Bundesrat stimmt umstrittenem Gesetz zu Polizei kann Netzdaten leichter abgreifen
03.05.2013, 17:43 Uhr
Wer hat wann mit wem telefoniert - die Datenabfrage erhält eine neue rechtliche Grundlage.
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Die Polizei kann nun viel leichter Name und Adresse von Handy- oder Internetnutzern abfragen. Künftig reicht dazu eine Ordnungswidrigkeit - das entsprechende Gesetz findet Zustimmung im Bundesrat. Kritiker fürchten um die Freiheit im Netz.
Behörden können künftig einfacher auf die Daten von Handybesitzern und Internetnutzern zugreifen. Die Vertreter der Länder stimmten im Bundesrat einer Neufassung des Telekommunikationsgesetzes zu, das zuvor schon den Bundestag passiert hatte. Mit der Entscheidung können Polizei, Bundeskriminalamt und Nachrichtendienste bei ihren Ermittlungen Handy- und Internetdaten abfragen - etwa Name und Adresse des Besitzers.
Diese Regelung gilt bereits, falls eine Behörde wegen einer Ordnungswidrigkeit ermittelt. In bestimmten Fällen können die Behörden dann auch PIN-Nummern abfragen. Wie das konkret aussieht, legen die Länder in ihren Polizeigesetzen fest.
Regierung verteidigt Schnüffelei

Die Daten zu erhalten sei wichtig für Ermittlungen, findet Innenminister Friedrich.
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Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich nannte die sogenannte Bestandsdatenauskunft "ein unverzichtbares Ermittlungsinstrument für Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden". Als Beispiel nannte er die Suche nach Vermissten, die über ihr Handy geortet werden könnten. Das Gesetz soll am 1. Juli in Kraft treten. Nur noch bis dahin können laut einem Beschluss des Bundesverfassungserichts die alten Regeln angewendet werden. Die Richter verlangten genauere Formulierungen, was nun zu der Neufassung des Gesetzes führte.
Datenschützer und viele Juristen gehen gegen die Neuregelung auf die Barrikaden. Der Kieler Aktivist und Piraten-Abgeordnete Patrick Breyer kündigte bereits an, eine Verfassungsbeschwerde einzulegen. Breyer kritisierte, dass Behörden auch schon bei Ordnungswidrigkeiten Daten über Handybesitzer bei den Telefonanbietern abfragen können.
Kritiker fürchten Dauer-Überwachung
"Ich meine, das sind nur schwere Straftaten, die das rechtfertigen", sagte er. Breyer befürchtet, dass die Möglichkeit für massenhafte Abfragen missbraucht werde. Auch das schleswig-holsteinische Landeszentrum für Datenschutz kritisierte das Gesetz. Viele Journalisten fürchten, dass die Polizei künftig Einblicke in ihre Recherchen nimmt.
Patrick Breyer und sein Bruder Jonas hatten sich voriges Jahr erfolgreich beim Bundesverfassungsgericht gegen die bisherige Bestandsdatenauskunft gewehrt. Die Richter ließen damals den Zugriff von Behörden auf Nutzerdaten zu, verlangten aber, dass die Regelungen genauer formuliert werden.
Noch bis kurz vor der Abstimmung im Bundesrat hatten Netzpolitiker vergeblich versucht, eine Mehrheit gegen die Neuregelung der Bestandsdatenauskunft zu organisieren. Der innenpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, kritisierte insbesondere das SPD-regierte Hamburg. Die Neuregelung "bleibt skandalös", sagte von Notz. Die Linke sprach von einem "schlechten Tag für die Grundrechte".
Quelle: ntv.de, jtw/dpa