Verbote gefährden Investitionen Wirtschaftsweise fordert Debatte über Standort Deutschland
01.05.2023, 14:14 Uhr Artikel anhören
Welche Rahmenbedingungen brauchen Unternehmen, um in Deutschland Technologie zu entwickeln und auch zu skalieren, das heißt hohe Stückzahlen zu erreichen?
(Foto: picture alliance/dpa/Viessmann)
Der Verkauf des erfolgreichen Mittelständlers Viessmann an einen US-Konzern hat die deutsche Wirtschaft aufgeschreckt. Das Vorgehen der Eignerfamilie ist für die Wirtschaftsweise Veronika Grimm nachvollziehbar. Sie sieht Gründe für eine neue Debatte über die Bedingungen für Unternehmen in Deutschland.
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm hält nach dem Verkauf der Heiztechnik-Sparte von Viessmann an den US-Konzern Carrier Global eine Debatte über den Wirtschaftsstandort Deutschland für notwendig. "Es wäre schon wichtig, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Unternehmen in Deutschland Technologie entwickeln und die Produktion auch hier skalieren", sagte die Ökonomin der Augsburger Allgemeinen. Dafür brauche es berechenbare und attraktive Rahmenbedingungen. "Mit Verboten zu agieren, die eventuell zukünftige Regierungen wieder aufheben oder abändern, ist eine riskante Strategie", warnte Grimm. "Das kann dazu führen, dass in Deutschland weniger investiert wird."
Viessmann etwa habe große Kompetenzen im Bereich von Gasheizungen. "Hier hat die Politik zuletzt Wege versperrt", erklärte die Volkswirtin. Es sei zwar richtig, dass Wärmepumpen perspektivisch den Großteil der Wärmelösungen ausmachen sollten, aber aus ihrer Sicht hätte eine Nische im Bereich der gasbasierten Wärmeversorgung ermöglicht werden sollen. "Die regulatorische Unsicherheit dürfte im Zusammenhang mit dem Verkauf eine Rolle gespielt haben, aber wahrscheinlich nicht der entscheidende Faktor gewesen", sagte Grimm.
Wert des Unternehmens wäre vermutliche gesunken
"Dass nach Prüfung von verschiedenen Optionen die Wahl auf ein Unternehmen fällt, das große Expertise im Bereich der Klimaanlagen hat und zugleich in den USA sitzt, überrascht nicht", so Grimm weiter. So könne Viessmann die Produktion ausbauen und dürfte gleichzeitig zukünftig von Subventionen aus dem sogenannten "Inflation Reduction Act" der Amerikaner profitieren, jenem Gesetz, mit dem US-Präsident Joe Biden Firmen in den USA finanziell unterstützt, die grüne Technik produzieren.
"Die Bedingungen, die Viessmann ausgehandelt hat, sind offenbar attraktiv", sagte Grimm. So gebe es keine Kündigungen und der Standort bleibe erhalten. Außerdem wird Viessmann der größte private Minderheitsaktionär bei Carrier Global und erhält einen Sitz im Verwaltungsrat. "Hätte man mit dem Verkauf länger gewartet, wäre vermutlich der Wert des Unternehmens gesunken", erklärte die Wirtschaftsprofessorin.
"Die Preise für Wärmepumpen dürften mit dem Markthochlauf sinken und auch das Vertriebsnetzwerk von Viessmann ist natürlich wertvoller, solange andere Unternehmen noch keine eigenen Vertriebskanäle in Deutschland aufgebaut haben." Natürlich könne man sich fragen, warum das Unternehmen nicht in Deutschland an die Börse gegangen ist. "Dies dürfte unter anderem daran liegen, dass ein Börsengang zu lange gedauert hätte", erklärte die Expertin.
Quelle: ntv.de, mbo/DJ