Große SUV mit Antriebsvielfalt BMW X5 und X6 geliftet - Nutzwertkönige mit Fahrkultur


Es muss nicht immer der große M sein. Auch die unterhalb des M-Modells angesiedelte M-Performance-Variante M60i mit akustisch markantem Achtzylinder dürfte oft nur von hinten zu sehen sein.
(Foto: BMW)
Die BMW-Modelle X5 und X6 gehen mit leichten Retuschen ins neue Modelljahr. Fast noch drastischere Änderungen als außen gibt unter dem Blech. ntv.de hat sich das Werk angeschaut.
Eigentlich soll ja erst die Pflicht erfüllt werden, bevor die Kür kommt. Tja, dieses Prinzip wirft BMW zumindest bei dieser Veranstaltung über den Haufen. Denn statt des eher beschaulichen X5 xDrive30d bekomme ich zunächst das Steuer des frisch gelifteten X6 M in die Hand gedrückt - und bei diesem handelt es sich um nicht weniger als das stärkste X6-Modell der Palette. Mit 625 PS lässt der Achtzylinder nichts anbrennen, man kennt das ja. Jetzt wäre eigentlich eine Kategorie für die unnötigsten Autos der Welt zu eröffnen - hier wäre sicherlich auch der X6 M gelistet. Aber - leider geil, wie der wahre und hier zutreffende Spruch auf Neudeutsch heißt.

Die einprägsamen M-Spiegel bekommt auch schon die M-Performance-Ausführung. Bunte Farben stehen dem X6 gut zu Gesicht.
(Foto: BMW)
Und was spricht denn eigentlich gegen ein nützliches Vehikel (immerhin 1530 Liter Kofferraumvolumen), das binnen 3,9 Sekunden auf 100 km/h stürmt und auch darüber hinaus (bis 290 km/h) noch mit einer ungeheuren Vehemenz schiebt? Und das dank Gimmicks wie Allradlenkung, variabler Dämpfung, Sperrdifferenzial mit aktiver Steuerung plus Wankausgleich auch noch behände um die Kehren zirkelt und drei Tonnen ziehen darf. Okay, nicht gleichzeitig natürlich. Bevor es jetzt zu philosophisch wird, seien wenigstens die in der automobilen Fanwelt zählenden Argumente genannt. Als da wären: der etwas happige Grundpreis von mindestens 165.400 Euro und die Tatsache, dass BMW einen M5 Touring angekündigt hat. Aber der ist eben kein SUV und das wollen viele Leute nun einmal.
Übrigens kommt auch das M-Modell ab sofort in den Genuss der im Konzern inzwischen weit verbreiteten elektrischen Boostpower von 12 PS dank eines im Achtgang-Automatikgetriebe (Wandler) integrierten Elektromotors. Die gehen angesichts der überbordenden Leistung des Biturbo-Achtzylinders mit 4,4 Litern Hubraum allerdings eher unter. Aber jetzt ist erst einmal ein bisschen Erdung angesagt und da hilft der Umstieg in den mit 298 PS gelisteten Basisdiesel. Ziemlich verrückt, dass solche Antriebswerte "Basis" sein sollen. Irgendwie ist diese Leistungsinflation unwirklich, insbesondere auch vor dem Hintergrund der ultrastarken Elektromobilität.
Der Diesel ist noch immer gefragt und bietet Vorteile
Nun gut. Ab in den drei Liter großen Reihensechser, Startknopf drücken und dem vertrauten Leerlauf-Schnarren lauschen. Er läuft. Der Selbstzünder ist noch lange nicht am Ende, zumal die Fahrzeuge mit diesem effizienten Antrieb immer noch als Reichweiten-Champions gelten. Im Falle des X5 zeigt der Verbrauchsrechner realistische acht Liter pro 100 Kilometer, damit kommt der Münchner mit seinem 80-Liter-Tank nämlich ganz bequem 1000 Kilometer weit ohne Tankstopp.
Das trifft sich gut, denn zufälligerweise ist das luxuriöse SUV ein veritabler Reisewagen mit komfortablen Fauteuils plus Raum en masse, demnach prädestiniert für weite Reisen. Und wie ist es nun um die Souveränität des Antriebsstranges bestellt? Wie könnte man sich angesichts von fast 300 ausgewachsenen Pferden beschweren. Ja, der Selbstzünder hat zwar nicht die Urgewalt des M-Modells, aber mit 650 Newtonmetern bei alltagstauglichen 1500 bis 2500 Umdrehungen wirkt der Allzweckwagen jetzt nicht unbedingt asthmatisch (6,1 Sekunden bis 100 km/h), zumal der Achtgangautomat aus dem erfahrenen Hause ZF stets die richtige Übersetzung in petto hat. Die Topspeed des Diesel-Grundmodells liegt bei 233 km/h - obenherum wird der 30d dann doch merklich eingebremst durch den Wind.

Nur eingefleischte Modellexperten identifizieren die leicht angepassten Scheinwerfer des neuen X5.
(Foto: BMW)
Nicht ganz so stark von Luftwiderständen beeindrucken (250 km/h Spitzentempo) lässt sich dagegen die tiefergreifend überarbeitete ökologische Variante des X5, die vor allem Dienstwagenfahrer mit attraktiver 0,5-Prozent-Besteuerung lockt. Klar, die Rede ist vom Plug-in-Hybrid, dessen Bezeichnung die Produkterxperten angepasst haben auf "50e" (ab 95.000 Euro) mit jetzt 489 statt 394 PS. Und der fährt dank einem Viertel mehr Akkukapazität (nun 25,7 kWh) nicht nur weiter rein elektrisch (bis zu 110 Kilometer) als früher, sondern leistet ohne Verbrenner inzwischen 197 statt ehemals 113 PS, was für souveräneres Fortkommen auch im Elektromodus spricht.
Zugegeben, man muss sich schon zurückhalten, denn die Versuchung ist groß, immerzu die gesamte Power abzurufen, um den PHEV binnen 4,8 Sekunden auf 100 Sachen stürmen zu lassen. So wild muss es dann auch nicht ständig zugehen. Aber eine gute Botschaft ist darüber hinaus, dass der komplexe Antriebsstrang mit Achtgänger, Synchronmotor und Verbrenner im hybridischen Fahrbetrieb recht harmonisch anmutet. Ruckelei oder nennenswerte Zugkraftunterbrechungen müssen hier nicht hingenommen werden - keine Selbstverständlichkeit. Wer gerade nicht extern mit 7,4 kW laden kann, darf die Funktion nutzen, den Ladestand der Batterie mithilfe des Verbrenners zu halten. Ob dieser Mode sinnvoll ist oder nicht, darüber kann man streiten. Ebenso darüber, ob man für einen Plugin mit großer Batterie nicht wesentlich schnelleres DC-Laden anbieten sollte. BMW hat sich dagegen entschieden, nur zur Information.
Der X5 überzeugt mit Überlegenheit in puncto Nutzwert
Beim Thema Praxistauglichkeit hat der X5 übrigens die Nase vorn gegenüber dem je nach Geschmackssinn womöglich als ästhetischer empfundenen X6 und kann auf Wunsch nicht nur sieben Personen (abhängig von der Variante), sondern auch 1870 Liter Gepäck mitnehmen. Die Hybridversion kommt immerhin noch auf 1720 Liter, das Akkupackage fordert eben auch seinen Raum. Bei der Anhängelast gibt es ebenfalls Unterschiede: Während die zivilen Verbrenner 3,5 Tonnen ziehen dürfen, sind es beim PHEV lediglich 2,7 Tonnen.

Architektonisch durchaus fein: Der neueste Jahrgang der BMW-X5- und X6-Modelle besticht mit dem "Curved Display".
(Foto: BMW)
Zur Praxistauglichkeit gehört mittlerweile übrigens auch, dass man im Fond etliche USB-Anschlüsse vorfindet, um die Infotainment-Generation auf langen Fahrten selbst auf den hinteren Plätzen bei Laune zu halten. Vorn übernimmt diese Aufgabe das neue, ästhetisch gebogene Display mit dem sogenannten Operating System der achten Generation. Dieser Monitor hat durchaus den Anspruch, das Interieur architektonisch aufzuwerten und Skeptiker überbordender Digitalisierung ins Boot zu holen. Was die Bedienergonomie angeht, wäre die Botschaft an die Gestalter des Human-Machine-Interface, die Menüauswahl vielleicht ein bisschen zu straffen. Ja, ist schwierig wegen der Funktionsfülle. Aber schmerzlich vermisst wird beispielsweise der bei anderen BMW-Modellen durchaus in der Mittelkonsole vorhandene Schalter, um das Menü für die Fahrerassistenz schneller zu erreichen.
Was bleibt zum Schluss? Jedenfalls die Erkenntnis, dass die Modellüberarbeitung der SUV-Modelle aus München nicht ohne optische Modifikationen einhergehen darf. Als markanteste Neuerungen dürften die beim X6 M horizontal gehaltenen Streben in der Niere durchgehen und natürlich die optional beleuchtete Niere beim X5. Fast noch schöner aber ist der von den BMW-Marketingstrategen gewählte Name für dieses Extra: "Iconic Glow". Ohne sich darüber lustig zu machen - diese kleine Spielerei sieht bei Dunkelheit ja tatsächlich ganz fancy aus. Daran werden ganz bestimmt nicht nur die Kunden der asiatischen Märkte ihren Spaß haben.
Ach ja, das gilt auch für den ab 114.300 Euro lieferbaren X6 M60i mit 530 PS. Das wäre nämlich der "zivile" Achtzylinder unterhalb des M-Modells. Dieser winkt mit einer gegenüber dem Topmodell satten Preisersparnis vom Wert eines properen Mittelklassewagens (47.700 Euro), ist gefühlt nicht nennenswert langsamer (4,3 Sekunden Standardsprint auf 100 km/h, Topspeed 250 Sachen) und betört ebenso wie die Spitzenvariante mit bolleriger V8-Soundkulissse. Die aufgefrischten X-Modelle sind übrigens ab sofort zu haben.
Quelle: ntv.de