Kampagne umstritten, Auto cool Alles neu: Jaguar Type 00 - der eckt an


Starkes Farbdoppel: Das Concept gibt es lediglich in den Lacktönen Blau und Pink.
(Foto: Jaguar)
Jaguar hat es geschafft, mit einer skurrilen Medienkampagne von sich reden zu machen. Doch was steckt hinter dem bunten Auftritt, der sogar Elon Musk zu der Frage veranlasst hat, ob Jaguar Autos verkauft? ntv.de war live dabei.
Was ist denn da bloß mit Jaguar los? Die Rede ist von einem Neustart. Und was der geneigte Betrachter seit Wochen zu sehen bekommt, sind Models in schrill-bunten Outfits. Mehr Laufsteg als Rennstrecke also. Wird man daraus schlau?
Die Botschaft einer radikalen Veränderung ist jedenfalls zu erahnen, wenn, wie im Video zu sehen, der Vorschlaghammer zum Einsatz kommt und neue Sprüche gepinselt werden. Es sind beispielsweise Sprüche wie "copy nothing" oder "break the moulds". Letzteres heißt so viel wie "von jetzt an etwas völlig anderes als bisher tun". Und wenn man dann noch Designchef Gerry McGovern mit rockiger Lederjacke referieren hört und sieht, könnte man denken, das alles sei eine riesengroße Satireshow. Zumal natürlich kopiert wird.
Im Netz kursieren schon Memes, in denen der Type 00 mit dem Rolls-Royce Spectre verglichen wird, und in der Tat lassen sich erstaunlich ähnliche Elemente entdecken. Aber hey, Gerry ist ein cooler Typ, der auch mal lange Haare trug, und britischen Humor hat er bestimmt auch. Vielleicht ist die ganze Aktion gar nicht so dumm und sogar ein ziemlich cleverer PR-Coup in Form reinsten Guerilla-Marketings nach Lehrbuch. Wenn sich selbst Tesla-Chef Elon Musk zu einer Frage auf seiner Plattform X hinreißen lässt, ob Jaguar Autos verkauft, dann könnte man vermuten, dass die Marketing-Crew alles richtig gemacht hat, oder?

Das Heck der Conceptstudie Type 00 erinnert stark an das Heck des legendären Jaguar E-Type.
(Foto: Jaguar)
Okay, es soll wohl kritische Stimmen geben. Und auch eingesessene Markenclubs, denen der Auftritt dann doch zwei Nummern zu woke erschien. Und ob man bei der Präsentation auf der renommierten "Miami Art Week" in Miami Beach zehn Minuten über die neue Wortmarke "Jaguar" referieren muss, sei auch dahingestellt, zumal hier wenig Grafiker anwesend sein dürften.
Der neue Schriftzug sieht jedenfalls fein aus in dem in Bronzegold gehaltenen Ton und mit seiner modern-distinguierten Schriftart - finde ich zumindest, aber das ist ja nun Geschmacksache. Ob einzelne (wenige) Kunden, die bereits seit 50 Jahren Jaguar XJ fahren und Mitglied diverser Markenclubs sind, auf das neue elektrische Gran Turismo umsteigen, das Ende 2026 kommen soll, mag spekulativ sein, aber die Wahrscheinlichkeit wird offenbar als nicht ganz so hoch bewertet im britischen Coventry, der Jaguar-Zentrale.
Jaguar wird sich verändern, es wird exklusiver
So viel zur Vorgeschichte der neuen Markenkampagne. Aber was ist denn jetzt Sache? Richtig, Jaguar wird sich verändern. Man kann die neue Ausrichtung als Zäsur begreifen oder vielleicht einfach nur als Rückbesinnung auf alte Werte - demnach gar etwas Konservatives. Denn dass Jaguar in den letzten Jahren fast als Vollsortimenter auftrat bis in die Niederungen der Mittelklasse mit E-Pace und XE, war keineswegs immer so. Was ist daran luxuriös? Und Jaguar ist doch eine Luxusmarke! Es gab durchaus Zeiten, da musste die Marke mit einer Oberklasse-Limousine (XJ) und einem Sportwagen-Modell, dem XJS, auskommen - warum also nicht wieder weg von der Masse und hin zur Marge (unternehmerisch betrachtet)? Jetzt sind die aktuellen Modelle eben ausgelaufen und es kommen neue.

Als Concept hat die Vorhut der neuen Jaguar-Limousine noch zwei Türen. Die sehnlichst erwartete Verkaufsvariante wird ein Viertürer.
(Foto: Jaguar)
Gestartet wird mit einem noblen Viertürer mit rein elektrischem Antrieb. Dass der Neuwagenverkauf jetzt allerdings bis zu zwei Jahre lang pausiert, kann man als unglücklich empfinden. Hört man Jaguar-Manager, könnte man meinen, die lange zeitliche Lücke sei gewollt. Doch Kenner sind skeptisch. Schließlich stand bereits ein XJ-Nachfolger in den Startlöchern, bis man das Konzept prompt verwarf. Und auch die Erzählung von der plötzlichen elektrischen Revolution darf angezweifelt werden. Denn Jaguar war mit dem vollelektrischen Stromer I-Pace sowieso früh dran, sozusagen fast revolutionär früh. Allerdings ist dessen technische Basis heute hoffnungslos veraltet, es hapert vor allem am Ladetempo. Dafür ist die Vorfreude auf das neue Auto jetzt vielleicht etwas größer.
Und worauf man sich freuen darf, das hat die Marke jetzt skizziert mit dem in Miami Beach vorgestellten Concept Type 00. Warum eigentlich 00? Neustart und null Emissionen, na klar. Aber Sie wissen schon, was der Raum 00 bedeutet. Die Briten beweisen eben Humor. Nein, Spaß beiseite. Wenn das nächste Serienmodell (sicherlich auch in silberner oder schwarzer Lackierung statt bunt zu haben) zentrale Designmerkmale der in coolem London Blau und stylischem Miami Pink präsentierten Studie aufnimmt, dürften selbst traditionelle Jaguar-Fans wieder aufatmen. Denn die lange Motorhaube und das fließend auslaufende Heck wecken Erinnerungen an den legendären E-Type. Und das wäre doch nicht so schlecht.

Type 00 eckt an im wahren Sinne des Wortes. Das Concept ist kantig und rund. Angeblich soll die Studie dem Serienmodell viel vorwegnehmen. Doch wo wird sich künftig der Leaper verstecken? Auf den Flanken oder im Bereich der Front?
(Foto: Jaguar)
Klar, die Verbrenner-Ära der Marke Jaguar soll nach jetzigem Stand vorbei sein. So basiert das kommende Fahrzeug auf der sogenannten Jaguar Electric Architecture (JEA) mit durchaus attraktiven Daten. Die Rede ist von 770 Kilometern WLTP-Reichweite und schnellem Laden (über 300 Kilometer binnen 15 Minuten). Außerdem soll das neue GT der bis dato stärkste Jaguar werden. Fragt sich, wie die Marke in Zukunft wirtschaftlich existieren kann, deren Einstiegsmodelle schon deutlich jenseits der 100.000-Euro-Schwelle liegen.
Rawdon Glover, Managing Director der Marke Jaguar, war zwar noch nichts zum Fahrplan neuer Baureihen zu entlocken, aber dass die Marke in Zukunft höher positioniert werden soll, hat er bestätigt. Marge statt Masse, könnte man also sagen. Ob es mit deutlich geringeren Verkaufsvolumen gelingt, künftig Geld zu verdienen, bleibt spannend. Allerdings könnten die Entwicklungskosten bei elektrischen Antrieben sinken. Nur müssten auch die Akkupreise schneller fallen.

Im Gegensatz zur Kampagne erntet der Type 00 positive Stimmen. Bleibt zu hoffen, dass das auch für die Serienausgabe gelten wird. Marktstart ist allerdings erst in der zweiten Jahreshälfte 2026.
(Foto: Jaguar)
Vielleicht gibt ein während der Präsentation eher nebenbei gezeigtes Chart ja Aufschluss darüber, wie es in Zukunft läuft. Dort wird noch einmal gezeigt, dass der Konzern die Modellnamen "Defender", "Discovery" und "Range Rover" - alles Begriffe der Marke Land Rover - als eigene Brands verstanden wissen will (was ein bisschen unsinnig klingt, aber gut). Und nun kommt eben auch noch "Jaguar" als viertes Label dazu. Im Verbund "JLR", also Jaguar und Land Rover, könnte die Jaguar-Strategie vielleicht aufgehen. Und wer weiß, vielleicht wird die neue Jaguar-Limousine ja derart schön, dass sie Wettbewerbern wie BMW, Mercedes und Porsche einige Kunden abspenstig macht. Trotz und nicht wegen des elektrischen Antriebs womöglich.
Übrigens ist das hier nicht die einzige radikale Änderung des Markendesigns, seit Sir William Lyons das Unternehmen im Jahr 1922 gründete. Kreationen wie der erste XF sowie der letzte XJ, auch als X351 bekannt, lösten ebenso Schockwellen bei der traditionellen Kundschaft aus angesichts der völligen Abkehr der bis dahin gültigen Designsprache. Vielleicht wäre noch gut zu wissen: Der Leaper, also der springende Jaguar, bleibt als Logo auf den neuen Fahrzeugen der Marke erhalten. Ist das nicht eine schöne Nachricht für die Konservativen unter den Jaguar-Fahrern?
Quelle: ntv.de