
Für den DAX lief es gut.
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Das abgelaufene Börsenjahr kann sich sehen lassen. Der DAX knackt erstmals die 20.000er-Marke, an der Wall Street hagelt es Rekordstände. Die große Frage lautet nun: War es das mit der Rally und rauschen die Kurse 2025 abwärts? Mögliche Störfaktoren gibt es genug.
2023 ist bereits ein hervorragendes Börsenjahr gewesen, 2024 steht dem in nichts nach. Der DAX steigt und steigt, überspringt erstmals in seiner Historie die 20.000-Punkte-Marke und hat am Ende einen Jahresgewinn von rund 20 Prozent in den Handelsbüchern stehen. Das gleiche Bild liefert auch die Wall Street. Rekord folgt dort auf Rekord. Aber dies- und jenseits des Atlantiks gibt es auch einen Makel.
"Die Märkte waren gespalten", sagt der Geschäftsführer der Fiduka Depotverwaltung, Marco Herrmann im Gespräch mit ntv.de . "Es waren nur wenige Werte, die die Richtung jeweils vorgegeben haben: Im DAX hat beispielsweise das Indexschwergewicht SAP für rund ein Drittel der DAX-Gesamtperformance gesorgt. Dagegen haben mehr als ein Dutzend der 40 DAX-Werte 2024 Kursverluste hinnehmen müssen", erläutert er.
Auch Finanzmarktexperte Benjamin Feingold von Feingold Research schlägt in diese Kerbe: "Es hat eindeutig die Breite gefehlt: Während hierzulande Schwergewichte wie SAP oder Telekom gefragt waren, waren es an den US-Börsen wieder einmal die Technologieaktien, die neue Hochs markiert haben", sagt er, "trotz aller externer Störfaktoren."
Störfaktoren bleiben auch 2025
Und davon gab es 2024 genug: Egal ob der russische Angriffskrieg in der Ukraine, der Nahost-Krieg, die Handelsstreitigkeiten zwischen China und Europa sowie den USA oder die politischen Unsicherheiten etwa in Deutschland, Frankreich und Südkorea. Dazu kam die Unsicherheit rund um die Präsidentschaftswahl in den USA oder auch die konjunkturelle Schwäche der chinesischen Volkswirtschaft.
"Das Marktumfeld bleibt auch 2025 anspruchsvoll", blickt Herrmann voraus und führt die Handelsstreitigkeiten ins Feld, die sich mit dem US-Präsidenten Donald Trump verschärfen dürften. "Schon während seiner ersten Amtszeit hatten sich die USA mit China einen Handelskrieg geliefert, und auch Europa hat die Auswirkungen zu spüren bekommen", so der Fiduka-Chef. Gleichzeitig hätten sich viele Unternehmen aber bereits mit dem Thema auseinandergesetzt und seien vorbereitet. "Die meisten Lager sind gut gefüllt, in den ersten sechs Monaten dürften sich die Auswirkungen deshalb erst einmal in Grenzen halten."
KI boomt weiter
Auch für Feingold könnte die Auseinandersetzung zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt, den USA und China, ein "sehr bestimmendes Thema 2025" sein. "Zudem wird Trump fiskalpolitisch aufs Gaspedal treten", unterstreicht er. "Und auch der Boom der Künstlichen Intelligenz (KI) bleibt uns erhalten." Der Finanzmarktexperte sieht dabei aber eine Rotation bei den Titeln, deren Kurse dank KI zulegen könnten: "Ich kann mir vorstellen, dass 2025 etwa der Bereich Cybersicherheit mehr in den Fokus der Investoren rückt. Diese Titel hinken anderen Tech-Aktien vielfach hinterher."
Für Herrmann bleiben Technologiewerte 2025 ein "positiver Impulsgeber", aber auch er kann sich eine Rotation dabei vorstellen. "Klar ist eine Nvidia sehr gut gelaufen. Dennoch gilt: KI ist ein Megatrend und wird weiterhin die Aktienmarktfantasie anheizen. Ich denke aber, dass der Bereich Software gefragter sein dürfte", erklärt er. In den Fokus könnte dann etwa eine Salesforce rücken, die KI nutzt, um ihre Produkte aufzuwerten. Das hilft nicht nur der Kundenbindung, sondern sorgt auch für eine bessere Marge und weiteres Wachstum."
Von Autoaktien und "purer Spekulation"
Einig sind sich die beiden Finanzmarktstrategen beim Thema deutsche Automobilwerte: Dem Sektor stehe erneut ein schwieriges Jahr bevor, sagen beide unisono. Auch wenn es in der Regel um den Jahreswechsel herum zu einer Favoritenrotation kommt, dürften die Autobauer im DAX davon wohl eher nicht profitieren. "Der Strukturwandel wiegt zu schwer", sagt Feingold. "Vor allem VW wird es nach wie vor schwer haben", erklärt Herrmann, der zumindest bei BMW einen "Hoffnungsschimmer" wahrnimmt: "Klar hinkt auch BMW hinter den Toprenditen der vergangenen Jahre deutlich hinterher. Grundsätzlich ist der Münchener Autobauer aber gut aufgestellt." Der Wettbewerbsdruck, vor allem beim Thema Elektromobilität aus China, werde aber nicht geringer - im Gegenteil.
Herrmann und Feingold sind auch beim Bitcoin einer Meinung: Vorhersagen seien schwierig, dazu seien die Kursbewegungen zu volatil. "Ich denke, es wird eine Korrektur geben", sagt Feingold. "Wann und wie heftig diese ausfallen wird, hängt derzeit in erster Linie an Trump und der Frage, wie viele seiner Ankündigungen er in die Tat umsetzen wird." Trump hatte etwa eine nationale Bitcoin-Reserve in Aussicht gestellt und die älteste und bekannteste Cyberdevise damit über die 100.000-Dollar-Marke getrieben.
"Mit einer solchen Reserve würden sich die USA aber ins eigene Fleisch schneiden und die führende globale Leitwährung, ihren Dollar, schwächen", führt Fiduka-Geschäftsführer Herrmann an. "Wenn man drin ist, weil man an Kryptowährungen glaubt, ist alles gut. Ansonsten lautet mein Tipp, davon die Finger zu lassen. Die Volatilität ist enorm, da wird man wahnsinnig." Anlegern rät er, 2025 ganz allgemein einen kühlen Kopf zu bewahren: "Das hat sich schon im Börsenjahr 2024 ausgezahlt und wird auch 2025 Früchte tragen."
Quelle: ntv.de