Führungswechsel bei BMWZipse-Nachfolger steht mit altem Erfolgsrezept vor neuen Problemen
Ein Kommentar von Ulrich Reitz
In der kriselnden deutschen Autobranche steht BMW derzeit vergleichsweise gut da - dank der umstrittenen Verkaufsstrategie von Vorstandschef Oliver Zipse. Dessen designierter Nachfolger steht für Kontinuität. Doch die Herausforderungen sind noch größer geworden.
Führungswechsel bei BMW wirken wie ein Ritual: Seit Jahrzehnten kommt der neue Vorstandsvorsitzende stets aus den eigenen Reihen. Und fast immer vom zentralen Nerv des Unternehmens: der Produktion. Norbert Reithofer, Harald Krüger und der scheidende Vorstandschef Oliver Zipse stiegen aus diesem Ressort an die Spitze des Vorstands auf. Eine bewährte Erfolgslinie, die nun mit dem designierten nächsten CEO Milan Nedeljković fortgesetzt wird.
Wer bei BMW die Werke, die Produkte und die Abläufe aus dem Effeff kennt, versteht den Kern der Marke: Präzision, Ingenieurskunst und ein nahezu manischer Fokus auf Effizienz. In Zeiten, in der die Autoindustrie mit Lieferkettenkrisen, Chipmangel und dem Übergang zu neuen Antrieben ringt, ist diese operative Nähe zum Werkstor ein entscheidender Vorteil. Der Neue im Münchner "Vierzylinder", der Konzernzentrale am Petuelring, verkörpert diese DNA.
Nedeljković hat sich zuletzt beim Großprojekt "Neue Klasse" als Antreiber bewiesen. Das Mammutvorhaben umfasst die nächste Generation von Elektroautos auf einer neuen Plattform, für die BMW Milliardensummen investiert, weltweit die Werke umrüstet. Bislang lief die Umstellung auffallend rund.
Als der Batteriezulieferer Northvolt schwächelte, bewies Nedeljković Nervenstärke und Mut - zog die Reißleine und sorgte schnell für Alternativen. Das schärfte sein Image als pragmatischer, mutiger und entscheidungsstarker Manager. Eigenschaften, die eine Industrie im Dauerumbruch dringend braucht. Vor allem, wenn es nicht nur um Visionen, sondern auch die Umsetzung in die Serienfertigung geht.
E-Auto-Verkauf brummt
BMW steht heute besser da als viele Wettbewerber, aber nicht ohne Blessuren. Im vergangenen Jahr sank der Gewinn auf 7,7 Milliarden Euro - ein Minus im Vergleich zum Vorjahr von 37 Prozent. Margen und Umsatz stehen unter Druck. Dennoch: Bei den Verkäufen läuft es rund. 2,45 Millionen Fahrzeuge verkaufte der Konzern im vergangenen Jahr. Der Absatz von vollelektrischen Fahrzeugen brummt.
Das ist der Erfolg des bisherigen BMW-Chefs Oliver Zipse, der seit jeher für verschiedene Antriebe wirbt. Verbrenner, Hybride und Elektroautos seien für das Produktportfolio wichtig. Diese politisch umstrittene Technologieoffenheit war für BMW kein Kampfbegriff, sondern eine Verkaufsstrategie. Und die geht auf - bislang.
Denn der Druck steigt. Nicht nur chinesische Marken greifen immer häufiger mit Dumpingpreisen und starker Software ein. Die Margen im Premiumsegment bröckeln, Rohstoffpreise und geopolitische Risiken belasten. Nedeljković muss den Kurs festigen und der steigenden Konkurrenz Paroli bieten. Die "Neue Klasse" muss zum Erfolg werden - pünktlich, kosteneffizient und global wettbewerbsfähig. BMW steht gut da. Aber auf einem Fundament, das täglich neu gefestigt werden muss.