auf den Weltmarkt wirft oder ihm entzieht, könnte es die Preisschwankungen für andere Importeure wie Deutschland aber künftig verschärfen.

Dass Chinas Gaskäufe Teil einer langfristigen Strategie sind, lässt sich unter anderem daran erkennen, dass chinesische Energiekonzerne wie Sinopec und PetroChina entsprechende Energiehändler-Teams an wichtigen Handelsplätzen wie London oder Singapur gegründet haben. Laut "Bloomberg" wächst die Wahrscheinlichkeit, dass europäische Händler, die Gas etwa aus den USA für Deutschland kaufen wollen, sich künftig an die chinesischen Kollegen wenden müssen.

Quelle: ntv.de, mbo

Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen