Der Motor stottert Qoros SUV für Genf, aber nicht die Welt
04.03.2015, 08:18 Uhr
Der Qoros 3 City SUV soll den chinesiscen Autobauer in der Spur halten.
(Foto: Holger Preiss)
Mit fliegenden Fahnen überrollte der chinesische Autobauer Qoros vor drei Jahren den Genfer Autosalon. Auch 2015 stellt Qoros in Genf ein neues Auto vor, aber die Aufbruchstimmung ist gedämpft.
SUV sind und bleiben wohl bis auf weiteres im Trend. Das beweisen nicht nur die Absatzzahlen, sondern auch die Aussteller auf dem Genfer Autosalon. Kaum einer, der nicht einen solchen Kraxler feilbietet. So auch der chinesische Autobauer Qoros. Sie erinnern sich? Vor drei Jahren ist der Hersteller an gleicher Stelle angetreten, die Konkurrenz das Fürchten zu lehren. Angesichts dessen, was man sich im Reich der Mitte an europäischen Know-how geholt hatte, allen voran der ehemalige Designer des Mini Gerd Hildebrand, wurde der Newcomer nur so mit Vorschusslorbeeren überschüttet. Seinerzeit hieß es, man werde in Kürze mit den Fahrzeugen auch auf dem europäischen Markt vorfahren. Ein Jahr später revidierte man sich und stellte ein neues Fahrzeug vor, verschob aber den Marktstart hierzulande auf 2015.
Qoros dritter Streich
Und dieses Jahr? Stellt Qoros wieder in Genf aus. Diesmal ist es das Qoros 3 City SUV. Aber die Euphorie der Journalisten ist verflogen, denn obgleich auch der dritte Streich optisch das Zeug hat, die Kundschaft in Europa zu begeistern, bleibt es doch bei einem Messeauftritt. Dabei ist an dem Fahrzeug alles stimmig: Die technische Basis liefert die modulare Plattform des Kompaktwagens Qoros 3. Plastikplanken, eine Höherlegung von 67 Millimetern und ein Unterfahrschutz vorne und hinten geben dem Qoros-SUV eine robuste Optik. Im Gegensatz zum Qoros 3 steht das City SUV serienmäßig je nach Ausstattungslinie – auf 17 oder 18 Zoll großen Alufelgen. Für den Vortrieb sorgt ein 1,6 Liter großer Turbo-Benziner, der 158 PS zur Verfügung stellt. Weitere Motoren sind derzeit noch nicht verfügbar. Je nach Ausstattung ist der Motor an ein manuelles Sechsganggetriebe oder ein Doppelkupplungsgetriebe mit ebenfalls sechs Gängen gekoppelt.
In höheren Ausstattungslinien sind zudem Xenon-Scheinwerfer erhältlich und als Infotainment-System gibt es serienmäßig das MMH (Multi Media Hub), zu dem auch ein acht Zoll großer Touch-Bildschirm gehört. In China bietet Qoros das City SUV bereits seit Ende Dezember 2014 zu Preisen ab 140.000 Renminbi an, das sind umgerechnet rund 18.200 Euro. Ein Preis, der auch in Europa funktionieren sollte, aber vorerst beschränkt man sich auf den Probemarkt in der Slowakei. Ausschließlich dort verkauft die Marke im Moment ihre Fahrzeuge. Aber warum?
Neuer Qoros-Chef soll es richten
Qoros-Chef Phil Murtaugh, der Jahrelang die Geschicke von GM in China lenkte und den wegen der miserablen Entwicklung der Marke im Mutterland nicht länger gelittenen Guo Qian beerbte, erläutert das folgendermaßen: "Erst wenn wir den Heimatmarkt erobert haben, wollen wir auch nach Europa kommen." Das allerdings kann dauern. Denn trotz der Tatsache, dass Qoros eine der wenigen Marken mit fünf Sternen im Crashtest ist und einem Infotainment-System, das in allen Belangen auf die Bedürfnisse junger Chinesen zugeschnitten ist, bleibt der Hersteller weit hinter den eigenen Erwartungen zurück. Da hilft es auch nichts, das Qoros nach Meinung von Murtaugh es als erste Marke mit viel deutschem Knowhow geschafft hat, für "Qualität Made in China" zu stehen.
Auch Ex-VW-Manager Volker Steinwascher, der weiter als zweiter Mann an Bord ist, hatte immer betont, dass man im ersten Verkaufsjahr die Priorität auf die Qualität in der Produktion und die Entwicklung der Mitarbeiter legen werde. Insgeheim hatten aber nicht zuletzt die Geldgeber – bestehend aus einem Joint-Venture der Partner Chery und der israelischen Quantum Corporation - mit dem Verkauf von bis zu 50.000 Autos gerechnet. Wie groß die Ambitionen waren und sind, unterstreicht die hochmoderne Fertigung in Changshu. Das Werk ist auf 150.000 Einheiten ausgelegt und könnte bei Bedarf bis auf 300.000 Fahrzeuge jährlich verdoppelt werden. Da nehmen sich die 7000 Autos, die im ersten Jahr 2014 verkauft worden sind, geradezu desaströs aus.
Woran das letztlich liegt, kann nur gemutmaßt werden, denn offizielle Verlautbarungen diesbezüglich gibt es nicht. Mit großer Wahrscheinlichkeit haben die Verantwortlichen aber die Entwicklung eines großflächigen Vertriebsnetzes in China verschlafen. Murtaugh, der sich in Genf als enthusiastischer Macher präsentiert, soll es jetzt richten. Bei der Vorstellung des Qoros 3 City SUV jedenfalls gibt er sich optimistisch. "43 Prozent der in China verkauften Autos sind SUV. Insofern ist unser neues Modell genau das, was die Marke jetzt braucht." Wie lang der Atem aller Beteiligten noch ist, wird sich zeigen. In Kürze jedenfalls soll auch ein Hybridantrieb angeboten werden. In China, versteht sich.
Quelle: ntv.de