Schwächelt die US-Wirtschaft? Zinsfantasien sorgen für neue Wall-Street-Rekorde
03.07.2024, 20:58 Uhr Artikel anhören
Am morgigen 4. Juli wird wegen des Unabhängigkeitsfeiertags nicht an der Wall Street gehandelt.
(Foto: REUTERS)
Die Zinsen sind weiterhin das kursbewegende Thema an der Wall Street. Am Ende eines verkürzten Handels stehen beim S&P500 sowie beim Nasdaq neue Rekorde.. Für gute Laune bei Käufern sorgten Aussagen der Fed, die Inflation sei auf dem Rückzug. Die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung scheint gestiegen.
Mit neuen Rekordhochs haben sich der S&P-500 und die Nasdaq-Indizes aus dem verkürzten Aktienhandel an der Wall Street verabschiedet. Am morgigen 4. Juli findet wegen des Unabhängigkeitsfeiertags kein Handel statt. In einem ähnlichen Muster wie am Vortag hatte nach einem verhaltenen Start eine stetige Aufwärtsbewegung eingesetzt, deren Auslöser neu entfachte Zinssenkungsfantasie war.
Nachdem am Vortag US-Notenbankpräsident Jerome Powell mit der Aussage, die Inflation sei wieder auf dem Rückzug, bereits für sinkende Anleiherenditen gesorgt hatte, fielen diese erneut sehr deutlich. Im Zehnjahresbereich ging es im Späthandel - der Anleihehandel endet um 20.00 Uhr MESZ - um 8 Basispunkte nach unten auf 4,35 Prozent.
Auslöser diesmal war ein unerwartet schwach ausgefallener ISM-Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor. Dazu rutschte er im Juni auch noch in den Schrumpfung anzeigenden Bereich. Der gleiche Effekt ging vom ebenfalls enttäuschend ausgefallenen US-Auftragseingang der US-Industrie im Mai aus. "Die Wirtschaft scheint zum Quartalsende schwächer geworden zu sein", sagte Bill Adams, Chefökonom der Comerica Bank.
Anleger blickten zudem auf Signale vom US-Arbeitsmarkt. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe stieg in der vergangenen Woche leicht an. Der Stellenaufbau in der Privatwirtschaft fiel mit 150.000 im Juni indes etwas geringer aus als erwartet. Am Freitag wird der offizielle US-Arbeitsmarktbericht veröffentlicht.
Der Dow-Jones-Index hinkte hinterher, er gab um 0,1 Prozent auf 39.308 Punkte nach. Gebremst wurde er insbesondere von der schwer gewichteten United-Health-Aktie, die um 1,8 Prozent fiel. Der breiter gefasste S&P-500 und die technologielastigeren Nasdaq-Indizes stiegen um 0,5 und bis zu 0,9 Prozent.
Der Dollar fiel mit der negativen Konjunkturüberraschung und den sinkenden Renditen zurück. Der Euro wurde zuletzt mit 1,0790 Dollar gehandelt. Der Dollarindex gab um 0,4 Prozent nach. Am Rohstoffmarkt zogen die Preise für Gold und Silber kräftig an. Gold verteuerte sich um 1,5 Prozent auf 2634 Dollar je Feinunze und stieg damit auf den höchsten Stand seit fast zwei Wochen. Silber legte um 3,9 Prozent auf 30,67 Dollar je Feinunze zu. Niedrigere Zinsen erhöhen die Attraktivität der zinslosen Anlagen. Am Ölmarkt tat sich weniger, die Preise blieben im Bereich ihrer Zweimonatshochs. Sie reagierten leicht positiv darauf, dass die US-Ölvorräte in der zurückliegenden Woche unerwartet deutlich gesunken waren.
Tesla erneut auf der Überholspur
Unter den Einzelwerten machten Paramount Global einen Satz um 6,9 Prozent. Nach langem Tauziehen steht das Filmstudio vor der Übernahme. Die Produktionsfirma Skydance habe eine vorläufige Vereinbarung zum Erwerb von National Amusements, dem Mehrheitseigentümer von Paramount, für 1,75 Milliarden Dollar erzielt, so mit den Vorgängen vertraute Personen. Skydance soll dann mit Paramount verschmolzen werden.
Der Bierhersteller Constellation Brands verzeichnete in seinem ersten Quartal des Geschäftsjahres zwar einen Gewinnsprung, verfehlte aber die Umsatzerwartung. Nach einem freundlichen Start drehte der Kurs ins Minus. Das Unternehmen erwartet zudem in der zweiten Jahreshälfte saisonbedingt geringere Absatzmengen und niedrigere Margen aufgrund von Wartungsarbeiten bei Brauereien, wie Finanzchef Garth Hankinson in der Telefonkonferenz nach den Geschäftszahlen offenbarte.
Um 6,5 Prozent weiter aufwärts ging es mit dem Tesla-Kurs. Am Vortag war er allein um gut 10 Prozent gestiegen, angetrieben von der Nachricht, dass der Tesla-Absatz im zweiten Quartal nicht so stark gesunken ist wie erwartet. Darauf hatten einige Analysten ihre Kursziele erhöht. Nach einem "sehr unruhigen Start" in das Jahr 2024 könne das für Tesla die Wende zum Positiven bedeuten, sagten die Analysten von Wedbush Securities. Die Ford-Aktie ging nach insgesamt wenig inspirierenden Absatzzahlen für das zweite Quartal unverändert aus dem Tag.
Angesichts einer unerwarteten Kapitalerhöhung nahmen Anleger dagegen bei First Foundation Reißaus. Die Aktien des Kreditgebers mit dem Schwerpunkt auf Kredite für Mehrfamilienhäuser brachen um rund 24 Prozent ein. Das in Texas ansässige Institut sammelt 228 Millionen Dollar bei Investoren ein.
Mit dem deutlichen Tesla-Plus war der S&P-500-Subindex der Autowerte erneut Tagessieger, gefolgt von den Halbleiteraktien. Am Ende rangierten die weniger zinsempfindlichen Konsumgüter- und Pharmatitel.
Quelle: ntv.de, jwu/DJ/rts