Allen Ankündigungen zum Trotz Israel erlaubt Siedlung im Westjordanland
09.05.2013, 09:42 Uhr
In den Augen von Friedensaktivisten täuscht Benjamin Netanjahu die Weltöffentlichkeit.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Nachrichten passen nicht zusammen und bringen Israels Ministerpräsident Netanjahu in Erklärungsnöte: Seine Regierung gibt dem Bau von knapp 300 Wohnungen im Westjordanland ihr Plazet - nur zwei Tage nach dem Versprechen, solche Vorhaben vorerst nicht mehr genehmigen zu wollen. Kritik kommt auch von den UN wegen der Zustände in Ost-Jerusalem.
Israel hat nach Armeeangaben grünes Licht für den Bau von knapp 300 Wohnungen im Westjordanland gegeben. Wie ein Armeesprecher mitteilte, genehmigte die Militärverwaltung die Errichtung der Wohnungen in der Siedlung Beit El nahe Ramallah. Die Entscheidung löste neue Proteste der Palästinenser aus.
Die Genehmigung erfolgte demnach im Zusammenhang mit einer Einigung mit jüdischen Siedlern vom vergangenen Juni, die sich ohne Erlaubnis der israelischen Regierung dort niedergelassen hatten. Die Siedler hatten eingewilligt, ihre Wohnungen ohne Widerstand zu räumen, wenn im Gegenzug rund 300 neue Wohnungen errichtet würden.
Die Ankündigung zum Bau der neuen Wohnungen erfolgte nur wenige Tage nach Berichten über einen von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu angeordneten Stopp des umstrittenen Siedlungsbaus. Netanjahu wollte alle Ausschreibungen für Aufträge beim Siedlungsbau blockieren und damit Rücksicht auf die Bemühungen der US-Regierung um eine Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit den Palästinensern nehmen.
Siedlungsbau wird international geächtet
Die Organisation Peace Now, die den Siedlungsbau ablehnt, kritisierte den geplanten Bau in Beit El. "Das Vorhaben zeigt, dass Netanjahu die ganze Welt täuscht", sagte Peace-Now-Sprecherin Hagit Ofran. "Einerseits erweckt er den Eindruck, den Siedlungsbau abbremsen zu wollen, andererseits genehmigt er ein enormes Bauprojekt", kritisierte sie.
Die israelischen Behörden sehen Häuser als illegal an, die ohne grünes Licht der Regierung errichtet wurden. Die internationale Gemeinschaft bewertet dagegen alle jüdischen Siedlungen im von Israel besetzten Westjordanland und in Ost-Jerusalem als illegal, unabhängig von einer Genehmigung durch die israelische Regierung.
Menschen in Ost-Jerusalem leiden unter Schwebezustand
Indessen üben die Vereinten Nationen scharfe Kritik an Israel wegen der wachsenden Armut in Ost-Jerusalem. Die Politik der "Trennung" in Hinblick auf die dort lebenden Palästinenser habe zu einer tief greifenden wirtschaftlichen Isolierung geführt, hieß es in einem Bericht der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD). Die Wirtschaft Ost-Jerusalems sei weder in die palästinensische noch in die israelische Wirtschaft integriert, die Armut in der palästinensischen Bevölkerung wachse seit zehn Jahren, hieß es weiter. Dadurch stagniere die Entwicklung des Gebietes seit Jahren.
Mehr als 80 Prozent der palästinensischen Kinder in Ost-Jerusalem lebten 2010 laut Uno in Armut, bei israelischen Kindern in Jerusalem waren es demnach 45 Prozent. Schätzungen zufolge hat die palästinensische Wirtschaft seit dem Bau der israelischen Sperranlage 2003 mehr als eine Milliarde Dollar direkte Verluste erlitten, erklärte die UNCTAD in ihrem Bericht weiter. Die Autoren des Papiers kritisierten ferner den besonderen rechtlichen Status der Palästinenser in Ost-Jerusalem, der sie gegenüber Israelis etwa bei der Suche nach einer Wohnung oder Arbeit sowie steuerlich benachteilige.
Israel hatte den Osten Jerusalems während des Sechs-Tage-Kriegs 1967 besetzt und später annektiert. Israel betrachtet Jerusalem als seine "unteilbare" Hauptstadt, während die Palästinenser den Osten der Stadt zur Hauptstadt eines eigenen Staates machen wollen. Die Staatengemeinschaft erkennt die Annexion Ost-Jerusalems nicht an.
Quelle: ntv.de, AFP