Korruption zugunsten des VfL Wolfsburg Staatsanwaltschaft erhebt Anklage
15.10.2011, 14:01 Uhr
Erst kündigte T-Systems an, den VfL Wolfsburg weiter zu sponsern - dann verlängerte VW den Vertrag dem Konzern.
(Foto: dpa)
Die Verquickung eines hoch dotierten Vertrags zwischen Volkswagen und der Telekom-Tochter T-Systems mit einem Sponsoring für VW-Werksklub VfL Wolfsburg veranlasst die Staatsanwaltschaft Stuttgart zu einer Anklage wegen Korruption. Fachleute sprechen von einem "Pilotverfahren". Die Fußballbranche ist beunruhigt.
Wegen eines Geschäfts zwischen dem Volkswagen-Konzern und der Deutschen Telekom, bei dem mehrere Millionen Euro für den Fußball-Bundesligisten VfL Wolfsburg abfallen sollten, hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart Anklage wegen Korruption erhoben. Ein VW-Sprecher bestätigte einen entsprechenden Bericht der "Süddeutsche Zeitung". Laut SZ-Informationen heißt es in der 69-seitigen Anklageschrift, VW habe einen hoch dotierten Vertrag mit der Telekom-Tochter T-Systems erst dann fortgeführt, als die Telekom-Firma ihrerseits die Verlängerung eines Sponsorenvertrags mit dem VfL Wolfsburg angekündigt hatte. Der Vertrag sei mit vier Millionen Euro pro Saison dotiert gewesen. Laut Staatsanwaltschaft hätte der Deal mit T-Systems über die Pflege der Computersysteme bei Volkswagen nicht an die finanzielle Unterstützung für den VfL gekoppelt werden dürfen.
VW teilte zu den Vorwürfen mit, der Konzern habe niemanden zu einem Sponsoring beim VfL Wolfsburg gedrängt. Der Konzern gehe "fair" mit seinen Geschäftspartnern um. "Wir sehen kein Problem darin, dass Lieferanten von Volkswagen auch Sponsoringverträge mit dem VfL Wolfsburg abschließen", sagte VW-Sprecher Michael Brendel dem Sport-Informations-Dienst (SID).
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart sieht das anders. Zwei Führungskräfte aus der Abteilung von VW-Einkaufsvorstand Francisco Javier Garcia Sanz sind wegen Bestechlichkeit angeklagt worden, zwei frühere Manager und ein Ex-Berater von T-Systems wegen Bestechung. Die Ermittler betrachten Paragraph 299 Strafgesetzbuch als erfüllt. Wer für sich oder einen "Dritten" Vorteile fordert oder verspricht, die mit dem eigentlichen Geschäft nichts zu tun haben, und sich so Vorteile verschafft, handelt kriminell. Der "Dritte" wäre hier der VfL Wolfsburg. Dass T-Systems ihr Sponsoring beim VW-Werksklub später trotzdem einstellte, ändert aus Sicht der Ermittler nichts am Gesetzesverstoß.
Pilotverfahren sorgt für Unruhe
Die fünf Angeklagten weisen die Anschuldigungen zurück. Das sei eine "straflose Klimapflege" gewesen, sagt der Kölner Anwalt Björn Gehrke, der einen der Beschuldigten vertritt. Alle fünf hätten offensichtlich in dem "guten Glauben gehandelt", die Interessen ihrer Unternehmen bestmöglich zu vertreten. Außerdem seien sowohl bei VW als auch bei der Telekom "maßgebliche Entscheidungsträger" in diese Geschäfte eingebunden oder zumindest ausreichend darüber informiert gewesen.
Wirtschaftsanwälte sprechen von einem "Pilotverfahren". Erstmals wird juristisch geklärt, ob Geschäfte in Industrie und Wirtschaft mit einem Sport-Sponsoring verknüpft werden dürfen. In der Fußballbranche und darüber hinaus wird das Verfahren aufmerksam und teils mit Sorge verfolgt. Bei einigen von den vielen Firmen, die Lieferanten oder anderweitig Geschäftspartner von Volkswagen sind und zugleich den VfL fördern, haben die Ermittlungen bereits beträchtliche Unruhe ausgelöst. Nach Erkenntnissen der Stuttgarter Kriminalpolizei hat VW nicht nur T-Systems dazu gedrängt, sich beim VfL zu engagieren. Manche VW-Lieferanten hätten "nicht ganz freiwillig" einem Sponsoring bei den Wölfen eingewilligt, notierte die Kripo.
Quelle: ntv.de, cwo/sid